Wir haben Travis Strikes Again behandelt (zum Test) und das erste No More Heroes nachgeholt (zum Test). Nun wird es Zeit, sich das seltsame Ding dazwischen genauer anzusehen. No More Heroes 2: Desperate Struggle stammt nämlich nicht aus der Feder von Serienschöpfer Goichi „Suda51“ Suda und wirkt entsprechend dezent anders als sein Vorgänger. Statt eines scheinbar unbeschwerten Kampfes um die Ranglistenspitze haben wir hier eine ganz klassische Rache-Story. Aber auch eine, die tiefgründiger ausfällt, als sie auf dem ersten Blick wirkt. Was es damit auf sich hat, wie Desperate Struggle im Vergleich zum Vorgänger besteht und ob der Titel auch zehn Jahre nach seinem Wii-Debüt noch immer gefällt, das kläre ich in diesem Test.
„Das ist kein Kampf mehr. Das ist ein gottverdammter Krieg!“
##bild83759rechts##Das große Thema von No More Heroes 2 ist Rache. Travis‘ bester Freund Bishop wurde kaltblütig vom lokalen Fast-Food-Mogul Pizza Bat Jr. ausgeschaltet, der sich seinerseits für die in Nebenmissionen von No More Heroes abgehandelten Attentate gegen seine Familie revanchieren wollte. Und weil Pizza Bat Jr. zufälligerweise auch noch der neue Ranglistenanführer der Auftragskillerriege Amerikas ist, steht Travis neues altes Ziel flugs fest: Er muss sich bis ganz nach oben kämpfen, wenn er den Kopf des Pizza-Papstes haben will. Die Story präsentiert sich dabei trotz wahnwitziger Anfänge bedeutend bodenständiger und ernster als es im ersten Teil der Fall war. Es wird über den tieferen Sinn von Rache und den Wettkampf der Auftragskiller allgemein sinniert, über die Menschlichkeit von als Monstern gefürchteten Kämpfern. An Humor spart Desperate Struggle natürlich trotzdem nicht, doch vergleichsweise ist der Ton hier bedeutend rauer.
Das schlägt sich auch auf die Riege der Bosse nieder, selbst wenn – wie zuvor angedeutet – noch mehr als genug schräge Gestalten auf der Abschussliste stehen. Gleich zu Beginn eröffnet No More Heroes 2 beispielsweise mit einem Rapper mit Boombox-Kampfhandschuhen sowie einem Football-Starspieler samt Cheerleader-Truppe. Und wieder einmal reichen die kurzen Duell-Intros bestens aus, euch ein gutes Bild von den jeweiligen Killern zu machen. Die Fights selbst halten euch entsprechend gut auf Trab: Nur auf einfachster Schwierigkeitsstufe lassen sie sich durch weitestgehend blindes Tastengehämmere in die Knie zwingen. Auf mittlerem Level ist durchaus Taktik gefragt und ohne eine gesunde Portion Skill seht ihr auf der freischaltbaren höchsten Stufe selbst beim Tutorial-Boss alt aus. Das nach wie vor eingängige Kampfsystem – wieder einmal mit deutlich unterschiedlich spielenden Beam Katanas garniert – sorgt dafür, dass sich die Kämpfe nicht zuletzt aller Widrigkeiten zum Trotz fair anfühlen.
Schlag auf Schlag zum nächsten Schlagabtausch
##bild83754links##Während die Bosse also nach wie vor das unbestrittene Highlight des Spiels sind, wurde das Drumherum gehörig entschlackt. Die öde Oberwelt wurde in No More Heroes 2 komplett gestrichen, stattdessen werden Minijobs und Sidequest-Kämpfe aus einem simplen Menü heraus ausgewählt und angegangen. Selbst die Aufwärm-Level vor den eigentlichen Rangkämpfen sind noch einmal eine ganze Ecke einfacher gestaltet worden – leider nicht immer zum Besseren. So fühlen sich einige der Stufen aus der zweiten Spielhälfte durch schiere Gegnermassen übel gestreckt an, was zu dezenten Ermüdungserscheinungen führen kann. Da helfen auch Travis‘ neue Tricks nicht viel, mit denen er beispielsweise auf Knopfdruck zu ununterbrochenen Hochgeschwindigkeitsangriffen ansetzt. Immerhin: Da Entwickler Grasshopper Manufacture hier dankenswerterweise auch auf die Teilnahmegebühren für Rangkämpfe verzichtet hat, wird man nicht immer zum Geldscheffeln gezwungen. Das macht man im Prinzip nur noch, um den Protagonisten mit tonnenweise optionalen Kleidungsstücken auszustatten, ihn im Fitness-Studio aufzupumpen oder ganz wenige Extra-Schwerter einzukaufen.
Leider verdient man im Umkehrschluss nun auch wenig an den eigentlichen Action-Leveln. Stattdessen müssen nach wie vor die Minijobs herhalten, die in dieser Runde zumindest unterhaltsamer sind als noch im ersten No More Heroes. Die Aufgaben wie Rohrverlegen, Pizza-Lieferungen oder Ungezieferbeseitigung werden hier nämlich als Retro-Minispiele aufgezogen, die tatsächlich gar nicht mal unspaßig sind. Allerdings muss man die Aufgaben wirklich häufig angehen, um sich einige der Luxusartikel des Spiels tatsächlich erlauben zu können – und das kann wiederum ganz schön auf die Motivation drücken.
Vergeltung im Detail
##bild83757rechts##Optisch legt Desperate Struggle definitiv noch einmal eine Schippe drauf. Die Charaktere und Umgebungen wirken bedeutend detailreicher, Animationen geschmeidiger, alles insgesamt merklich geschliffener. Selbst die englische Vertonung wirkt noch einmal ein ganzes Stück besser als beim ersten Teil. Im Vergleich zum Wii-Original wurde bei dieser Portierung aber natürlich recht wenig überarbeitet – im Prinzip sieht alles nur bedeutend schärfer aus als vorher. Auch sonstige Boni gibt es nicht, was angesichts der mitreißenden Grundausstattung aber wohlgemerkt nicht unbedingt ein Manko gibt. Schließlich ist dies die erste Wii-fremde Version von No More Heroes 2.