Lange Zeit scheute ich mich vor der Spieleserie um die es heute gehen soll. Nach und nach wurde die Neugier dann aber doch immer größer, was nicht zuletzt an diversen Freebies von Ubisoft lag, aber auch an Empfehlungen und Lobpreisungen von Freunden. Anlässlich des etwas verzögerten Switch-Launches von Assassin’s Creed III Remastered war es aber nun mal höchste Zeit Hand an die Reihe zu legen, und so viel vorweggenommen: Es gefällt! Was aber noch besser gefällt ist der Fakt, dass im Remaster nicht nur eine modernisierte Version des Hauptspiels Assassin’s Creed III enthalten ist, sondern auch eine Portierung des einstigen Vita-Spinoffs Assassin’s Creed III: Liberation. Als wäre das nicht schon Beschäftigung genug, hat man auch noch kurzerhand alle DLC-Inhalte mit in Paket gelegt. Es gab und gibt also alle Hände voll zu tun! Meine Eindrücke nach etwa 20 Stunden Spielzeit will ich euch daher nicht vorenthalten, daher wie immer viel Freude beim Lesen!
Die (nicht so gute) alte Kolonialzeit
##bild81873rechts##Wie die Überschrift schon andeutet, spielt der dritte Ableger der Serie in der damaligen Zeit der Kolonialisierung, also im späten 18. Jahrhundert. Die Briten etablierten Handelsrouten nach Amerika und beanspruchten Land für sich, und genau in diesem Konflikt siedelt sich auch die Geschichte an. Statt um politische Spannungen geht es aber viel mehr um die Vorherrschaft der Templer, einer altehrwürdigen Schatten-Organisation, der es vor allem um Macht durch Kontrolle geht. So schlüpft man auch direkt zu Beginn in die Rolle eines Templers namens Haytham, der nach Amerika ausgesandt wird um dort den Einfluss des Ordens auszuweiten. In der Haut dieses erfahrenen Kämpfers bekommt man behutsam das recht komplexe Gameplay der Spielereihe nähergebracht, was für einen sanften Einstieg sorgt. So manche Feinheiten wie spezielle Tötungsmanöver oder das elegante Bewegen über die Dächer Bostons muss man dann aber stellenweise auch selbst erproben.
So spielt man sich zunächst einige Stunden langsam ins Geschehen rein, bis man dann endlich zum richtigen Hauptakteur des Spiels kommt: Connor. Wie dieser Schwenk zustande kommt werde ich natürlich jetzt nicht vorwegnehmen. Trotzdem kann man bereits entnehmen, dass Assassin’s Creed III eine ganze Weile braucht um überhaupt erstmal in Fahrt zu kommen. Besagter Protagonist trägt eigentlich – gemäß seiner indianischen Abstammung – einen traditionellen, aber dadurch auch beinahe unmerkbaren Namen. Den Rufnamen Connor erhielt er durch seinen Lehrmeister, einem Assassinen im Ruhestand. Wer sich also schon gefragt, warum man anfangs einen Templer spielte: Von diesem Moment an spielt man als waschechter Assassine mit allen Finessen. Der weitere Spielverlauf ist nach dem eher schläfrigen Start dann aber Moment für Moment spannender und entfaltet tatsächlich so etwas wie einen Sog, wenngleich man hier keine Meisterleistung im Stile von Ken Levines Bioshock erwarten darf.
##bild81872links##Wer im Geschichtsunterricht aufgepasst hat, wird sicher schon ahnen worum es grob geht. Alle anderen dürfen sich auf allerlei Missionen rund um den Kampf der Assassinen gegen die Vormachtstellung der Templer, den Kampf US-amerikanische Patrioten gegen die Briten, und vor allem um das Verdrängen der eigentlichen Ureinwohner freuen. Allein mit der in zwölf Sequenzen aufgeteilten Hauptgeschichte ist man gut und gerne zehn Stunden beschäftigt. Dazu gesellt sich dann noch ein etwa fünfstündiger Story-DLC rund um die Geschicke von George Washington sowie ein paar kleinere Bonusmissionen, die man sich kostenfrei aus dem eShop laden darf. So weit, so gut, aber das eigenständige Spinoff Liberation ist ja auch noch da!
Leg‘ dich nicht mit Aveline an!
Zum ersten Mal innerhalb der Reihe durfte man in diesem Ableger eine Frau spielen. Diese hört auf den Namen Aveline de Grandpré und wurde durch das Verschwinden ihrer eigentlichen Eltern von einer reichen Familie adoptiert. Die Geschichte spielt sich größtenteils in der von der spanischen Flotte besetzten Stadt New Orleans, doch auch andere Gebiete wie einen nahegelegen Sumpf darf im Laufe der – im Vergleich zum Hauptspiel nur rund achtstündigen Geschichte – erkunden. Diese etwas kürzere Handlung spielt sich zwar auch ganz nett, kommt aber leider nicht an die Tiefe von Assassin’s Creed III heran und fühlt sich stellenweise sogar recht schnöde und belanglos an. Dafür überzeugt der kleine Ableger durch einige interessante Gameplay-Aspekte. So kann sich Aveline wahlweise als echte, aber auch sehr auffällige Assassinin verkleiden, oder sie greift wahlweise zur einer für damalige dunkelhäutige Sklaven typische Verkleidung, was durchaus weniger auffällt. Will man sich ganz anonym durch die Straßen bewegen, darf man die Kämpferin sogar ins feine Kleid schlüpfen lassen.
##bild81870rechts##Jedes dieser Outfits hat seine Vor- und Nachteile. Grundsätzlich gilt aber: Je unauffälliger, desto schwächer. Während die Heldin sich im Assassinengewand und als Sklavin noch recht gut verteidigen und sogar klettern kann, sind die Möglichkeiten im feinen Zwirn dann doch arg begrenzt, weshalb man im Sumpfgebiet beispielsweise gar nicht erst zur „Dame“ greifen darf. Das bringt inmitten der ganzen Verlockungen einer „Open World“ frischen Wind in die Sache und hätte gerne auch so im Hauptspiel vertreten sein dürfen. Open World übrigens deswegen in Anführungszeichen, da man zwar in recht weitläufigen, frei begehbaren Gebieten spielt, dieser dann aber trotzdem auf verschiedene Karten aufgeteilt sind. Glücklicherweise halten sich die Ladezeiten aber bei beiden Spielen sehr gut in Grenzen – und das sogar beim Laden einer komplett anderen Karte. Länger als ein paar Sekunden muss man hier nicht warten und darf sogar währenddessen im Ladebildschirm etwas als Protagonist herumlaufen. Das ist bei komplexeren Switch-Spielen keineswegs selbstverständlich. Zuletzt glänzte beispielsweise der Port von My Time at Portia (zum Test) für reichlich Kaffeepausen.
Tarzan trifft Batman
Falls sich der ein oder andere Leser nun nicht sicher ist, auf welches Spiel sich eine Aussage nun speziell bezog, der darf beruhigt sein. Weitestgehend spielen sich die beiden Ableger nämlich sehr gleich, lediglich ein paar Unterschiede in Sachen Animationen und Umfang machen sich bemerkbar – hier macht sich das kleinere Budget von Liberation bemerkbar. Doch nicht falsch verstehen: Beide Spiele fühlen sich dennoch an wie richtige AAA-Produktion, kämpfen dafür aber auch mit denselben Macken, doch dazu später mehr. Zunächst noch ein etwas tieferer Einblick ins Gameplay.
##bild81869links##Den größten Anteil – und dafür ist die Reihe natürlich berühmt – machen wohl das Klettern und der Parcours-Lauf aus. Engelsgleich schwingt man sich an allen möglichen Bauwerken hoch und springt über Dächer und Zäune wie kein zweiter. Sollte man denken! Die Kraxelei ist natürlich auch damals schon recht gut gewesen, kommt aber in diesem Remaster noch lange nicht an spätere Ableger der Serie heran. Oft rennt der Protagonist oder die Protagonistin einfach eine Straßenlaterne hoch, spring in den sicheren Tod statt auf den nächsten Ast und so weiter und so fort. Je länger man spielt, desto sicherer wird man allerdings und lernt die Tücken des Systems kennen. Selbiges gilt auch für das äußerst gut gelungene Kampfsystem. Anfangs haut man noch wie ein Barprügler ohne Sinn und Verstand drauf, später entwaffnet man gekonnt Soldaten mit Bayonett-Musketen, kontert fiese Angriffe und perforiert eine Kehle nach der anderen. So spaßig das auch sein mag, der weitaus ansprechendere, aber auch anspruchsvolle Weg ist immer noch der leise Weg – oder nach feinster Assassinen oder Templer-Art. Soll man beispielsweise einen Kommandanten in einem der vielen zu erobernden Forts (AC III) ausschalten, kann man sich freilich einfach durch Haupttor begeben und einen nach dem anderen umhauen. Um aber nicht von den Massen überrannt oder erschossen zu werden, kann man auch Büsche und Heukarren geschickt nutzen um sich unauffällig anzunähern. Dann sucht man sich noch eine erhöhte Position und setzt zum gekonnten Luftattentat mit den ikonischen Arm-Sprungmessern an. Um sich dann aus dem Staub zu machen.
Darüber hinaus kann man auch noch jede Menge Zeit in den Städten und deren Umland verprassen. In beiden Spielen finden sich etwa kleinere Sammelgegenstände und Missionen um die Reisekasse etwas aufzustocken. Auch kann man in beiden Fällen per Schiff-Management rudimentär Handel treiben. Dort kauft man jedoch lediglich in einem Menü Waren von Handelsschiffen, und exportiert diese wiederum zu einem besseren Kurs in andere Gebiete. Das motiviert jedoch wenig bis gar nicht, denn auch so mangelte es kaum am Geld. Im Hauptspiel darf man darüber hinaus sogar noch mithelfen ein Herrenhaus, nein sogar eine ganze Siedlung neu aufzubauen. Dazu erledigt man Missionen im waldigen Gebiet der Indianer, wirbt Handwerker an, produziert Waren und vieles mehr. Auch das ist ganz nett, doch wesentlich spannender sind da schon die wenigen, aber sehr interessanten „maritimen“ Missionen. Hier schnallt man sich ans virtuelle Steuer einer sehr stattlichen Fregatte und darf neue Gebiete bereisen. Natürlich bleibt auch das eine oder andere Seegefecht nicht aus. Diese Schlachten sind immer wieder ein Highlight, wenngleich sie auch sehr simpel gehalten sind. Das war natürlich noch längst nicht alles an Beschäftigung, doch jedes kleine Detail zu nennen würde hier schlichtweg den Rahmen sprengen. Werfen wir daher abschließend noch einen Blick auf das technische Gerüst.
Tolle Optik, toller Soundtrack, miese Qualität
##bild81868rechts##Hach, wo soll ich nur anfangen… Wer schon mal ein Spiel der Reihe gezockt hat, wird sicher wissen wie detailliert die Umgebungen und Charaktere mitunter sind. Dann kommt noch die aufgebohrte Optik des Remasters dazu. Wie soll das nur auf der Switch mit ihrem schwachen, mobilen Chipsatz laufen? Das dachte sich wohl auch die Entwickler und strichen kurzerhand das Meiste weg. Vom Glanz der „großen“ Konsolen- und PC-Versionen ist hier leider nicht viel übrig. Lediglich ein paar Modernisierungsmaßnahmen, etwa bei der Kantenglättung oder den Schatten, haben es in die Switch-Version geschafft. Die bessere Lichtstimmung oder die detaillierteren Texturen mussten leider weichen, weshalb das Ganze optisch leider optisch eher an das Original heranreicht. Bedauernswerterweise waren die Sparmaßnahmen auch bitter nötig, denn selbst auf dem reduzierten Stand haben beide Spiele mit einer sehr wackeligen Framerate zu kämpfen. Das Verhalten ist hier aber bei beiden Teilen unterschiedlich und etwas verwirrend. In einer Analyse auf Youtube fanden etwa die Jungs von Digital Foundry (Link) heraus, dass das Hauptspiel zwar mit 1080p, also FullHD, im Dock läuft, aber auch sehr mit der 30FPS-Grenze zu kämpfen hat. Gerade in sehr detailreichen Gebieten oder in Massenkämpfen läuft das Spiel gern mal mit Bildraten um die 15-20 FPS. Im portablen Modus hingegen läuft das Spektakel dank der nativen 720p-Auflösung zumindest etwas geschmeidiger, was sich auf der Switch schon öfters beobachten ließ. Beide Szenarien sind aber dennoch entspannt spielbar und bereiten Freude, nur hätte eine dynamische Auflösungsskalierung wie etwa bei DOOM sicher geholfen. Assassin’s Creed: Liberation Remastered wiederum legt nochmal ein anderes Verhalten an den Tag. Hier gibt es hin und wieder Abschnitte, wo sich alles wunderbar flüssig, also nach stabilen 30FPS, anfühlt. Auf der Gegenseite läuft das Spiel dann aber auch größtenteils mit einer verlässlich niedrigen Framerate um die 20FPS, was dann über längere Zeit doch etwas stört.
Auch beim Soundtrack hat Ubisoft etwas gepatzt. Aus irgendwelchen Gründen hat man nämlich den Soundtrack und die Sprachsamples dermaßen durch Komprimierung kastriert, dass man das direkt heraushört. Die eigentlich recht soliden deutschen, und hervorragend charismatischen englischen Sprecher hören sich nämlich äußerst dumpf an und sind im Hauptspiel sogar so abnorm leise, dass Untertitel Pflicht sind. Dieses Problem besteht aber zumindest im Spinoff glücklicherweise nicht. Ebenfalls verschont wurde Liberation von einem extrem nervigen Sound-Bug, der im Hauptspiel ordentlich nervt. An sämtlichen Übergängen, sei es ein Gespräch, aktualisierte Missionsziele oder das Ende einer Cutscene: Ständig knackt und zuckelt der Sound vor sich hin. Gepaart mit der kompressionsgeplagten Audioqualität und der wackligen Bildrate sorgt abseits vom grandiosen Gameplay zumindest die technische Seite für ordentlichen Unmut. Bis zum Zeitpunkt des Verfassens (29. Mai 2019) war auch seitens Ubisoft noch kein Patch in Sicht. Hoffnungsfroherweise wird dieser aber demnächst nachgereicht. Schaut man jedoch rüber auf Rayman Legends: Definitive Editon (zum Test), so hat dieses alte Spiel bis heute noch kein Update für arg nervige Bugs im späteren Spielverlauf erhalten.