Mega Man 11

Es war wieder einmal ein großes Mega Man-Jubiläum und das schreit doch geradezu nach einem neuen Spiel in dieser nun lang vernachlässigten Reihe! Genau dies kündigte Capcom auch vor etwas mehr als einem Jahr mit Mega Man 11 an, das den blauen Kampfroboter im neuen Gewand zurück auf den Bildschirm zaubern sollte. Soll heißen: Es steht kein Abenteuer in NES-Pixeloptik auf dem Plan, sondern etwas, das stilistisch stark nach dem aussieht, was sich Fans damals zum Kickstarter-Start des gescheiterten Erbversuchs Mighty No. 9 vom Konzept her versprochen haben. Ob dies aber auch spielerisch gelungen ist oder ob Capcom das Spiel mit vollem Anlauf gegen die Wand gefahren hat, um den verbleibenden Mega Man-Fans den letzten Funken Hoffnung zu rauben, zeige ich euch in diesem Test.

Mit der Kraft der zwei Zahnräder
##bild81152rechts##Bei der Handlung bleibt der Grundriss abermals beim Alten. Der böse Wissenschaftler Dr. Wily schmiedet also mal wieder Eroberungspläne, reißt sich zu diesem Zweck ein paar Roboter aus Dr. Lights Wartungsabteilung unter den Nagel und baut sie mit seiner Erfindung aus Studentenzeiten um: Dem Double-Gear-System. Blöderweise funktioniert dieses Ding auch noch gut, weswegen Dr. Light seine beste Schöpfung Mega Man ähnlich aufmotzen muss – der alte Robotik-Professor hat nämlich den damals verworfenen Prototypen von Wily aufgehoben, der nun in Mega Mans Schaltkreisen tickt. Entsprechend aufgemotzt macht sich der tapfere Maschinen-Held auf, um den wahnsinnigen Wissenschaftler zum nunmehr elften Mal in die Schranken zu weisen. Mittlerweile sollte er ja Übung darin haben.

Entsprechend klassisch geht der allgemeine Spielverlauf vonstatten. Ihr wählt zunächst frei aus acht Stages aus, welche ihr zuerst angehen möchtet, und arbeitet euch so schrittweise durch die Bosse. Jede Stufe bietet dabei dem Chef entsprechende Tricks und Gemeinheiten. Der explosive Blast Man schickt euch beispielsweise durch einen heruntergekommenen Vergnügungspark, in dem noch reichlich Sprengladungen herumliegen, die bei Beschuss oder Entzündung einer Lunte in die Luft gehen. Klingt nicht sonderlich problematisch, wird es jedoch, sobald besagte Explosionsboxen als Plattform zu dienen haben! Im Level von Torch Man wiederum räumt ihr ein Sommerlager bei Nacht auf, in dem sich so einige fiese Roboter niedergelassen haben und euch entweder auf Metallplattformen grillen oder gar mit Feuerwänden jagen. Durch all diese Kniffe kommt enorm viel Abwechslung ins Spielgeschehen, auch wenn das traditionelle End-Areal dieses Mal leider deutlich weniger kreativ und knifflig ausfällt, als man es von den anderen Höhepunkten der Seriengeschichte gewohnt ist.

##bild81157links##Dies soll jedoch nicht bedeuten, dass der Trip leicht sei! Die Sprungpassagen sind teilweise ziemlich eng und trotzdem stets fair bemessen, während Überraschungsgegner wie gewohnt dafür sorgen, dass ihr nie einfach bedachtlos voranpreschen könnt. Nach ein paar Anläufen und Fehlversuchen hat man diese Gemeinheiten in der Regel jedoch verinnerlicht und überwindet jedes Hindernis mit Leichtigkeit. Dabei hilft nicht zuletzt das bereits angesprochene Double-Gear-System: Über die Schultertasten könnt ihr entweder die Power von Mega Mans Armkanone verstärken oder den Zeitfluss verlangsamen. Gerade letztere Fähigkeit ist ein Segen für die tückischen Hüpfabschnitte und erleichtert den Kampf mit den Robo-Schergen enorm. Ein Freifahrtschein für den Sieg sind die Booster jedoch nicht. Sie lassen sich nämlich beide nur für begrenzte Zeit einsetzen – übertreibt man es, überhitzt Mega Man und muss erst warten, bis er wieder auf die Double-Gear-Kommandos zurückgreifen kann.

Nur nicht den Kopf verlieren!
Die neuen Tricks stehen übrigens nicht nur euch zur Verfügung, sondern sind auch Teil der brandneuen Bosse. Jeder von ihnen beginnt den Kampf dabei recht normal und vergleichsweise harmlos. Ab einem bestimmten Punkt greifen sie jedoch alle auf eine der Double-Gear-Fähigkeiten zurück und sorgen dafür, dass man sich nie zu sehr in Sicherheit wägen kann. Das macht die Fights herrlich hektisch und ungemein unterhaltsam. Da trotz der wilden Aktionen jedes Bewegungsmuster erlernbar bleibt, hat man auch stets das Gefühl, trotz aller Widrigkeiten eine Chance gegen die Levelendbosse zu haben – nicht zuletzt, weil man selbst ein installiertes Double Gear in den Schaltkreisen hat. Besonders cool: Mit dem Power Gear lassen sich auch die von Bossen erbeuteten Extra-Waffen verstärken und beschwören etwa im Falle von Block Mans Fähigkeit einen Steinblockhagel herbei anstelle ein paar weniger Klötze. Überhaupt sind die neuen Power-Ups durch die Bank weg gelungen. Sie glänzen durch vielseitige Einsatzgebiete mit unerwarteten Sekundärattributen, die kniffligere Passagen in den Leveln spürbar einfacher machen, und erweisen sich auch im Kampf als ungemein praktisch. Dass man die Waffen nun auch schnell mit dem rechten Stick durchschalten kann, gefällt ebenso. Die zwei Skills von Mega Mans treuem Hundegefährten Rush sind sogar noch praktischer über die X- und A-Taste erreichbar – langwieriges Menügeklicke gehört somit der Vergangenheit an.

Für jedes Kaliber Spieler
##bild81155rechts##Neueinsteiger brauchen im Angesicht des berühmt-berüchtigten Schwierigkeitsgrades übrigens nicht in Panik verfallen. Mega Man 11 ist extrem einsteigerfreundlich und bietet sogar vier unterschiedliche Härtegrade zur Auswahl an – der Einfachste davon schützt euch beispielsweise allein schon vor den vielen Fallgruben und tödlichen Stacheln. Ansonsten regeln die Stufen primär die Dichte an Regenerationsobjekten sowie die Angriffs- und Verteidigungsstärke des Protagonisten. Damit sind sowohl eingerostete Fans als auch gestählte Veteranen gleichermaßen gefordert. Und wem das noch nicht reicht, der kann sich an einer Vielzahl von Bonus-Herausforderungen versuchen, die diverse Level-Elemente neu mischen. Und in technischer Hinsicht kann sich Mega Man 11 definitiv sehen lassen. Klar wirken manche Charaktermodelle etwas arg kantig und man merkt schon, dass hier mit einem kleineren Budget gearbeitet wurde, doch der cartoonhafte Grafikstil holt immens viel heraus. Nie sahen die Explosionseffekte schöner aus, die Umgebungen strotzen nur so vor kleinen Details im Hintergrund und die Animationen von Freund und Feind sind so lebhaft, dass man gar nicht mehr glaubt, es mit Robotern zu tun zu haben. Hinzu kommt ein großartiger, treibender Soundtrack, der direkt ins Ohr geht und die Stages gekonnt untermalt.

Fazit

So feiert man ein Jubiläum! Mega Man 11 mag zwar keine absolute Revolution der nunmehr 30-jährigen Reihe sein, vermengt jedoch die Elemente, für die sie bekannt ist, gekonnt mit kleinen, neuen Einfällen. Das Ergebnis? Pure Action-Plattformer-Freude. Jede Stage wirkt bis ins kleinste Detail ausgeklügelt sowie fordernd und dabei stets fair. Die neuen Extra-Waffen sind allesamt klasse, spaßig zu benutzen und vielseitig einsetzbar. Die Double-Gear-Fähigkeiten sorgen dafür, dass man sich selbst im Angesicht der haarigsten Passagen nie vollkommen überwältigt fühlt. Und die Bosse, die ebenfalls von den neuen Gear-Skills Gebrauch machen, sind aufgrund der dadurch entstehenden Muster-Abweichungen spaßiger denn je. Nicht zuletzt weiß Capcoms jüngster Streich auch auf einer audiovisuellen Ebene mit einmaligen Musikstücken und einem stimmigen Grafikstil zu überzeugen. Da verzeiht man schon fast, dass dem Titel auf letzter Strecke seines zwei bis drei Stunden langen Durchmarsches ein wenig die Puste ausgeht und die Finalabschnitte vergleichsweise schnell abgehakt sind. Dennoch: Ob ihr nun langjährige Mega Man-Fans seid oder noch nie mit dem Blauhelm Kontakt hattet, durchaus aber für knackige Jump-'n'-Run-Action zu haben seid: Mega Man 11 gehört zum Genre-Pflichtprogramm! Setzt direkt zur nächsten Runde an: Tjark Michael Wewetzer [Alanar] für PlanetSwitch.de

Wertung 5 / 5

Erstklassiges Revival eines alten Helden: Dank Double Gear und klasse Bossfights strahlt der Stern von Capcoms altem Maskottchen heller denn je!

Pro

  • Abwechslungsreiche, fordernde Level
  • Ungemein spaßige Bosskämpfe
  • Vielseitige, praktische Extra-Waffen

Contra

  • Leicht enttäuschende End-Level

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