Stardew Valley

##bild76200links##Wenn der Stress des Alltags einfach nicht nachlassen möchte und man sich vom Büroalltag in einem Großkonzern erdrückt fühlt, dann wird es allerhöchste Zeit für einen gehörigen Tapetenwechsel. Etwas Landluft in einem gemütlichen Tal, das wäre doch was! Vielleicht könnte man sich dort auf einem kleinen Hof niederlassen und eine riesige Plantage pflegen. Oder man schnappt sich ein Häuschen am Fluss und hat so stets einen malerischen Angelplatz vor der Haustür. Oder man begibt sich unter Tage und gräbt in einer von allerlei Kreaturen verseuchten Mine nach Edelsteinen und Erzen. Klingt genau nach dem, was ihr braucht? Dann solltet ihr euch schleunigst eine Busfahrkarte zum Stardew Valley besorgen. Was genau euch dort erwartet und wie sich das von der Harvest Moon-/Story of Seasons-Reihe inspirierte Spiel auf der Switch macht, das verrate ich euch in diesem Testbericht.

Neuanfang in Grün
Das oben beschrieben Szenario stellt bereits die Ausgangslage dieser Lebenssimulation mit Farmfokus dar: Ihr zieht auf den Hof eures verstorbenen Großvaters und baut euch ein neues Leben auf. Der Spielercharakter ist dabei mit diversen Frisuren und Kleidungsstücken anpassbar und sogar die Art eures Hofes kann ausgewählt werden. Wollt ihr lieber eine klassische, weitflächige Ebene, die euch möglichst viel Platz für Ackerflächen und Bauprojekte bietet? Oder mögt ihr es lieber gefährlich und wollt, dass Monster sich auf eurem Grundstück austoben können? Für erneute Anläufe sind die zusätzlichen Grundstücksoptionen zumindest ziemlich cool, auch wenn beim ersten Einstieg sicherlich der Standard-Hof die beste Wahl ist. Das unter anderem auch, weil Stardew Valley ziemlich stark mit Erklärungen geizt. Es setzt praktisch voraus, dass ihr mit Harvest Moon und dem zugrunde liegenden Spielsystem bei der Landwirtschaft vertraut seid und bietet euch nur kleinere Denkanstöße für die Möglichkeiten, die euch die Simulation bietet – und selbst dann sind die Hinweise teils gut versteckt. So sollen euch einige erste im Questlog Hofbuch notierte Aufgaben die Grundzüge beibringen und auf neue Dinge wie etwa die örtliche Mine oder die Viehzucht aufmerksam machen. Andere Sachen lassen sich hingegen nur in zufällig aufgeschnappten Tipps mit Dorfbewohnern oder einer unregelmäßig im virtuellen TV laufenden Sendung erfahren. Wer sich wirklich tiefgründig ins Spiel einleben möchte, wird also auf lange Sicht gesehen nicht um das Zurateziehen einer Hilfe-Seite im Internet herumkommen.

##bild76199rechts##Das minimalistische Lehrprogramm hat aber natürlich auch einen Vorteil: Stardew Valley steigt praktisch sofort mit allen wichtigen Elementen ein und lässt euch von da an freie Hand, womit ihr eure Ingame-Zeit verbringen möchtet. So könnt ihr natürlich ganz klassisch den Bauern mimen und auf eurem Hof allerlei Nutzpflanzen züchten sowie Tiere in erbauten Stallungen pflegen. Ihr könnt alternativ aber auch eben allein der Angelei oder dem Anbändeln mit den Bewohnern des benachbarten Dörfleins Pelikan frönen, um euch einen virtuellen – und womöglich sogar gleichgeschlechtlichen – Ehepartner anzulachen. Oder ihr kombiniert einfach alles. Für einige dieser Beschäftigungen hagelt es sogar Fähigkeitspunkte, die bei ausreichender Menge eure Effektivität in dem entsprechenden Gebiet steigern. Wer sich als fleißiger Monsterbekämpfer verdingt, steigert auf diese Weise beispielsweise seine maximale Gesundheit. Man merkt in gewisser Weise trotz aller Freiheiten jedoch, dass ein nennenswerter Fokus auf den Farm-Anteil gelegt wurde. Dank der Vielzahl an Gestaltungsoptionen, die nicht zuletzt durch das umfassende Gegenstands-Crafting ermöglicht werden, lässt sich euer possierlicher Pixelbauernhof praktisch so ordentlich oder chaotisch arrangieren, wie ihr es mögt. Werkzeug-Upgrades und Bewässerungshilfen sorgen zudem dafür, dass sich eure Produktivität stetig steigern lässt. Dies ist gerade angesichts des leider sehr langsamen Standard-Lauftempos eures Charakters auch wünschenswert. Und wenn ihr trotz aller Möglichkeiten noch Zielvorschläge braucht, könnt ihr beim Aufbau des örtlichen Gemeinschaftszentrums aushelfen. Dieses benötigt nämlich eine Vielzahl von Materialien, um wieder auf Vordermann gebracht zu werden, die quasi aus allen Aktivitätsbereichen des Spiels greifen. Oder ihr tretet dem Joja-Großkonzern bei und lasst ihn das heruntergekommene Gebäude für seine Zwecke nutzen. Eure Entscheidung! Trotz all der Optionen sei jedoch noch einmal darauf hingewiesen, dass das Spiel euch nie wirklich aktiv Druck macht. Zwar wird euer Fortschritt am Ende des zweiten Ingame-Jahres bewertet, diesen Vorgang könnt ihr danach jedoch beliebig oft wiederholen – wirklich verloren ist euer Spielfortschritt nie.

Nostalgischer Charme
Mit dem pixeligen Grafikstil macht Stardew Valley ebenfalls unmissverständlich klar, dass es sich an alte Zeiten orientiert. Das muss aber nichts schlechtes heißen, immerhin ist die recht überschaubare Umgebung detailverliebt aufgebaut und die Charakter-Sprites wirken äußerst liebevoll gestaltet. Der Soundtrack gibt sich zudem ebenfalls sehr entspannt und bietet pro Jahreszeit sogar direkt mehrere Stücke an, um bei eurem Farm-Trott für Abwechslung zu sorgen – da könnte sich Story of Seasons mal eine Scheibe von Abschneiden! Schade ist nur, dass es im momentanen Zustand hin und wieder zu einem störenden Knistern beim Sound kommen kann, was sich nur durch einen Spielneustart beheben lässt. Auch sind andere Spieler über weitere Bugs gestolpert, die mitunter sogar zu Spielabstürzen geführt haben. Ärgerlich, wo das Spiel doch lediglich beim Zubettgehen den Fortschritt sichert! In meiner eigenen Spielzeit von etwas über 20 Stunden sind mir derartig heftige Ausfälle jedoch noch nicht untergekommen. Stattdessen stören mich andere Kleinigkeiten wie nicht immer auswählbare Gegenstände im Crafting-Menü – ein Problem, das allgemein auf die Controller-Steuerung zurückzuführen und nicht Switch-spezifisch ist. Umgehen lässt sich dies nur, indem man die virtuelle Maussteuerung mit dem rechten Analogstick in den Einstellungen aktiviert. Touchscreen-Support im Handheld-Modus bietet das Spiel derzeit leider nicht.

Fazit

Stardew Valley hat eine lange Entwicklungszeit hinter sich und das merkt man auch. Damit spreche ich jetzt jedoch nicht die Pixelgrafik an, sondern vielmehr all die Liebe zum Detail und die schiere Menge an Aktivitäten an, die euch der kleine Download-Titel bietet. Klar liegt der Fokus eindeutig auf dem Bauernleben, doch das überraschend involvierte Angelminispiel oder das einfache Action-RPG-Kampfsystem bei der Erkundung der Minen zeigen, dass auch an anderem Stellen viel Arbeit in das Projekt geflossen ist – und alles wirkt wie aus einem Guss. So erwischt man sich häufig dabei, ganze Spielwochen im Voraus zu verplanen und seinen Aktivitätenkalender mit verschiedenen Aufgaben zu füllen. Das Gemeinschaftszentrum baut sich schließlich nicht von allein wieder auf! Klar ist dieses eindeutig von Harvest Moon/Story of Seasons inspirierte Vergnügen nicht frei von Schwachpunkten: Das reguläre Lauftempo der eigenen Figur könnte dezent höher sein, die Controller-Steuerung fühlt sich in den Menüs ein wenig umständlich an und Neueinsteiger werden anständige Tutorials oder andere Hilfen ziemlich stark vermissen. Außerdem leidet die Switch-Umsetzung derzeit noch an ein paar teils mehr, teils weniger gravierenden Bugs, die definitiv ausgemerzt gehören. Doch wer bereits mit Marvelous' Landwirtschafts-Simulation etliche Stunden verschleudern konnte und allgemein offen für ein superentspanntes Vergnügen ist, der macht mit Stardew Valley herzlich wenig verkehrt! Angelnder Bauer: Tjark Michael Wewetzer [Alanar] für PlanetSwitch.de

Wertung 4 / 5

Entspannung pur: Eine abwechslungsreiche und tiefgründige Bauern-Sim, die ihrem großen Vorbild in nichts nachsteht.

Pro

  • Flotter Einstieg
  • Reichlich zu tun
  • Viele Hofgestaltungs-Optionen

Contra

  • Langsames Lauftempo
  • Fummeliges Crafting-Menü
  • Kleinere Bugs bei der Switch-Umsetzung

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