Time Recoil

Erinnert ihr euch noch an Mr. Shifty (zum Test)? Schon beim Test von Team Shiftys kleinem Meisterwerk zog ich Vergleiche zum Genre-Vorzeiger Hotline Miami. Der vor kurzem erschienene Indie-Titel Time Recoil aus dem Hause 10tons kommt meiner Meinung nach sogar noch näher an das bockschwere Vorbild heran. Warum dem so ist und wie sich Time Recoil im Test geschlagen hat, das erfahrt ihr im folgenden Kurztest.

Mit der Armbanduhr durch die Zeit reisen
##bild77905rechts##Okay, ganz so einfach ist es dann doch nicht. Die Protagonistin namens Alexa kann ihren „Zeitkompass“ nämlich nur dazu verwenden, nach einem Zeitsprung wieder in die vorherige Zeit zurückzukehren. Für eigentliche Zeitsprünge ist ein viel größerer Apparat notwendig. Und genau dieser befindet sich im geheimen Stützpunkt einer Widerstandsorganisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den größenwahnsinnigen Mr. Time zur Strecke zu bringen. Eben jener hat wiederum das Ziel, sich die gesamte Welt unter den Nagel zu reißen. Das klingt erst mal ein wenig nach Pinky und der Brain, wird aber eher ernst erzählt und ist somit besser mit Adolf Hitler und dem Dritten Reich vergleichbar.

Todernst ist das Spiel aber keineswegs, da braucht ihr euch keine Sorgen zu machen. Die Geschichte in Time Recoil wird zwischen den kurzen, aber knackigen Missionen in Form von Dialogen erzählt. Das kann stellenweise etwas langweilig werden, ist im Großen und Ganzen aber ziemlich interessant, da auch Intrigen und gewisse Twists bis zum Ende für Spannung sorgen. Ein Meisterwerk der Dichtkunst sollte man dennoch freilich nicht erwarten.

Zapp, boom, peng!
##bild77904links##Was die Geschichte an Spannung vermissen lässt, findet man als Spieler jedoch im Gameplay von Time Recoil. Wie in der Einleitung bereits angeteasert, kommt das Spiel noch näher an den Genrekollegen Hotline Miami heran als der etwas ältere Switch-Titel Mr. Shifty, bei dem der Fokus dann doch eher auf dem Nahkampf lag. Hier kann man sich jedoch die Zeit zunutze machen und muss sich überwiegend mit allerlei Schusswaffen den Weg frei machen. Schafft man es, als Alexa gleicht mehrere Feinde in Folge zu erledigen, werden sogar stufenweise – jedoch nur einmalig – bestimmte Sondermoves verfügbar.

Nach wenigen Kills kann man etwa (ganz wie Mr. Shifty) einen Dash in eine bestimmte Richtung ausführen und zerstört dabei alles an dem man vorbeizieht. Schafft man gleiche eine ganze Sackladung von Kills, bleibt sogar etwa eine halbe Minute lang die Zeit stehen, was natürlich das Beseitigen der Widersacher wesentlich vereinfacht. Das Erreichen dieser Killketten ist zwar durchgehend eine kleine Herausforderung, bleibt aber insofern fair, da nach jedem „Abschuss“ für einen sehr kurzen Moment die Zeit verlangsamt wird. Das motiviert ungemein und macht Time Recoil etwas zugänglicher als das bockschwere Hotline Miami und dessen Nachfolger. Man könnte also behaupten, dass Time Recoil das Hotline Miami für eher durchschnittliche Zocker ist, was weiß Gott nicht negativ zu interpretieren ist. Eher ist dieses Spiel ein Vorzeigebild in Sachen fairem Schwierigkeitsgrad. Stellen, an denen man kurz davor ist, die Switch an die Wand zu werfen, gibt es aber selbstverständlich trotzdem.

Und sonst so?
##bild77903rechts##Wo der Genre-Kollege Mr. Shifty trotz ansprechender Präsentation noch mit einigen Bildraten-Einbrüchen in actiongeladenen Szenen zu kämpfen hatte, läuft in Time Recoil trotz ähnlichem Art-Style und Gameplay nahezu keine störenden Ruckler. Bei der Ähnlichkeit der beiden Titel könnte man fast mutmaßen, dass dahinter dieselben Entwickler stehen, doch sind beide Titel aus verschiedenen Studios. Optik und Gameplay sind aber nicht alles, auch die Begleitmusik und die Soundeffekte müssen den Spieler abholen. Und das ist in Time Recoil auch definitiv der Fall. Die Musik passt stets zur aktuellen Stimmung der jeweiligen Szene. Ist es gerade etwas ruhiger, wird ein mysteriös anmutender Soundtrack abgespielt. Geht gerade Action ab, spiegelt sich das auch in der Begleitung wieder. Natürlich kommt die hier vorkommende Musik nicht an die flippigen Ohrwürmer aus der Hotline Miami-Serie heran, zufrieden kann aber trotzdem sein.

Der einzige eher durchwachsene Punkt ist das Steuerungsschema. Zwar kann man Alexa stets geschwind bewegen, jedoch brauch vor allem das Zielen etwas Einarbeitung. Geballert wird nämlich aus der Top-Down-Ansicht ganz nach guter, alter Twin-Stick-Manier. Ab Werk ist das Ganze jedoch nach meinem Geschmack etwas zu schwammig. Einstellen kann man die Empfindlichkeit leider nicht. Die Steuerung als schlecht zu bezeichnen wäre aber übertrieben, da sind Shooter-Fans aus DS- und 3DS-Zeiten noch Schlimmeres gewohnt. Schon nach den ersten paar Missionen hat man sich in der Regel mit der Bedienung arrangiert und zerlegt einen Fiesling nach dem anderen.

Fazit

10tons hat mit Time Recoil einen weiteren tollen Titel dieser Machart auf die Switch gebracht. Zwar hat man nach nicht einmal fünf Stunden alles gesehen, dafür verbringt man diese kurze Zeit aber mit saftigen Herausforderungen, einem interessanten, aber nicht sonderlich spannenden Plot und verzückender musikalischer Begleitung. Lediglich an die Steuerung muss man sich etwas gewöhnen. Hat man diese aber erstmal verinnerlicht, entfaltet Time Recoil erst so richtig seinen Reiz. Fans nahezu unknackbarer Herausforderungen können zudem den Schwierigkeitsgrad soweit anheben, dass Gegner nahezu sofort reagieren. Hier ist also sowohl für Casual Gamer, Durchschnittsspieler und auch die richtigen Cracks etwas dabei. Auch in Sachen Wiederspielwert ist mit dem Time Attack-Modus genug Stoff vorhanden. Zurück in die Zukunft (nur ohne DeLorean): Sebastian Mauch [Paneka] für PlanetSwitch.de

Wertung 5 / 5

Kurzer, knackiger Trip durch die Zeit. Oder anders: Hotline Miami für Normalbegabte.

Pro

  • Interessante Geschichte…
  • Astreines Action-Gameplay
  • Treibender Soundtrack

Contra

  • …die jedoch etwas schwunglos scheint
  • Steuerung anfangs gewöhnungsbedürftig

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