Gal Gun 2

##bild79644rechts##Gal Gun: Double Peace war der wohl abgedrehteste Shooter, den ich je spielen durfte. Er litt jedoch in seiner mobilen Vita-Inkarnation (zum Test auf PlanetVita.de) unter dem miserablen Port, der die Pheromon-Ballerei nicht nur zu einem fürchterlichen Geduldsspiel machte, sondern dank der ständigen Ruckler auch noch das Zielschießen immens erschwerte. Dass Gal Gun 2 daher Sonys kleine Kiste auslässt und stattdessen auf die Switch umzieht, erscheint mehr als nachvollziehbar. Blöderweise hat man beim Umzug irgendwie auch das auf der Strecke gelassen, was Double Peace so spielenswert machte.

Die etwas andere (?) Dämonenjagd
Das fängt allein schon beim Szenario von Gal Gun 2 an, das grob umrissen kaum gewöhnlicher sein könnte. Ihr sollt nämlich schlicht und einfach unter der Führung des auszubildenden Engels Risu Dämonen aus einer Schule austreiben und so genügend Punkte für ihr Zeugnis verbuchen. Etwas schräger wird es dadurch, dass ihr das teuflische Ungeziefer in Form kleiner, herumschwirrender Wesen nur mit einer VR-Brille wahrnehmen könnt, die zudem auch noch dafür sorgt, dass plötzlich die gesamte weibliche Belegschaft der Schule auf euch fliegt. Eure einzigen Waffen? Eine Pheromon-Kanone und ein Dämonen-Staubsauger. Aus den ungewöhnlichen Elementen des Settings strickte Double Peace eine schräge und humorvolle Geschichte, die durch eine Vielzahl nicht minder wahnwitziger Gesprächsoptionen noch gestärkt wurde. Gal Gun 2 gibt sich hingegen dermaßen handzahm, dass sogar die völlig belanglosen Text-Kommentare des Spielercharakters regelrecht langweilig wirken. Euer Englisch sollte übrigens für den Lesegenuss geschärft sein, denn die Dialoge gibt es lediglich in japanischer Sprachausgabe mit englischen Untertiteln.

##bild79639links##Die eher öde Rahmenhandlung kann jedenfalls leider nicht das ebenfalls ziemlich mittelmäßige Gameplay retten. Im Prinzip spielt sich Gal Gun 2 wie ein Rail-Shooter, bei dem ihr euch aber nicht konstant fortbewegt, sondern stattdessen nach Erfüllung bestimmter Bedingungen von Position zu Position springt. In der Regel bedeutet dies: Es geht erst weiter, wenn ihr alle auf euch zustürmenden Mädchen besänftigt habt. Die Knutsch-Attacken und Liebeserklärungen der Mädels kontert ihr mit gezielten Schüssen auf ihre erogenen Zonen, die praktischerweise beim Drüberfahren mit dem Fadenkreuz durch einen japanischen Schriftzug gekennzeichnet werden. Mit einem gezielten Schuss ist die Sache dann auch schon erledigt und die in Ekstase verfallene Dame lässt die Finger von euch. Selbstverständlich bleibt das Prozedere nicht dauerhaft dermaßen simpel: Manche Mädchen sind direkt von Dämonen besessen, die sich wortwörtlich an sie ranklammern. In diesem Fall müssen die kleinen Tunichtgute erst einmal operativ abgeschossen werden, bevor ihr sie entweder mit weiteren Gnadenschüssen ausradiert oder für ein paar Punkte mehr mit dem Dämonen-Sauger einfangt. Wenn alle Stricke reißen, soll euch der sogenannte Lovestrike aus der Patsche helfen. Hierbei schaut ihr einer Dame mit der Zoom-Funktion so lange in die Augen, bis sich die Herzanzeige in der Bildschirmmitte füllt. Daraufhin führt der nächste beliebige Pheromon-Schuss zu einer Ekstase-Welle, die andere liebestolle Geschöpfe direkt mit erfasst. In der Praxis ist dieses Manöver durch die enorm lange Aufladezeit, während der ihr so ziemlich wehrlos seid, jedoch absolut unpraktisch.

Auftragsarbeit
Besser rettet man sich da schon eher mit ein paar Upgrades, die ihr nach Abschluss bestimmter Missionen erhaltet. So kann euer Anti-Teufelchen-Staubsauger im aufgeladenen Zustand dann auch gleich die Kleidung der Mädchen bis auf die Unterwäsche reduzieren – mit der Schamesröte im Gesicht lassen sie dann natürlich von euch ab, Punkte gibt es für dererlei Aktionen jedoch nicht. Und die Punkte werden immerhin für den Spielabschluss gebraucht! Wobei das weitaus nachdrängender klingt, als es tatsächlich ist. So gibt euch das Spiel zwar 20 Ingame-Tage mit jeweils zwei Aufträgen Zeit, um euer nicht näher definiertes Punkte-Ziel zu erreichen und eines der Enden freizuschalten, doch einerseits ist das mehr als genug Zeit und andererseits könnt ihr im New Game+ eure Punktzahl sowie vorher freigeschaltete Upgrades in eine neue Runde übernehmen.

##bild79641rechts##Womit ich vielleicht mal ein wenig auf die Struktur von Gal Gun 2 eingehen sollte. Der Shooter schickt euch nämlich größtenteils durch recht belanglose 08/15-Aufträge, bei denen es primär um die große Punktejagd geht. Am Mittag und Abend eines jeden Tages wählt ihr aus dem Menü eine ansprechende Mission aus und geht umgehend auf Dämonenjagd. Dabei ist sogar für ein wenig Abwechslung gesorgt: Neben klassischen Leveln, bei denen ihr euch langsam durch die Korridore und Räumlichkeiten der Schule arbeitet, gibt es noch Such-Aufträge oder gar kleine Verteidigungs-Missionen, bei denen ihr euch mehreren Wellen von Dämonen zu stellen habt. Auch der ein oder andere Bosskampf ist mit von der Partie. Leider haben sie allesamt zwei Sachen gemeinsam: Sie wirken dank der Fixposition des Hauptcharakters ziemlich steif und dauern auch mal gerne viel zu lang. Gerade die Duelle mit den Bossen oder Dämonen-Abwehr-Level hätten gut und gerne kürzer ausfallen können. Nicht selten habe ich mich gefragt, wann denn dieser Unsinn denn endlich endet und ich mich dem nächsten Abschnitt widmen kann.

Zuviel des Guten
Nicht zuletzt deswegen, weil Gal Gun 2 mit seinen bereits erwähnten, unterschiedlichen Enden zu mehreren Anläufen anregt und solche Wiederholungen entsprechend nervig ausfallen. Die Weichen für die Abschluss-Szenarien legt ihr dadurch, wie ihr euch mit den einzigen beiden Mädels des Spiels anfreundet, die von der VR-Brille nicht beeinträchtigt zu sein scheinen. Ob ihr euch nun der Kindheitsfrendin Nanako widmet oder mit der zurückgezogen lebende Nachbarin Chiru anbändelt, ist dabei euch überlassen. In beiden Fällen müsst ihr sie jedoch erst mit reichlich Süßkram überzeugen und anschließend eine Hand voll spezifischer Missionen erfüllen, die ihre jeweiligen Geschichten vorantreiben. Ähnlich wie bei der Punktehatz gilt: Allzu stressig fällt dies nicht aus, man kann locker die Zuneigung beider Charaktere innerhalb des Zeitlimits maximieren. Hierbei werdet ihr auch sehr früh mit kleinen Minigames bekannt gemacht, die gerne mal auf eher schlüpfrige Situationen anspielen.

##bild79645links##Zu diesen gehört übrigens auch etwas, das sich Doki-Doki-Modus nennt. Wer jetzt an das Reib-Minispiel aus Double Peace denkt, ist konzeptionell auf der richtigen Spur, die Umsetzung fällt in Gal Gun 2 jedoch bedeutend anders aus. Statt in kurzer Zeit Ekstase-Anzeigen zu füllen (da fragt man sich glatt, warum Double Peace eigentlich nicht auch durch die USK-Prüfung gerasselt ist…), gilt es nun, Dämonen auszutreiben. Und das geschieht, indem man gewisse Körperstellen so lange beschießt, bis die geflügelten Unfugtreiber aus der entsprechenden Stelle herausschießen und man sie per Dämonensauger einkassieren kann. Erweist man sich dabei als äußerst fähig, liegt das zu exorzierende Mädel übrigens in Unterwäsche da. Und da man für den gesamten Doki-Doki-Modus ein gewisses, viel zu großzügig gewähltes Zeitfenster zur Verfügung hat, wird dies beinahe unweigerlich geschehen. Im Prinzip geht es also auch hier um den Highscore, ähnlich wie andere Missionen macht die lange Spielphase die ganze Angelegenheit aber unterm Strich eher einschläfernd. Nebenbei: Ihr könnt euch auch mit den übrigen Mädchen der Schule anfreunden, sobald ihr eine Zufallsmission für sie erledigt habt – sogar den Doki-Doki-Modus gibt es bei diesen Dates! Irgendwer wollte dieses irrelevante Feature jedoch auch noch möglichst ungelenk gestalten und versteckte die für den Freundschaftlevel wichtige Verschenk-Funktion im Start-Menü, während es bei den zwei Haupt-Heldinnen gut sichtbare Übergabe-Icons gibt. Tutorials dafür oder anderweitige Anleitungen gibt es natürlich keine.

Gruselige Leere
Immerhin: Wer Gal Gun unterwegs zocken möchte, findet mit diesem Spiel zumindest in technischer Hinsicht eine deutlich bessere Alternative zum katastrophalen Vita-Port von Double Peace. Zwar lädt Gal Gun 2 beim Spielstart immer noch etwas länger, als es mir lieb ist, alle weiteren Ladepausen fallen dafür schön kurz aus. Auch läuft das Spiel angenehm stabil, was das Zielen – wahlweise rein mit den Analog-Sticks oder mit Gyro-Sensor-Hilfe – ungemein erleichtert. Leider fällt gerade durch den leicht angepassten Grafikstil des aktuellen Spiels auf, wie fürchterlich steril und öde die Schule wirkt. Wenn ihr mit den vorherigen Spielen der Reihe vertraut seid, werdet ihr die Räumlichkeiten sogar direkt wiedererkennen können – sie wurden nämlich gnadenlos wiederverwertet. Und da die Missionen im Kern bereits ziemlich repetetiv sind, stärkt dies das Gefühl der Eintönigkeit ungemein.

Fazit

Inti Creates, was zum Henker habt ihr mit Gal Gun gemacht? Double Peace hatte freilich auch seine Macken, doch das schräge Szenario holte für mich einiges heraus und ließ mich sogar den eigentlich indiskutabel miesen Vita-Port erdulden – so sehr hatte ich mich in dieses irrwitzige Werk verliebt. In Gal Gun 2 ist von diesen Stärken praktisch nichts übriggeblieben. Das ungewöhnliche Grundkonzept rund um die liebestollen Damen, die ihr mit Pheromon-Kugeln abwehrt, verkommt zum schmückenden Beiwerk für eine gewöhnliche Geschichte rund um dämonischen Schabernack. Da man nur noch von Fixposition zu Fixposition springt, ohne sich richtig durch die Umgebung zu bewegen, wirkt der Spielfluss ungemein starrer und die Level erscheinen um einiges öder, zumal man in der Regel nicht weiterkommt, bevor nicht alle anstürmenden Mädchen besänftigt sind. Vom Tempo und der Dynamik aus dem für Genre-Verhältnisse eigentlich auch schon eher gemächlichen Double Peace bleibt nichts. Man wird einfach das Gefühl nicht los, dass Gal Gun 2 ein VR-Spiel sein sollte, dann aber weder auf der Switch noch auf der PS4 über derartige Peripherie-Kompatibilität verfügt, was unweigerlich eine Frage aufwirft: Warum? Warum macht man sowas? Hinzu kommt, dass die Minigames und manche Missionen schlichtweg zu lange dauern und somit auch auf Dauer eher langweilen anstatt zu unterhalten. All das frustriert umso mehr, weil hin und wieder der alte, verspielte Geist von Gal Gun durchschimmert und gelegentlich trotzdem noch sowas wie Spielspaß aufkommt. Offen gestanden kann ich diesen Shooter aber nicht mal als Kuriosität empfehlen. Denn dafür fehlt es ihm insgesamt ironischerweise an Herz. Weiß nun, wie sich ein gebrochenes Herz anfühlt: Tjark Michael Wewetzer [Alanar] für PlanetSwitch.de

Wertung 31 / 100

Wäre gerne ein absurder VR-Shooter, ist aber leider nur eine ziemlich starre, eintönige Schießbude geworden, die im Schatten ihrer bizarren Vorgänger steht.

Pro

  • Ungewöhnliche Shooter-Idee…
  • Mehrere Enden
  • New Game+ erspart Sammelfrust

Contra

  • …die in einer 08/15-Geschichte ertrinkt
  • Eintönige, teils zu lange Missionen
  • Stockender Levelfluss
  • Keine deutsche Übersetzung

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