##bild81245rechts##Man kann vor seiner Vergangenheit nicht fliehen. Das muss auch Travis Touchdown, Gelegenheits-Killer und Hauptcharakter der No More Heroes-Reihe, immer wieder feststellen. In diesem Fall trifft das gewissermaßen auch auf Travis Strikes Again: No More Heroes an sich zu, denn das bedeutend kleiner aufgezogene Action-Spiel muss sich irgendwo mit seinen als Kultklassiker gefeierten Vorgängern messen. Soviel sei vorweggenommen: An die kommt der neueste Streich von Serienschöpfer Suda51 nicht heran. Ob sich aber zumindest noch ein paar rettende Eigenschaften finden lassen oder die Wiederbelebung der eingeschlafenen Marke grandios gescheitert ist, das soll dieser Testbericht behandeln.
Ein immersives Spielerlebnis
Immerhin versprüht die Geschichte den gewohnten Wahnwitz: Nach den Ereignissen von No More Heroes 2 lebt Travis in einem Wohnwagen irgendwo in der Wildnis, wird dabei jedoch eines Tages von einem Killer namens Bad Man aufgespürt. Der will sich einerseits für den Mord an seiner Tochter Bad Girl (Kenner des ersten No More Heroes erinnern sich) rächen, hat andererseits jedoch auch andere Ziele, die mit der VR-Konsole Death Drive Mk. II zusammenhängen, in welche die beiden flugs hineingesogen werden. Nun müssen sich die unfreiwilligen Gefährten gemeinsam durch die Spielwelten der Prototyp-Konsole schlagen und hin und wieder natürlich auch Game-Nachschub heranschaffen. Letztere Momente werden dabei übrigens ganz unterhaltsam im Stile alter Text-Adventures erzählt, bei denen nicht selten über Spielkonventionen – sowohl im allgemeinen Sinne als auch von Travis Strikes Again im Speziellen – und den bizarren Alltag von Travis hergezogen wird. Wer zudem mit dem Spielekatalog von Suda51 beziehungsweise Grasshopper Manufacture allgemein vertraut ist, wird massenweise Anspielungen auf vergangene Titel finden. Das empfand ich anfangs noch unterhaltsam, gerade weil eine frühe von ihnen tatsächlich irgendwo Sinn ergibt und indirekt vorangekündigt wurde, im zunehmenden Spielverlauf kam mir dies jedoch wie eine billige Parade an Gastauftritten vor, die schlichtweg ihren Reiz verliert.
##bild81255links##Ähnlich sieht es leider auch beim Gameplay an sich aus. Aufs Gröbste heruntergebrochen handelt es sich bei Travis Strikes Again um ein simples Hack ’n‘ Slay, bei dem ihr wahlweise Travis, Bad Man oder im lokalen Koop-Modus gar beide zugleich durch die Death Drive-Spielwelten jagt und scharenweise als Gegner auftretende Bugs zersäbelt. Ganz so anspruchslos, wie das hier klingt, ist die Sache dann aber doch nicht. So wollen die verschiedenen Gegnertypen unterschiedlich angegangen werden und gerade spätere Stufen stellen euch nur zu gerne Sonderfeinde in den Weg, die auf speziellem Wege beseitigt werden müssen. Seien es Bugs mit Sprengsätzen, stabil gebaute Schildträger oder flinke Schwertschwinger, nicht selten verlangt euch das Spiel schon auf mittlerer Schwierigkeitsstufe einiges ab. Um die Chancen etwas auszugleichen, könnt ihr in den Leveln Skill-Chips finden, die sich dann ausrüsten und über einfache Tastenkombinationen aktivieren lassen. Dann verschießen die beiden Hauptakteure Blitze aus ihren Händen, errichten Mauern oder ordern einen satellitengestützen Laserschlag – alles, um das Feindvolk noch effektiver vom Bild zu fegen. Wer gut spielt, lädt zudem eine Spezialanzeige auf, mit der sich dann über die R-Taste verheerende Sturmangriffe entfesseln lassen. Diese werden sogar effektiver, sofern man sich zwischen den Einsätzen nicht treffen lässt. Kurzum: Es gibt einige Möglichkeiten, seine Spielweise zu verbessern und tatsächlich so etwas wie Skill einzubringen. Oh, und natürlich muss bei allem auf den Ladestand der Primärwaffe geachtet werden, die entweder mit dem rechten Analogstick oder stilecht über Geschüttel des rechten Joy-Cons aufgeladen wird. Es ist schließlich immer noch No More Heroes.
Wann hört der Kram denn endlich auf?!
Da die einfache Metzelei auf Dauer dennoch etwas öde werden könnte, bringt so ziemlich jede Spielwelt etwas Abwechslung in die Formel. Die erste Stufe ist dabei noch die normalste und überrascht höchstens mit fiesen Elektroschock-Plattformen. Allzu viel möchte ich an dieser Stelle natürlich nicht vorwegnehmen, doch seid auf jeden Fall auf ungewöhnliche Puzzles und gelegentliches Hin- und Hergerenne vorbereitet. Und da liegt leider auch das Hauptproblem von Travis Strikes Again: Viele der Level ziehen sich wie Kaugummi. Während das Spiel mit etwa sieben bis neun Stunden Spielzeit nicht sonderlich lang ist, fühlen sich beinahe alle Kapitel schlichtweg unnötig gestreckt an. Allein die erste Stufe gleicht einem regelrechten Marathon, obwohl man sie nach „nur“ etwa einer Stunde bewältigen kann. Wenn dann noch nervige Eigenheiten wie Rätsel-Segmente mit einem tödlichen Verfolger im Nacken oder eintönige Sidescroller-Abschnitte dazukommen, dann möchte man beizeiten einfach, dass der aktuelle Abschnitt unzeremoniell endet. Dass die jeweiligen Endbosse auch nicht gerade einfallsreich aufgezogen oder strategisch zu schlagen sind, hilft ebensowenig wie die aufsammelbaren Fundgegenstände, zu denen nach einmaligem Stufenabschluss auch Travis‘ Hauskatze Jeanne gehört, die sich gerne mal im Death Drive verläuft. Immerhin: Für Wiederholungsanläufe kann man aus der Levelauswahl direkt zu jedem Speicherpunkt springen, den man im Verlauf des Abenteuers passiert hat, und so massig unnötige Latscherei eindämmen.
##bild81251rechts##In technischer Hinsicht gibt das Spiel stolz mit seinem Unreal-Engine-Gerüst an und präsentiert zuminest recht ordentliche Welten mit unterschiedlichen Designs. Manche von ihnen stechen regelrecht aus der Masse heraus, doch selbst bei diesen hat man sich im Zuge der viel zu langen Stages irgendwann sattgesehen. Immerhin läuft die Action sowohl im Handheld-Modus als auch auf dem TV-Bildschirm weitestgehend flüssig, auch wenn die Optik auf dem Switch-Display leicht verwaschener wirkt. Der Soundtrack hingegen? Der ist erstaunlich eintönig. Schon in der ersten Welt werdet ihr über lange Strecken mit einer fünfsekündigen Musikschleife gequält, die man entweder wohlwollend ignoriert oder genervt im Optionsmenü abschaltet. Ferner wurde leider an Sprachausgabe gespart: So gibt es wenige vertonte Zwischensequenzen und Kampfschreie, ein Großteil der Text-Dialoge wird jedoch nur mit Soundeffekt-Gebrabbel unterlegt. Schade, zumal die deutschen Texte sich zum Teil auch sehr holprig lesen.