##bild81058rechts##Während Nintendo gerade langsam und stetig eine kleine NES-Bibliothek aufbaut, geht Sega in die Vollen und schnürt ein Paket aus 51 Mega Drive-Spielen für die Switch. Gut, Sega Mega Drive Classics war ja auch schon auf anderen Plattformen zu haben, daher war hier „nur“ ein wenig Port-Arbeit notwendig. Und natürlich wird hier nichts gemietet, sondern ein Komplettset zum dauerhaften Besitz bezahlt. Ganz so, wie es sich für die klassische Retro-Sammlung eigentlich auch gehört. Aber das zuständige Entwicklerstudio d3t möchte auch mit einigen Boni locken, die euch die vielfältige Spielemischung noch schmackhafter machen sollen. Inwiefern das gelingt, kläre ich in diesem Testbericht.
Ab in die Vergangenheit
Das als Zocker-Zimmer aufgezogene Hauptmenü mit einem niedlichen Röhrenfernseher im Zentrum hat dabei schon mal Stil, offenbart jedoch auch schnell einige Schwächen. So könnt ihr mit dem Analogstick auch im reingezoomten Zustand zu anderen Menüpunkten springen, was jedoch auch dazu führt, dass im als Spieleregal visualisierten Game-Auswahlmenü nicht automatisch in die nächste Zeile gesprungen wird, sobald ihr am Ende der vorherigen angelangt. Stellenweise fehlende deutsche Übersetzungen in den Menüs fallen ebenfalls negativ auf. Klar sind das vergleichsweise Kleinigkeiten, doch da man augenscheinlich etwas Wert auf die Aufmachung gelegt hat, sollte die natürlich dann auch sauber funktionieren. Immerhin können Lieblingstitel markiert und ganz an den Anfang der Liste verschoben werden, um sie einfacher herauszupicken.
##bild81057links##Doch genug vom Rahmenprogramm, denn es geht ja eigentlich um die Sega-Klassiker! Die Auswahl ist dabei recht breit gefächert und deckt viele Eckpunkte der Konsolen-Historie ab, die zugegebenermaßen aber auch maßgeblich schon in vorherigen Sammlungen verbaut waren. Von Treasure-Titeln wie Gunstar Heroes, Dynamite Headdy und Light Crusader über die Brawler-Klassiker Streets of Rage 1 bis 3 sowie Golden Axe 1 bis 3 bis hin zum Aushängeschild Sonic the Hedgehog ist so ziemlich alles von Rang und Namen dabei. Kurioserweise wurde ausgerechnet beim blauen Igel sein wohl bestes Mega Drive-Abenteuer, Sonic 3 & Knuckles, ausgelassen, obwohl es die Modul-Kombo in der PC-Version – und auch nur da – durchaus gibt. Auch die Abwesenheit der Ecco the Dolphin-Reihe fällt auf, doch die Titel hätten eh eher historischen als spielerischen Wert gehabt. Außerdem wirken sich die wenigen Versäumnisse nicht negativ auf die schiere Masse an qualitativ starken Sega-Titeln aus. Rollenspielfans können sich in der Shining Force-Reihe sowie Phantasy Star 2 bis 4 austoben, Freunde von Action-Plattformern versuchen sich an der knallharten Shinobi-Trilogie und selbst ein paar interessante Geheimtipps wie ToeJam & Earl, The Story of Thor und LandStalker sind mit dabei. Besonders cool bei letzteren beiden: Die jeweiligen deutschen Versionen sind hier ebenfalls mit an Bord. Das ist jedoch auch nur bei diesen zwei Titeln der Fall, alle anderen sind maßgeblich in Englisch und bieten allenfalls eine japanische Alternativ-Fassung an. Überhaupt halten sich die Boni pro Spiel eher in Grenzen. Manche verfügen über Online-Ranglisten, andere bieten eine spezifische Herausforderungsaufgabe oder ein Ingame-Achievement. Anleitungen, Hintergrundinfos oder ähnliche Extras werden schmerzlich vermisst.
Moderne Helfer
Dafür gibt es zumindest bei der Emulation der Titel ein wenig zu Schrauben. Neben diversen Grafikfiltern lassen sich die durch die Original-Hardware vorgegebenen Sprite-Limits abschalten, die 4:3-Standard-Darstellung auf Breitbild strecken und auch eine Röhren-TV-Wölbung simulieren, wobei letztere am virtuellen Fernseher irgendwie falsch aussieht. Es sind bis zu vier Savestates pro Spiel anlegbar und reguläre Speicherfunktionen der Spiele, soweit vorhanden, werden selbstredend ebenfalls unterstützt. Noch besser: Ihr könnt das Spielgeschehen mit ZL und ZR jederzeit vor- oder zurückspulen, letzteres dabei sogar erstaunlich weit zurück, wenn auch im gefühlten Schneckentempo. Das senkt bei einigen Titeln natürlich ungemein den Frustfaktor und macht langsamere Momente wie den extrem gemächlichen Einstieg von Light Crusader immens angenehmer.
##bild81054rechts##Und wer seine Mega Drive-Erinnerungen gerne mit anderen teilen möchte, kann alle multiplayerfähigen Spiele selbstredend auch mit einem Mitspieler genießen. Theoretisch sogar online, wobei diese Variante in meiner Spielphase um den Launch-Herum aufgrund der teils extremen Eingabeverzögerungen praktisch unspielbar war. Dass es dann auch nur die Option zum automatischen Matchmaking gibt und man nicht gezielt Switch-Freunde einladen kann, stößt ebenso sauer auf. Es bleibt also im Prinzip nur die traditionelle, lokale Variante übrig, die dafür problemlos mit nur einem Joy-Con funktioniert.