##bild83819rechts##Das Schicksal kann merkwürdige Wege einschlagen. Manchmal muss man sich seinen Erfolg hart erarbeiten. In anderen Fällen gelangt man durch scheinbaren Zufall an eine besondere Gabe, deren Tragweite nicht von Beginn an ersichtlich ist. Und hin und wieder kommt eine heutzutage für Smartphone-Titel bekannte Spieleschmiede auf die Idee, ein Spinoff für dedizierte Spielkonsolen zusammenzuzimmern. So geschehen mit Netmarble und deren Mobile-Hit Seven Knights (von dem ich, offen gestanden, vorher nie gehört habe). Mit Seven Knights: Time Wanderer präsentiert das Team eine Geschichte, die sich parallel zu den Ereignissen der Hauptkampagne abspielt und die Herkunft eines der titelgebenden Ritter erläutern soll – und das dankenswerterweise ohne einschränkende Energie-Mechaniken oder Charakter-Lottos, über die einem Geld aus der Tasche gezogen wird. Nur wird leider sehr schnell klar, dass Time Wanderer sich trotz merklich anderem Aufbau immer noch sehr stark nach einem Billig-RPG anfühlt und außer Mittelmaß nichts zu bieten hat.
Verlorene Zeit
Die im Untertitel erwähnte Zeitwandlerin hört auf den Namen Vanessa Windringer und ist eigentlich ein magiebegabtes, kleines Kind aus gutem Hause – bis sie eines Tages über ein magisches Artefakt stolpert, das sie außerhalb von Raum und Zeit transportiert und zudem in den Körper einer erwachsenen Frau steckt. Die schnell als Sandy bezeichnete verzauberte Sanduhr hat auch gleich einen Auftrag für unsere unscheinbare Protagonistin: Sie soll nach verstreuten Zeitfragmenten suchen, die ihre Träger in den Wahnsinn treiben und das Raum- und Zeitgefüge komplett aus der Bahn werfen können. Dabei trifft sie in diversen kleinen Szenarios auf bekannte Charaktere des Hauptspiels, von denen sich sogar 15 als Begleiter anschließen. Und diese Hilfe wird sie definitiv brauchen, denn es gibt nicht nur lokale Probleme, die gelöst werden wollen. Im Hintergrund agiert nämlich auch der schurkische Dellons, der als einer der Sieben Ritter für Unruhe im Land sorgt. Leider dauert es ziemlich lang, bis sich tatsächlich langsam Zusammenhänge in der Geschichte zeigen – bis dahin wandert Vanessa gefühlt ziellos durch die Weltgeschichte und stolpert von einem Abenteuer ins nächste. Da man hierbei auch laufend neue Figuren kennenlernt, ist es nicht einfach, sich in die Gemeinschaft einzufühlen. Erfahrung mit dem Hauptspiel mag hier vielleicht hilfreich sein, doch unterm Strich konnte mich die flache Erzählung leider nicht packen und die teils fehlerbehafteten deutschen Texten zur japanischen Sprachausgabe helfen überhaupt nicht.
##bild83823links##Gleiches gilt für das Gameplay, welches dezent an die Strukturen von Smartphone-Spielen erinnert, jedoch tatsächlich nicht das Muster des Originals übernimmt. Ihr bewegt Vanessa auf festen Bahnen durch die jeweiligen Areale und klappert dabei markante Punkte ab. Das können Sonderfelder mit Schatztruhen, Landschaftsmerkmalen oder auch Personen sein, in so ziemlich jedem Fall seht ihr die betreffenden Punkte jedoch erst, wenn ihr auch in der Nähe seid. Dies trifft ebenso auf die Gegner zu, welche sich im normalfall erst ein Feld voraus ankündigen – reagiert ihr schnell, könnt ihr zumindest noch schnell über das Menü euren Spielstand manuell sichern. Autosaves gibt es nämlich nur bei der Rückkehr zur Basis, wofür wiederum die gut verteilten Teleportfelder notwendig sind. Auch wenn eure Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist, bedeutet dies jedoch nicht, dass der Durchmarsch linear bleibt. Es gibt reichlich Abzweigungen, versteckte Boni und Nebenquests, um euch auch Abseits der gut sichtbaren Zielmarkierung zu beschäftigen. Sogar gelegentliche Puzzles warten auch euch, obgleich diese nie wirklich kompliziert werden. Trotzdem bleibt die Erkundungstour weitestgehend schmucklos und dient mehr als Mittel zum Zweck, anstatt euch durch bildschöne Umgebungen zu faszinieren.
Zeitiger Streich
Im Kampf zeigt Time Wanderer dann seine richtig merkwürdigen Eigenheiten. Eure Gruppe besteht nämlich aus bis zu fünf aktiven Einheiten, ob diese jedoch auch alle zum Zuge kommen, bestimmt mehr oder minder ihr selbst. Es ziehen nämlich abwechselnd eure eigene und die gegnerische Truppe, wobei pro Zug nur ein Charakter tatsächlich agieren darf. Um für etwas Spannung zu sorgen, habt ihr zudem nicht ewig Zeit, eure Züge zu überdenken: Am linken Bildrand läuft nämlich ein Marker von unten nach oben, der euch euer Zeitlimit bis zur Durchführung eurer Aktion zeigt. Ist nichts eingegeben, verschenkt euer Trupp die Runde. Klingt merkwürdig und sorgt gerade zu Beginn für ein ziemlich zähes Spieltempo, doch mit der Zeit entwickelt man sowas wie einen Rhythmus für das Kampfgeschehen. Da jede Figur zudem über jeweils zwei aktive Attacken und einen gelegentlich einsetzbaren Special Move verfügt und zuvor genutzte Attacken erst nach einer kurzen Aufladezeit wieder nutzbar werden, sind Wunschmanöver immerhin schnell ausgewählt. Auf der anderen Seite seht ihr so schnell die immer selben Angriffsanimationen, die trotz ihrer teils eindrucksvollen – und leider auch gelegentlich frameratedrückenden – Sequenzen irgendwann alt werden.
##bild83822rechts##Fühlt sich der eigene Trupp zu schwach an, gibt es glücklicherweise mehrere Möglichkeiten, ihn aufzuwerten. So könnt ihr etwa ganz klassisch neue Aurüstung erwerben oder auf unterschiedliche Art passive Werteboni erzielen. So lassen sich auf der Karte aufgelesene und in Quests verdiente magische Essenzen dazu benutzen, teamübergreifende Stärkungen freizulegen, während auf ähnliche Art eingesteckte Arkana-Karten für einheitenspezifische Boni sorgen. Für letzteres klickt ihr euch durch kleine Nebengeschichten von fünf eurer Begleiter, die im Spielverlauf freigeschaltet werden und sich leider auch eher oberflächlich anfühlen. Daran ändern auch die gelegentlichen Dialogwahlmöglichkeiten nichts, die ohnehin nur dazu dienen, eure Ausbeute an wertestärkenden Mitteln zu bestimmen. Trotzdem ist es schade, dass diese Extra-Episoden nur ein Drittel eurer Truppe einbeziehen und der Rest sich entweder mit kurzen Nebenauftritten oder der Beteiligung an der Haupthandlung zufriedengeben muss.