##bild83241rechts##Wir schreiben das Jahr 2020. Das Wort „Corona“ ist in aller Munde und Verzögerungen, in welchen Industrien auch immer, gehören fast schon zur Normalität. Frei nach diesem Motto, werfen wir doch mal einen kritischen Blick auf das immerhin schon Anfang März erschienene Pokémon Mystery Dungeon: Retterteam DX. Während die Hauptserie mit Schwert und Schild reichlich Umsatz, aber auch massive Kritik einfuhr, ist ein Blick über den Tellerrand vielleicht gar nicht so übel. Und um einen Nostalgischen handelt es sich noch zusätzlich, Retterteam DX versteht sich nämlich als Neuauflage der Serienerstlinge – keine Geringeren als Pokémon Mystery Dungeon: Team Rot (Game Boy Advance) und Pokémon Mystery Dungeon: Team Blau (Nintendo DS). Aber kann die Frischzellenkur mit den Originalen mithalten? Das erfahrt ihr im folgenden Test.
Anderen helfen um sich selbst zu helfen
Freilich wird nicht jeder etwas mit dem doch eher eigensinnigen Spinoff anfangen können, daher hier zunächst eine kleine Einleitung. In den Mystery Dungeon-Spielen wandelt man ausnahmsweise mal nicht als Mensch auf der Erde, sondern schlüpft die Haut einen waschechten Taschenmonsters. Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung schlüpfen diese nämlich nicht etwa aus rot-weißen Pokébällen, sondern können durchaus auch eigenständig in der Natur leben. Das Pokémon-Leben geht dabei keinesfalls unzivilisiert vonstatten. Die Tierchen haben sich, ganz wie auch wir, in Gruppen zusammengefunden, ein Örtchen gegründet und sogar Behausungen hochgezogen.
##bild83240links##Nach einem serienüblichen Eignungstest, den man möglichst intuitiv beantworten, aber natürlich auch manipulieren kann, bekommt man ein zur eigenen Gesinnung passendes Monster empfohlen. In meinem Fall hätte es zwar ein Machollo seien sollen, dennoch entschied ich mal Hydropi auf Beutezug zu gehen. Auch einen Partner darf man wählen, der einem – wie mein Kumpel Bisasam – fortan mit Rat und Tat zur Seite stehen soll. Mit diesem Gespann ist es die Aufgabe des Spielers, Hilfegesuche von anderen Wesen anzunehmen und aufzuführen. Dabei verschlägt es einen in einen von etlichen thematisch unterschiedlichen Dungeons, doch mehr dazu später. Generell scheint sich in dem verschlafenen Pokémon-Dorf so ziemlich alles um die Rettung von in Not geratenen zu drehen.
Rundenbasiert, aber anders
So viel zum Drumherum, doch was wirklich zählt ist gutes Gameplay, nicht wahr? Besagte Verliese werden allesamt aus der Draufsicht gespielt, was für einen recht guten Überblick sorgt. Eine Minimap hilft zudem bei der Orientierung und zeigt sogar dieses Mal standardmäßig Questziele und Items auf den Ebenen an. Ziel einer jeden Ebene ist es, die nächste Treppe nach oben oder nach unten ausfindig zu machen, um weiter voranzuschreiten. Hat man die Ebene eines Auftrags erreicht, etwa um ein verletzten Pokémon aufzupäppeln oder ein Item auszuliefern, so wird man auch entsprechend vom Spiel benachrichtigt. Generell ist die Kernsubstanz der Originale zwar erhalten geblieben, doch hat man an vielen Ecken und Kanten geschliffen um alles etwas zugänglicher zu gestalten. So kommt man nun beispielsweise entspannter vom einen Ende des Dorfs zum anderen, kann mehr Aufträge gleichzeitig annehmen oder aber leichter neue Gefährten auflesen. Das fühlt sich im Großen und Ganzen ziemlich gelungen an, auch wenn beispielsweise die begehbaren Heimstätten neuer Rettungsteam-Kumpanen dem Löschknopf zum Opfer geworden sind.
##bild83244rechts##Dummerweise fühlt sich übrigens gerade die Fortbewegung in den Dungeons weniger geschmeidig an als damals. Bis dato bin ich mir nicht sicher ob das nur meine persönliche Fehlwahrnehmung ist, oder ob das Gameplay einfach nur schlecht gealtert ist. Um taktisch sinnvoll und vor allem halbwegs geschwind durch die Areale zu sauen, bedarf es nämlich schon einer nicht unerheblichen Eingewöhnungsphase. Auch der Beleiter-KI Herr zu werden ist nicht ganz ohne. Zwar gibt es dazu einige auswählbaren Strategien a la „Mir nach!“ oder „Jeder für sich!“, doch hat auch jeder Modus so seine Tücken. Um zu vermeiden, dass das Team sämtlich schlafende Hunde weckt oder jedem Item unerbittlich hinterherrennt, muss man nämlich erstmal mit den Tücken der Begleiter umzugehen lernen.
Ach ja, übrigens bewegt man sich stets auf einer Art Schachbrett durch die engen und zufallsgenerierten Gänge der Dungeons. In jedem einzelnen trifft man zudem auf eine bestimmte Auswahl an Taschenmonstern, die sich mit etwas Glück sogar dem eigenen Team anschließen wollen. Der Rest geht nach guter alter Pokémon-Tradition vonstatten. Die Wesen greifen gemäß ihrer Statuswerte an, Feuer ist stark gegen Pflanze, und so weiter. Dennoch fühlt sich das Gekabbel mitunter doch sehr anders an, da man immer wieder neuen Situationen ausgesetzt wird, die sich teilweise nur durch ganz bestimmte Sonderitems oder Spezialfähigkeiten reibungslos lösen lassen. Für alle anderen Fälle sollte man immer genug Belebersamen dabeihaben.
Kein Meister vom Himmel gefallen
##bild83242links##Der Schwierigkeitsgrad zieht dabei ziemlich schnell an, wird aber nie wirklich unfair. Erfährt man beim ersten Mal noch eine vernichtende Niederlage, kommt man beim zweiten Mal schon wieder besser trainiert und bis auf die Zähne bewaffnet an und siehe da, Fortschritt! Wer im Dungeon draufgeht, verliert übrigens nicht nur seine Würde, sondern auch sämtliche Items und die gesamte Reisekasse. Wer möchte, kann sich aber auch selbst retten lassen. Was damals noch per Passwort gelöst werden musste, kann man nun auch bequem per Internet erledigen. Wer jedoch wie ich keine Freunde mit diesem Spiel hat, kann auch schon mal bis zu sieben Tage warten bis man weiterspielen darf. Sämtlicher Spielinhalt wird nämlich erstmal geblockt, bis man gerettet wurde oder sich dazu entscheidet den Verlust sämtlicher Güter hinzunehmen.
Story-technisch macht der Titel eigentlich nichts verkehrt. Die herzerwärmende Geschichte von Freundschaft und Tugenden wie Mut und Bescheidenheit wurde 1:1 übernommen, weiß hier und da mit überraschenden Elementen zu begeistert, und entwickelt in einem recht erträglichen Tempo. Zwar gibt es Phasen in denen man einige Ingame-Tage mit Standardrettungen überbrücken muss, doch gibt dies auch Raum, um sich mit anderen Elementen des Spiels, wie dem Training und Attacken-Links auseinanderzusetzen. Wirklich neu ist aber neben den ganzen „Quality of Life“-Änderungen zudem noch die Optik. Hier entschied man sich für einen verspielten Pastell-Ölgemälde-Märchenbuch-Look (oder so?), der jedenfalls verdammt knuffig und stimmig aussieht, aber wohl auch nicht jedermanns Geschmack treffen dürfte.