Kennt ihr noch die Geschichte vom Kuchen, der am Ende eine Lüge war (aber irgendwie auch nicht)? Die Rede ist natürlich von Valves Klassiker Portal. Als ChromaGun aus der Feder des deutschen Indiestudios Pixel Maniacs im eShop gelistet wurde, erinnerte mich die Optik sofort an das 3D-Physikgerätsel mit den bunten Portalen. Bunt wird es in ChromaGun gewiss auch. Dass das Indie-Spiel nur schwer an das Niveau des genannten Vorbilds herankommen wird, ist wohl kein Geheimnis. Trotzdem könnte sich Pixel Maniacs Werk durchaus als ein kleines Meisterwerk entpuppen. Ob dem so ist und was ChromaGun nun eigentlich mit Portal am Hut hat, das zeigt der nachfolgende Kurztest. Viel Spaß beim Lesen!
Grundkurs: Farbenlehre
##bild77351rechts##Bevor wir ans Eingemachte gehen, noch ein paar Randinfos vorweg: So neu ist unser Testsubjekt eigentlich gar nicht. Schon im September 2013 erschien Chromagun für Apples iOS. Es handelt sich also streng genommen eher um ein Handyspiel. Da es sich aber wie jedes andere Spiel aus der Ego-Perspektive auch steuert, fällt das zum Glück nicht zu sehr auf. Nach der Reise auf andere Plattformen wie PCs und die gängigen Konsolen, portierten die Pixel Maniacs ihren 3D-Puzzler nun auch für Nintendos neuen Power-Handheld.
Nun aber zum eigentlichen Spielinhalt. Wie schon angeschnitten ist ChromaGun ein Rätselspiel in der Egoperspektive. Wer nach Action und riesigen Welten sucht, ist also schon mal prinzipiell an der falschen Adresse. Geduldige Spieler und Rätselfreunde könnten an dem Konzept aber durchaus Gefallen finden. Wie auch im Valve Klassiker Portal trägt man hier eine Kanone. Nur feuert diese dieses Mal keine Portale ab, sondern große Kleckse radioaktiver Farbe. Zum Anlernen drückt die Software dem Spieler aber zunächst nur eine einfarbige Waffe in die Hand. Diese findet man quasi direkt nach dem Betreten des riesigen Komplexes von Chromatec, einer Technologiefirma in der fiktiven Spielwelt.
Die Kunst der Farbmischung (und der Veräppelung)
##bild77348links##Begleitet wird man von dort an von einem ziemlich genial vertonten Erzähler. Dieser erklärt, dass der Protagonist des Spiels sich aus Geldmangel – und natürlich für die Wissenschaft – freiwillig für einen Testparcours von Chromatec meldet. Schon direkt zu Beginn wird aber klar, dass unser virtueller Begleiter einen Clown gefrühstückt hat. Die Witzeleien möchte ich hier nicht zitieren, da sie euch den Effekt beim Selberspielen dann gegebenenfalls rauben würden. Fakt ist aber schon mal, dass man selten so nett begleitet wurde. Auch das habe ich positiv aus Portal und Portal 2 in Erinnerung. Leider meldet sich der gut gelungene Erzähler nur an bestimmten Schlüsselstellen der etwa vier Stunden langen Kampagne zu Wort. Da hätte man ruhig etwas mehr einbringen können.
Etwas mehr hätte es auch an Abwechslung geben können. Warum das so ist, werde ich nun endlich erklären. Im Grunde ist das Spielprinzip nämlich ganz simpel. Mit der (nach dem Tutorial) dreifarbigen ChromaGun kann man wahlweise mit den Schulter- oder Aktionstasten zwischen den Farben Rot, Blau und Gelb umschalten. Damit beschießt man dann Wände und sogenannte Workerdroids. Sind eine Wand und einer der kugelförmigen Roboter gleich gefärbt, so ziehen diese sich magnetisch an. So kann man dann beispielsweise auch mehrere Wände einfärben und die Kugel so quasi im Raum „aufhängen“ um so einen Schalter zu aktivieren, der den Weg zur nächsten Testkammer freigibt. Das ist zu Beginn noch ziemlich einfach, wird aber gegen Ende des Spiels immer komplexer. Man kann hier also durchaus von einer guten Schwierigkeit und einer stetigen Lernkurve sprechen. Das liegt vor allem daran, dass nach und nach immer neue Elemente eingeführt werden. So lassen sich Wände und Droids irgendwann nicht mehr einfärben oder greifen euch sogar an, wenn ihr auf sie schießt (natürlich attackieren euch die Wände nicht). Um die Farbpalette zu erweitern und die Rätsel noch etwas flexibler zu gestalten, kann man die drei Grundfarben sogar mischen. So wird aus Geld und Rot etwa Orange, aus Gelb und Blau wird Grün, und aus Rot und Blau wird Lila. Wer wie ich mit Farbenlehre nichts am Hut hat, wird das unter Umständen etwas verwirrend finden, jedoch fuchst man sich recht schnell ein. Irgendwann denkt man dann gar nicht mehr über das Farbenmischen an sich nach, sondern eher über die genialen Rätsel.
Technik und leichte Monotonie
##bild77353rechts##Während man sich mit diesem tollen Gameplaykonzept von Raum zu Raum rätselt, kann es zwischenzeitlich aber auch schon mal etwas fade werden. Von demselben Effekt werden aber so gut wie alle Rätselspiele geplagt. Spiele wie ChromaGun haben aber das Privileg, die Monotonie mit gutem Storytelling zu durchbrechen, was den Jungs und Mädels von Pixel Maniacs leider nicht so gut gelungen ist, wie etwa in den Portal-Spielen. Hin und wieder hat man eine paar actionreiche Sequenzen, wirklich erfüllend sind diese aufgrund ihrer Seltenheit dann aber nicht wirklich.
Auch auf technischer Seite leidet das Spiel etwas unter der recht begrenzten Rechenpower der Nintendo Switch. Auch ohne komplizierte Messungen kann man gut festmachen, dass man sich hier mit sehr wackeligen 30 Bildern pro Sekunde begnügen muss. Auf einem 120 Hz-fähigen Ultra HD-Fernseher wirkte das nicht allzu fluffig. Auf dem Switch-Bildschirm selbst fiel das Ganze aber längst nicht so sehr ins Auge, wenngleich man ein paar Ruckler in effektreichen Situationen schon in Kauf nehmen muss. Dafür sieht das Spiel auch in der geringen Auflösung mit seinen simplen 3D-Grafiken sehr schick aus. Der Soundtrack macht zwar in den ersten Hälfte von ChromaGun noch Spaß, doch hängt diese sich immer wiederholende Melodie dem Spieler dann doch recht schnell zum Hals raus.