##bild75867rechts##Dass die erste Kooperation zwischen Nintendo und dem unter Koei Tecmo stehenden Studio Omega-Force mit einem respektablen Erfolg endete, sollte kein Geheimnis sein. Da wundert es wenig, dass das Team direkt für ein neues Projekt eingespannt wurde, das diese Woche in Europa aufschlägt: Fire Emblem Warriors. Nun muss ich gestehen, dass ich im Vorfeld gleichermaßen skeptisch und gespannt auf das Ergebnis war. Einerseits bietet die Fire Emblem-Reihe reichlich Stoff für anständige Schlachten mit bekannten Helden, andererseits dürfte aufgrund der deutlich bodenständigeren Waffen die Sorge in Bezug auf Abwechslung größer sein. So viel kann ich schon mal vorwegnehmen: Fire Emblem Warriors hat viele meiner Erwartungen erfüllen können – nur leider waren dabei eben nicht nur die guten bei. Woran es hakt und warum man trotzdem noch einen Mordsspaß mit den Massenschlachten haben kann, das zeige ich euch in diesem Test.
Ein Königreich im Krieg
Erster Anlaufpunkt des Abenteuers ist natürlich der Story-Modus, in den man auch direkt zu Spielbeginn geworfen wird. Hier verkörpert man wahlweise den hitzköpfigen Rowan oder die besonnene Lianna, ihrerseits Thronerben des Königreichs Aytolis. Leider wird aus den ruhigen Plänen nichts, denn eines unschönen Tages tun sich Dimensionstore am Himmelzelt auf und Monster überfallen das einst friedliche Reich. Nun befinden sich die beiden Zwillinge in Begleitung des befreundeten Gristonne-Prinzen Darios auf der Flucht und sucht nach einer Möglichkeit, die Situation zum Guten zu wenden. Auf ihrer Reise treffen sie auf Helden der Fire Emblem-Welten, die es durch die Dimensionstore ebenfalls nach Aytolis verschlagen hat und bei denen es sich um Schlüsselfiguren zur Aktivierung des mächtigen Flammenschildes handelt. Reichlich Stoff also für eine großartige Crossover-Story? Leider nein. Die Handlung an sich bietet leider nur wenige wirkliche Highlights und wirkt teilweise auch nur wie eine schwache Ausrede für die Versammlung der Fire Emblem-Stars – und selbst in diesem Gebiet versagt der Plot dank der mangelhaften Verknüpfung aller Geschichtseckpunkte. Wegen der rund 15 Spielstunden umfassenden Story solltet ihr Fire Emblem Warriors jedenfalls nicht spielen.
##bild75868links##Viel wichtiger ist da schon, was auf dem Schlachtfeld vonstatten geht. Je nach Mission stehen bis zu vier Einheiten unter eurer Kontrolle, die ihr wahlweise direkt oder per Karten-Kommando über die weitläufigen Umgebungen scheucht. Ganz wie in den Warriors-Spielen üblich mangelt es natürlich nicht an reichhaltigem Kanonenfutter, das ihr mit simplen Tastenkombinationen scharenweise vom Bildschirm fegt. Die niedrigstufigen Soldaten wehren sich in der Regel nicht wirklich, müssen sie aber auch nicht: Stattdessen dienen sie allein zur eindrucksvollen und auf simple Art auch unterhaltsamen Aufstockung eurer Kriegeranzeige und Erfahrungspunkte. Lediglich Kommandanten mit Namen und Lebensenergiebalken fallen durch ihre Gegenwehr auf – insbesonders die einzigartigen Fire Emblem-Helden und -Schurken. Spätestens hier wird wichtig, dass ihr die passende Waffe für den Kampf führt. Ganz wie in der Vorlage üblich funktionieren die Kampfinstrumente nach einem klassischen Stein-Schere-Papier-Prinzip, bei dem zum Beispiel Axtkämpfer gegen Lanzenträger im Vorteil sind, bei Schwertschwingern jedoch den Kürzeren ziehen. So zumindest die Theorie, in der Praxis dauert das Erledigen von Gegnern mit Vorteil häufig jedoch einfach nur länger und lässt sich notfalls auch mit roher Gewalt regeln. Ihr verzichtet so nur auf die im Vorteil häufiger auftretende Starreanzeige, die durch Leerung einen besonders starken Angriff ermöglicht. Lediglich bei Waffen mit besonderen Eigenschaften wie „Drachentod“ oder „Fliegertod“ ist tatsächlich Vorsicht geboten. Diese Parameter sollten definitiv ernst genommen werden, wenn ihr eure geflügelten Pegasus-Ritter nicht nach ein, zwei popeligen Pfeilschüssen im Sand liegen sehen möchtet! Das schmerzt erst recht, wenn ihr Fire Emblem Warriors im klassischen Modus mit endgültigen Toden – oder zumindest kampfhinderlichen Verletzungen; aus Story-Gründen sterben eure spielbaren Helden tatsächlich nie – spielt. Der Druck wird allerdings auch dadurch gemildert, dass gefallene Einheiten gegen eine gewaltige Gold-Summe und seltene Materialien auch „wiederbelebt“ werden können. Und wer den ganzen Kram gar nicht erst mitmachen möchte, darf natürlich auch zum Anfänger-Modus wechseln, der gefallene Kämpfer nach Schlachtenende ohne Gold- und Materialstrafen sofort zurückholt.
Ein-Mann-Armee und Feldherr in einem
Die Fire Emblem-Elemente enden da übrigens noch nicht. Wie bereits angemerkt, könnt ihr sowohl die unter eurem direkten Kommando stehenden Spielercharaktere als auch direkte Verbündete über den jederzeit aufrufbaren Kartenbildschirm quer über das Schlachtfeld schicken. An sich keine neue Mechanik in der Warriors-Reihe, fand sie doch schon bei diversen Samurai Warriors-Teilen und Hyrule Warriors Legends großzügig Verwendung, doch die Umsetzung macht den Unterschied: Eure Kameraden sind nämlich ungewöhnlich kompetent bei der Erfüllung ihrer Aufgaben! Egal ob ihr ihnen die Eroberung einer Feste, die Verteidigung eines wichtigen Offiziers oder einen einfachen Heilungsbefehl auferlegt, sofern keine größeren Hindernisse wie Waffennachteile im Weg stehen, melden sie sich nach einiger Zeit zuverlässig mit Erfolg zurück. Wirklich effektiv genug, um die Schlachten völlig allein zu gewinnen, ist die KI natürlich trotzdem nicht, bei einigen stressigeren Situationen wusste ich diese Hilfe dennoch sehr zu schätzen. Zum Pflichtprogramm wird dieses Micromanaging übrigens trotzdem nicht: Viele Missionen lassen sich auch ganz klassisch mit rein eigenhändigen Eingriffen gewinnen – erst recht, wenn man sich erst einmal ordentlich gestärkt hat.
##bild75865rechts##Aufmerksame Leser werden vielleicht bemerkt haben, dass ich bereits Materialien erwähnt habe. Ähnlich wie in Hyrule Warriors werden eure Charaktere nicht nur durch normale Levelaufstiege stärker, sondern müssen zur vollen Entfaltung ihrer Kräfte mit im Kampf erbeuteten Upgrade-Objekten ausgestattet werden. Die dadurch erworbenen Fibeln fügen etwa neue Kombos zum Repertoire eurer über 20 Streiter hinzu oder stärken ihre Verteidigung gegen alle möglichen Schmerzspender. Hier finden sich auch aus Fire Emblem entliehene, passive Fähigkeiten, die separat ausgerüstet werden können, und sogar ein einmaliger Klassenaufstieg ist möglich. Ein Meistersiegel im Inventar vorausgesetzt, könnt ihr einen Level-15-Helden eurer Wahl zu einem gewaltigen Kraftschub verhelfen und so noch mehr Move- und Stärkungs-Upgrades freischalten. Das hat leider auch den unschönen Nebeneffekt, dass es mir gerade im Historischen Modus – dazu später mehr – häufig vorkam, als würde bei Missionen ab Level 15 die Beförderung der eigenen Charaktere praktisch vorausgesetzt. Ziemlich ungünstig, wo doch die Anzahl der Meistersiegel auf die der spielbaren Kämpfer abgestimmt ist und man sie erst nach und nach erspielt! Überhaupt verkommt das an sich motivierende Upgrade-System sehr schnell zur frustrierenden Fleißarbeit. So gelangt man im Story-Verlauf recht selten an Materialien für Magier und vor allem Bogenschützen, weswegen eure entsprechend gemünzten Helden lange Strecken mit ihren Basis-Fähigkeiten auskommen müssen. Die mit einem Bogen ausgestattete Schreinjungfer Sakura verbrachte bei mir aus diesem Grund die gesamte Kampagne auf der Ersatzbank.
Apropos Charaktere und Klassen: Zwar bietet Fire Emblem Warriors eine wirklich stolze Anzahl an spielbaren Recken, nur leider wird diese Ansammlung durch einige doppelte Movesets erkauft. So spielen sich der ylissische Prinz Chrom und seine Tochter Lucina beinahe identisch, zwischen den Hoshido-Schützen Sakura und Takumi besteht kaum ein Unterschied und die drei verfügbaren Pegasus-Ritter – übrigens auch die einzigen Lanzenträger des Spiels – gleichen sich in ihren Attacken wie ein Ei dem anderen. Lediglich ihre jeweiligen Spezialattacken verfügen über andere Animationen. Das ist insofern enttäuschend, da Hyrule Warriors es zuvor noch schaffte, drei Links mit komplett unterschiedlichen Spielweisen unterzubringen. Immerhin sorgen die Kombos beim Aufräumen der Schlachtfelder trotzdem für Laune und fühlen sich auf die richtige Art wuchtig an – völlig gleichgültig, ob ihr nun Corrins Halbdrachengestalt in die Schwerter-Kombos einwebt oder mit der Manakete Tiki als Vollblutdrache durch feindliche Armeen fegt: Hunderte Gegner vom Screen zu putzen fühlt sich einfach immer noch befreiend an. Übrigens bietet auch Fire Emblem Warriors das aus den Vorlagen bekannte Support-System, es dient allerdings hauptsächlich als schöne Deko. So könnt ihr zwar eure Charaktere in der Schlacht zu Zweierpaaren zusammenschließen und so auf zusätzliche Hilfsmanöver zurückgreifen, spürbare Werteschübe gibt es dadurch jedoch nicht. Stattdessen erhaltet ihr mit jedem erzielten Support-Rang Upgrade-Items und schaltet in sehr wenigen Fällen bei Vervollständigung der freundschaftlichen Bande eine neckische, kurze Unterhaltung zwischen den beiden Figuren frei.
Best of Fire Emblem
##bild75866links##Nun haben wir die knappe Handlung erlebt, unsere Helden ein wenig aufgemotzt und brauchen nun weitere Beschäftigungsmöglichkeiten. Da kommt der Historische Modus gerade richtig! Dahinter verbirgt sich ein Missions-Modus mit interessantem Twist: Ihr stellt nämlich auf diversen Kleinkarten bedeutende Schlachten verschiedener Fire Emblem-Spiele grob nach. Nun ja, zumindest in visueller Hinsicht, denn die eigentlichen Gefechte dort laufen natürlich nach dem Warriors-Muster ab. Hier wird auch oberflächlich betrachtet einiges an Abwechslung geboten: Mal steht die Rettung von verbündeten Einheiten auf dem Programm, an anderer Stelle sollt ihr eure Festungen unter starkem Feindfeuer verteidigen, eine andere Variante wiederum erfordert lediglich das schnelle Ausschalten von so vielen Gegnern wie möglich. Da diese Aufgaben jedoch häufig in simple „Schalte den gegnerischen Anführer“-Missionen münden, werden selbst die mit der Zeit natürlich ein wenig eintönig. Besonders nervig: Manche Varianten, zum Beispiel die Arena-Aufträge, ziehen sich dank der absurden Lebensenergiemenge der Feinde unnötig in die Länge. Trotzdem kann ich nicht bestreiten, dass das Abackern der Aufgaben einen simplen Charme hat, der mich – ähnlich wie beim Abenteuer-Modus von Hyrule Warriors – über längere Zeit an die Konsole fesseln konnte. Aufgrund ihrer Kürze und Einfachheit eignen sich die historischen Schlachten auch perfekt für eine kleine Runde zwischendurch oder kurzweilige Partien im Koop-Modus.
Volle Power oder flüssige(re)s Bild?
Stichwort Koop: Ja, ihr könnt Fire Emblem Warriors auch optional mit einem zweiten Spieler gemeinsam zocken. Das gilt sogar für praktisch die gesamte Story-Kampagne und ist auch mit nur einem Joy-Con spielbar! Allerdings kommt der Splitscreen-Modus nicht ohne Probleme daher. Die allgemeinen Performance-Einbußen kann man eventuell noch ignorieren, die Menge der dargestellten Gegner allerdings nicht, zumal sie unter den beiden Spielern geteilt wird. Sprich: Es kann Situationen geben, in denen ein Spieler reichlich Kanonenfutter auf dem Bildschirm hat, während der andere theoretisch in einem Meer aus roten Punkten steht, tatsächlich jedoch nur gähnende Leere verzeichnet. Besonders frustrierend wird dies bei Kämpfen gegen Kommandanten, die gerne mal während der Kombo verschwinden, nur um kurz danach wieder ins Bild geladen zu werden. Als wäre das noch nicht genug, macht es diese niedrige Anzahl an Gegnern schwerer, für S-Ränge oder Bildfragmente geforderde K.O.-Mengen zu erzielen. In den Testpartien mit meinem Bruder, seines Zeichens sehr versiert in Sachen Dynasty Warriors, haben wir uns zwar um all diese Probleme herumarrangieren und trotzdem eine Menge Spaß haben können, allerdings macht das die zugrundeliegenden Probleme nicht unbedingt kleiner. Auch gibt es nur die Option, das Spiel lokal im Splitscreen zusammen zu zocken. Lokale Drahtlospartien oder gar Online-Späße sind nicht möglich.
##bild75864rechts##Eine Möglichkeit, diesem zumindest ein wenig entgegenzuwirken, ist das Wechseln in den Leistungs-Modus. Das Spiel bietet euch nämlich zwei Grafikeinstellungen für den TV-Betrieb: „Qualität“ lässt das Spiel gestochen scharf aussehen, läuft dafür aber nur mit maximal 30 Bildern die Sekunde und kann bei aufwendigeren Szenen schon mal ruckeln. „Leistung“ sorgt hingegen für eine immer noch ordentliche, allerdings deutlich verwaschenere Darstellung, die im Austausch dafür mit bis zu 60 Bildern die Sekunde läuft – oder im Koop-Modus eben deutlich stabiler, wenngleich immer noch nicht optimal. Im Handheld-Betrieb gibt es hingegen nur eine Grafikoption, die näher an den Qualitäts-Einstellungen dran ist. Lediglich die an den Konsolenbildschirm angepasste Auflösung und kleinere Einbußen bei der Optik machen den Unterschied. Abgesehen davon spielt sich Fire Emblem Warriors im Mobilbetrieb aber genauso gut wie am TV-Bildschirm, wenn ihr nicht unbedingt die volle 60-Frame-Erfahrung braucht.
Ach ja, wie sieht das Spiel jetzt abseits dieser technischen Details eigentlich aus? Auf jeden Fall nicht schlecht, das kann man wohl sagen! Die Umgebungen mögen leider nicht alle gleichermaßen durch ihre schiere Abwechslung auffallen, sind aber dennoch durchdacht gestaltet und stellen spannende Schlachtenhintergründe dar. Die wirklichen Stars des Spiels sind jedoch die Charaktermodelle, die allesamt in ihren Animationen und Details gut das zum Ausdruck bringen, was die Figur ausmacht. Gleiches gilt für die englische Sprachausgabe, die euch sowohl in den zahlreichen Dialogsequenzen als auch während der Kämpfe begleitet. Hier kann lediglich die auswählbare, allerdings nicht abschaltbare Systemstimme mit ihren ständigen Kommentaren ein wenig nerven. Freunde des japanischen O-Tons sollten zum Launch einen Blick in den eShop werfen: Aller Voraussicht nach wird dort nämlich die originale Tonspur als kostenloser Download landen. Zu guter Letzt soll die Musik nicht unerwähnt bleiben. Das Team von Omega-Force hat die Stücke aus der Fire Emblem-Welt wunderbar neu gemischt und ihm einen passend, rockigen Ton verliehen, der für die Warriors-Reihe üblich ist. Das Ergebnis kann sich auf jeden Fall hören lassen. Vor allem das hoshidische Kampfthema „Erhellen“ sticht für mich besonders hervor und bringt mein Blut praktisch sofort in Wallung!