##bild81999rechts##„Kotodama (wörtlich: Wortseele) bezeichnet in der japanischen Sprache Wörter, denen eine sprachmagische Wirkung zugeschrieben wird“ – so die Definition von Wikipedia (Link). Seit einigen Wochen steht der Begriff aber auch für eine Visual Novel von PQube, die sich um Gerüchte und Geheimnisse dreht. Kotodama: The 7 Mysteries of Fujisawa verspricht laut eShop-Werbetext eine absichtlich klischeebeladene Geschichte, die man als Grundlage zur Überraschung des Spielers nutzen wolle. Dass dies jedoch bestensfalls im Ansatz gelingt und insgesamt nicht so recht zünden möchte, habe ich in meinem vielleicht sieben bis acht Stunden tragenden Spieldurchlauf erfahren dürfen.
Welt der Wunder
Ihr verkörpert einen Austauschschüler, der nun in der Fujisawa-Schule dem Lern-Alltag nachgehen soll. Ganz normal seid ihr jedoch nicht, denn ihr habt zuvor mit dem als possierliches Kätzchen auftretenden Dämonen Mon einen Vertrag abgeschlossen und könnt mit euren Kräften Leute dazu bringen, ihre Geheimnisse zu offenbaren. Und das wird äußerst schnell praktisch, denn schnell verwickelt euch das stets gut gelaunte Energiebündel Nanami Kagura in die sieben großen Mysterien des Instituts – sie ist nämlich Teil eines Clubs, der genau diese und andere Mythen erforscht. Entsprechend dreht sich jedes der Kapitel der Visual Novel ebendiesen Geheimnissen, denen ihr erstaunlich schnell auf die Spur kommt. Für moderat schnelle Leser trägt kaum ein Kapitel länger als 40 Minuten, wodurch das Ende recht schnell erreicht ist.
##bild81998links##So könnte man jedenfalls denken. Tatsächlich verläuft die erste Runde streng linear, bevor euch Kotodama im zweiten Anlauf dann nach bester Genre-Manier auch ein paar Entscheidungen treffen lässt. Je nach gewählten Optionen winken andere Dialoge und ganz neue Facetten der Geschichte eröffnen sich – manche Ereignisse nimmt man mit den neuen Erkenntnissen aus einem völlig anderen Blickwinkel wahr. Allzu viele alternative Enden gibt es dennoch nicht. Ignoriert man die vielen Möglichkeiten, sich in eine Sackgasse zu bugsieren, bleiben genau zwei Spielausgänge übrig und das wahre Ende ist dank Hinweismarkierungen bei wiederholten Anläufen sogar ganz ohne wilde Herumprobiererei erreichbar. Viel schwerer wiegt hierbei jedoch, dass selbst die Auflösung der Mysterien sich irgendwie alles andere als zufriedenstellend anfühlt. Klar ist das zu gewissen Teilen gewollt, doch abseits eines großen Schockmoments, der vermutlich nur bei ähnlichen Angsthasen wie mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen dürfte, doch großartig auf den Kopf gestellt, wie es die eShop-Beschreibung versprach, wurde hier im Prinzip nichts. Selbst das wahre Ende entlockte mir kaum mehr als ein enttäuschtes „Das war’s?“
Juwelen der Wahrheit
Womit sich Kotodama von ähnlich gearteten Spielen abzuheben versucht, ist der titelgebende Eingriff in die Gedankenwelten eurer Mitmenschen. An vorgegebenen Stellen werdet ihr in ein kleines Match-3-Minispiel verwickelt, bei dem ihr euren Kontrahenten durch reichlich Juwelenkombinationen zufriedenstellen müsst. Dafür steht euch nur eine begrenzte Anzahl von Zügen zur Verfügung, von denen ein paar beim Erreichen bestimmter Fortschrittsmeilensteine in der Partie oder durch Einsatz von Hilfsobjekten regeneriert werden können. Leider ist die Spielmechanik dahinter ziemlich spaßbefreit: Statt taktischer Steinchenverschieberei schubst ihr einfach das ausgewählte Juwel an die Spitze der Spalte und lasst alle darüber befindlichen Elemente nachrutschen. Dabei gebildete Dreierketten werden dann aufgelöst. Klingt simpel und ist es trotz angeblich unterschiedlicher Wirkungskraft der farbigen Steinchen auch. Nicht zuletzt ist das Minispiel in der Regel äußerst einfach bewältigt, was ganz gut so ist, da man bei einem Game Over kommentarlos zum Titelbildschirm zurückbefördert wird. Häufiges manuelles Speichern ist also Pflicht und glücklicherweise jederzeit möglich, auf der Suche nach dem richtigen Ende kann man dennoch schon mal beim Schnelldurchlauf durch bereits gelesene Passagen versehentlich Mist bauen, nur um dann alles noch einmal durchklicken zu müssen. Ärgerlich!
##bild82000rechts##In optischer Hinsicht hebt sich die Erzählung leider auch nicht großartig von der Konkurrenz ab. Der Stil mag in Ordnung sein, doch das 08/15-Schulsetting bietet schlichtweg nichts, was man nicht schon mal irgendwo anders gesehen hätte. Selbst ein Kernpunkt des Match-3-Spielchens ist nichts besonderes: Hier wird euer Gesprächspartner nämlich im Laufe der Partie bis auf die Unterwäsche ausgezogen. Warum? Weil eure Spielfigur pervers ist. Ohne Witz, das ist die Erklärung des Spiels. Laut Dämonenbegleiter Mon gibt es keine Regel dafür, dass der Prozess so visualisiert werden müsse – sie entstamme lediglich der perversen Gedankenwelt eures Charakters. Und man würde nichts von Wert verlieren, wenn das Feature fehlte.