My Hero: One’s Justice

##bild80782links##Wenn ein Action-Anime Erfolge feiert, ist das dazugehörige Lizenzkampfspiel oft nicht weit entfernt. Diese Regel greift auch bei My Hero Academia, dem zurzeit äußerst populären Manga und Anime rund um aufstrebende Superhelden auf ihrem schulischen Weg zur Speerspitze des Heldentums. Aus lizenzrechtlichen Gründen muss das dazugehörige Spiel nun zwar den Namen seiner Vorlage leicht verschleiern, doch lasst euch nicht täuschen: My Hero: One’s Justice bietet trotz weggefallenem Academia im Titel noch immer alles, was die Vorlage zumindest vom Grundgerüst her auszeichnet. Leider waren meine ersten Anspieleindrücke auf der gamescom (zum Hands-On) alles andere als positiv, was ich zugegebenermaßen aber auch auf die vergleichsweise kurze Probesession geschoben habe. Hat sich dies nun also mit dem ausführlichen Heldentraining an der heimischen Konsole geändert? Soviel vorweg: Ja, das hat es tatsächlich, auch wenn One’s Justice noch immer alles andere als ein Oberhammer ist, der dem Motto der Akademie gerecht wird.

Wer sind all diese Leute und was tue ich hier?
Das fängt schon beim Story-Modus an, der Neulinge in der Materie beinahe komplett im Regen stehen lässt. Statt euch durch die gesamte Handlung bis zum ersten, großen Höhepunkt zu führen, beschränkt sich One’s Justice auf die Geschehnisse zwischen Band 6 und 11 des Mangas beziehungsweise Mitte Staffel 2 bis Mitte Staffel 3 der Anime-Adaption – wer also noch nicht über die Hintergrundinfos der Welt und der Hauptcharaktere verfügt, wird hier von einem extrem knappen Alibi-Intro abgesehen keinerlei Hilfen finden. Von daher kurz und bündig von mir: Bei My Hero Academia werden Menschen beinahe ausnahmslos mit als Macken bekannten, besonderen Kräften geboren, die sich unterschiedlich ausprägen. Manche Leute sind superstark, andere Tierhybriden, wieder andere können Elemente oder Materie manipulieren – und viele von ihnen streben eine Heldenkarriere an, die an entsprechenden Schulen wie der prestigeträchtigen Yuuei verfolgt werden kann. Hauptfigur Izuku „Deku“ Midoriya zählte ursprünglich zu den mackenlosen Unglücksraben, traf eines glücklichen Tages aber auf sein Idol und den Nummer-1-Profihelden All Might, der einen Nachfolger für seine vererbbare Macke suchte und von Dekus Heldenmut so sehr begeistert war, dass er ihn auserkor. Etwas Schulalltag mit Training, Büffeln und dem obligatorischen Sportturnier später steht für die Studenten der Klasse 1-A nun das Heldenpraktikum an und genau hier setzt One’s Justice an. Alle Klarheiten beseitigt? Gut. Jedenfalls wird diese Rahmenhandlung in an sich netten, aber leider arg komprimierten Comic-Szenen mit teils ruckelnden Animations-Sequenzen erzählt, was leider für kein zufriedenstellendes Erlebnis sorgt. Auch die an sich nette Idee, die Schurken-Seite rund um den Dinge verfaulen lassenden Vielhandmann Tomura Shigaraki nach Abschluss der ersten Geschichte in einer Zusatzsstory spielbar zu machen, verpufft leider dadurch, dass sie lediglich die entsprechenden Manga-Kapitel beziehungsweise Anime-Episodenteile zu einer durchgehenden Handlung verkettet und somit viele Kämpfe schlichtweg wiederholt. Wer sich hier irgendwelche interessanten Ideen und Ergänzungen erhofft, wird bitter enttäuscht.

##bild80784rechts##Aber gut, wer spielt denn schon Kampfspiele wegen ihrer Story? Zumal es gerade einmal einen einzigen Charakter gibt, den man durch Abschluss der Helden-Saga freizuschalten hat, und man für den reinen Durchmarsch durch die Kapitel nur vielleicht fünf bis acht Stunden braucht. Abseits der leicht gekürzten Erzählung bietet One’s Justice drei große Spiel-Modi: Einen Missions-Modus, klassische Versus-Partien sowie den kurioserweise am Ende des Hauptmenüs untergebrachten Arcade-Modus. Das klingt nach eher überschaubarem Stoff, doch gerade der Missions-Modus bringt ordentlich Inhalt mit. Hier könnt ihr euch nämlich auf sechs Kursen zuzüglich Tutorial austoben und über eine Übersichtskarte Schritt für Schritt Kämpfe durchgehen, die unter besonderen Bedingungen ausgetragen werden. Mal gilt es schlichtweg zu überleben, eine andere Stufe verbietet euch den Einsatz von Sprint-Manövern oder die Energieleiste des Gegner regeneriert sich stetig, wenn ihr ihn nicht weiter malträtiert. Nach altem Survival-Prinzip nehmt ihr übrigens eure verbleibende Restenergie stets in den nächsten Kampf mit, wobei euch jedoch Gegenstände zur Gesundheitsregeneration oder allgemeinen Stärkung zur Verfügung stehen und ein K.O. nur mit einer Punktestrafe geahndet wird. Auch interessant ist hierbei, dass ihr mit jeder abgeschlossenen Stage Erfahrungspunkte für eure eingangs ausgewählten Charaktere sammelt und diese stetig hochlevelt – hin und wieder winken sogar EP-Multiplikatoren, die den Prozess beschleunigen. Die Auswirkungen eurer Mühen sind blöderweise nicht direkt einsehbar, doch es besteht allein bei der Ausdauer und Schlagkraft der Figuren durchaus ein Unterschied darin, ob sie nun auf Level 1 in den Kampf ziehen oder auf Level 30. Und wer seine Kampfkünste im Missions-Modus beweisen möchte, kann auf einem speziellen Extra-Kurs mit Level-1-Charakteren einsteigen und seine dort erzielten Punktzahlen auf Online-Ranglisten verewigen. Insgesamt eine überraschend motivierende Beschäftigung, wenngleich sie dank des manchmal merkwürdigen KI-Verhaltens, das gerne zwischen kompetent und planlos hin- und herpendelt, auch schon mal leicht eintönig werden kann.

Wo in diesem Trümmerhaufen ist Deku?
Immerhin versucht My Hero: One’s Justice, bei den eigentlichen Fights etwas Tiefe reinzubringen. Oberflächlich betrachtet sieht alles nach einem klassischen 3D-Anime-Prügler aus. Zwei Kämpfer bewegen sich frei in einer kompakten Arena, Kombos werden maßgeblich durch mehrfache Betätigung einer Taste entfesselt und über die Schultertasten lassen sich die zwei vorher ausgewählten Sidekicks für kurze Attacken aufs Feld beordern. Bei den Attacken gibt es grundlegend drei Basis-Manöver, die sich nach dem Stein-Schere-Papier-Prinzip gegenseitig aushebeln: So brauchen Konterschläge lange zum Ausholen und schützen euch währenddessen nicht vor Schaden, können dafür aber auch nicht von normalen Attacken unterbrochen werden. Unblockbare Angriffe – in der Regel als Würfe umgesetzt – setzen wiederum Konter außer Gefecht, während reguläre Attacken durch ihre schiere Schnelligkeit gegen die unblockbaren Moves Wirkung zeigen. Für die Standard-Angriffe könnt ihr euch entweder auf automatisch ausgewählte Kombos verlassen oder im manuellen Modus die volle Kontrolle behalten. Auch wenn die vorgefertigten Angriffsketten durchaus Wirkung zeigen, kann man beim Kombo-Eigenbau deutlich eindrucksvollere Manöver aufs Parkett legen, sofern man sich in die Charaktere eingespielt hat. Da kommt definitiv einiges an Taktik ins Spiel, auch wenn die Ausführung in der Regel immer noch in wildem Tastengehämmere enden kann und sich manchmal einfach nicht rund anfühlt. Da helfen leider auch die charakterspezifischen Macken nicht viel, die zwar jedem der spielbaren Kämpfer eine persönliche Note verleihen und dafür sorgen, dass sich keiner gleich spielt, doch weniger chaotisch wird das Geschehen dadurch trotzdem nicht.

##bild80783links##Im Gegenteil: Das teils recht wilde Effektgewittter kann der Übersicht schaden, die aufgrund der suboptimalen Kamera und den zerstörbaren Elementen in den Arenen ohnehin schon leidet. So fallen Torbögen bereits bei der kleinsten Berührung zusammen und Tische im Klassenraum fliegen nach nur wenigen Sekunden wild umher – dabei dann zwei Kämpfer stets im Blick zu behalten grenzt an ein Kunststück. Richtig schmerzhaft wird dieser Umstand bei den zwei Arenen, die über Ring-Out-Regeln verfügen. Wenn sich die Fights aufgrund der wuchtigen Moves in Luftkämpfe wandeln, verliert man regelrecht den Boden aus den Augen und muss auf gut Glück hoffen, dass man hinterher mit beiden Beinen wieder im Ring landet. Da Luftsprints und andere, schnelle Bewegungen so geeicht sind, dass ihr stets auf den Gegner zustürmt, entwickelt sich ein gemeinsames Luft-Geplänkel somit zum äußerst unschönen Glücksspiel. Dank der wenigen Arenen mit diesem Regelwerk fällt dieses Manko zum Glück nicht allzu stark ins Gewicht, nervig bleibt es trotzdem.

Ein wahrer Held muss auch auf sein Äußeres achten!
Freischaltbare Charaktere gibt es, wie bereits erwähnt, gerade mal einen. Womit hält man sich also sonst bei Laune? Klarer Fall: Mit Accessoires und Profil-Deko! Jede der Story-Missionen sowie diverse Leistungen bringen euch anlegbare Gegenstände für alle Charaktere ein, die sich in Kostümsets speichern lassen. Außerdem kann euer spielinternes Online-Profil mit diversen Mottos und Bildern ausgestattet werden. Während letztere Elemente definitiv freigespielt werden müssen, lassen sich Kleidungsstücke optional auch mit erkämpften Münzen erwerben – das mindert gerade bei den Story-Missionen deutlich den Frust, da deren Geheimbedingungen für das jeweils letzte Bonus-Objekt euch erst verraten werden, sobald ihr sie einmal abgeschlossen habt.

##bild80781rechts##Und wo ich schon bei Äußerlichkeiten bin, kann ich auch auf die Optik zu sprechen kommen. Die ist an sich erstaunlich gut, wenn auch eher generisch. Klar sorgen schraffierte Schatten und große Soundeffekt-Wörter für einen netten Comic-Stil, doch insgesamt heben sich weder die Umgebungen noch die Charakter-Modelle großartig vom Anime-Kampfspiel-Standard ab. Das fällt gerade bei All Might etwas negativ auf, da seine überzeichneten Schattierungen quasi mit zu seinem Auftreten gehören und hier weitestgehend fehlen. Weitaus schlimmer sind jedoch die Ruckler, die insbesondere im Handheld-Modus auftreten. Wenn die Kontrahenten ihre Mackeneffekte um sich schmeißen und vor allem der Schurke Dabi mit seinem blauen Feuer mitmischt, steht ein stotternder Bildlauf praktisch an der Tagesordnung. Aber auch bei reichlich Gewühl mit Umgebungsobjekten geht die Bildrate merklich in die Knie – oder bei einigen Zwischensequenzen, wie ich oben im Story-Abschnitt angemerkt habe. Man merkt, dass One’s Justice trotz der stilisierten Optik nicht ganz für die Switch optimiert werden konnte, was den Gesamteindruck deutlich trübt. Immerhin: Die Musik ist recht ordentlich, wenn auch nichts Besonderes und nur vom Anime-Soundtrack inspiriert anstatt ihm entnommen. Dafür sind alle japanischen Sprecher der Vorlage dabei. Oh, und einen Online-Modus für Versus-Partien gibt es natürlich ebenfalls, nur war mir aufgrund eines verständlichen Spielermangels vorab keine Möglichkeit gegeben, diesen und die dazugehörige Verbindungsqualität auf die Probe zu stellen.

Fazit

Ich kann mich nur wiederholen: Ich mag die Manga-Vorlage und wünsche mir nichts sehnlicher als ein gutes My Hero Academia-Spiel. CyberConnect2 hat mit den späteren Naruto-Ablegern, von denen sich My Hero: One's Justice so einige Dinge abgeschaut hat, immerhin schon gezeigt, wie sowas geht. Leider kommt das Helden-Kampfspiel in keinster Weise an das Vorbild heran. Das fängt bei der unglücklich herausgeschnittenen Story an, die Neulingen keinen guten Startpunkt bietet und dank der mittelmäßigen Inszenierung auch Fans eher enttäuscht zurücklässt, und hört bei den eigentlichen Kämpfen auf. Zwar sind mit den vielfältigen Charakter-Fähigkeiten und dem Zusammenspiel der Angriffs-Varianten durchaus taktische Möglichkeiten gegeben, doch unterm Strich fallen die Fights noch immer zu simpel und auf Effekthascherei getrimmt aus, worunter nicht selten die Übersicht leidet. Dass bei den Blitzgewittern und Flammenmeeren zusammen mit dem ganzen Schutt und Kleinkram in den Arenen gerade im Handheld-Modus auch gerne mal die Bildrate deutlich einknickt, wiegt ebenfalls schwer. Als Hardcore-Fan der Vorlage, der sich einfach nur mit seinen Lieblingscharakteren im Ring behaupten möchte, ist der Titel natürlich immer noch brauchbar, doch solche Leute bräuchten im Prinzip auch nicht meine Ausführungen hier lesen und würden ohnehin blind zugreifen. Vorausgesetzt, ihr Liebling ist überhaupt im Hauptkader vertreten, denn bei den zig Figuren der Vorlage bleiben natürlich viele auf der Strecke. Nichtsdestotrotz: Unterm Strich ist One's Justice leider nur ein solides, aber vollkommen gewöhnliches Anime-Kampfspiel, das weit hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt und dessen Schwächen in hoffentlich geplanten Nachfolgern stetig ausgebügelt werden. Kurzschluss im Kopf: Tjark Michael Wewetzer [Alanar] für PlanetSwitch.de Vielen Dank an Bandai Namco für die freundliche Bereitstellung des Reviewcodes.

Wertung 52 / 100

Plus Ultra? Eher Sub-Par: Ein Lizenz-Prügler von der Stange, der trotz interessanter Ansätze im Mittelmaß hängenbleibt.

Pro

  • Interessantes Kampf-Grundgerüst…
  • Vielfältiges Kämpferfeld
  • Motivierender Missions-Modus
  • Reichlich Effekte und zerstörbare Objekte…

Contra

  • …das schnell im Chaos versinkt
  • Stark komprimierte Story, bei der man ohne Vorwissen keine Chance hat
  • Mittelmäßige Präsentation
  • …unter denen die Framerate leidet
  • Lädt unangenehm lang

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