Thief Simulator

Simulatoren können ganze Heerscharen von Spielern und Spielerinnen begeistern, dafür gibt es mehr als genügend Beispiele. Legenden wie der Euro Truck Simulator 2 und der Landwirtschafs-Simulator von Giants Software können eingefleischte – und nicht gerade kleine – Communitys vorzeigen. Nicht zuletzt sorgte erst Software-Gigant Microsoft auf der E3 für ordentlich Furore, als die Rückkehr des legendären Flight Simulators angekündigt wurde – mitsamt durch KI fotorealistisch erstellte Landschaften. Nun, mit Realismus nimmt unser heutiger Testkandidat Thief Simulator leider nicht so genau. Zur Verteidigung: Hinter diesem kleinen Titel steckt auch nur ein kleineres Team und mit ziemlicher Sicherheit auch keine satellitenbilderauswertenden Serverfarmen. Blöd nur, dass die Prämisse des Spiels ziemlich viel Potenzial hergibt. Ob der Langfinger-Simulator dieses Potenzial ausfüllt, das erfahrt ihr im folgenden Kurztest.

Wer bin, wo bin ich? Sei ruhig Vinny!
##bild81976rechts##Es ist schon komisch, dass so viele Videospiele Klau-Mechaniken bieten, aber kein Studio sich je so richtig an das Tagesgeschäft eines herkömmlichen Diebes herangetraut hat. Ja, ich weiß, da gibt es ja die großartigen Payday-Spiele, doch bilden diese eher den hochgradig durchorganisierten und millionenschweren Bank- und Juwelenraub ab, gepaart mit actionreichen Ballereien. Die „Heists“ im Thief Simulator fallen doch eher gemächlicher aus. Dabei bilden sie aber auch so ziemlich das ab was ein „Kleindieb“ halt so macht: Beobachten, Klauen, und anschließend die Ware verhökern. Diese drei Vorgänge beschreiben auch grob den Großteil des Gameplays.

Als namenloser Amateur-Langfinger findet man sich in einer recht geräumigen Garage als Dreh- und Angelpunkt wieder. Geleitet wird man durch eine – immerhin mit einem Namen versehene – Stimme im Telefon. Besagter Vinny erklärt uns zunächst die Steuerung und elementare Abläufe im Diebesalltag, kann aber auch beizeiten echt zur Plage werden. Dabei ist unser weiser Anführer doch so ziemlich die einzige halbwegs menschliche Interaktion in diesem Spiel. Der Rest wirkt nämlich leider sehr, sehr seelenlos und kalt. Zur Erledigung angenommener Aufträge muss man sich zunächst in sein Auto begeben – und hier fängt der Trott an. Tür öffnen, hinsetzen, starten, Ladezeit, durch die Siedlung fahren und beim richtigen Haus parken. Das mag die ersten paar Male noch interessant sein, wird aber mit der Zeit ordentlich repetitiv.

##bild81978links##Dort angekommen hat man nun allerlei Möglichkeiten vorzugehen. Durch das Fenster einsteigen, oder doch lieber zur Vordertür rein? Der Spieler hat die Wahl. Je nach Vorgehen sollte man aber auch immer die Umgebung im Blick haben, da findige Nachbarn auch gerne Mal auf Streifzug gehen und bei jeder Kleinigkeit Alarm schlagen. Irgendein Trottel hat seinen Wagen rücksichtlos auf dem Gehweg abgestellt? Ruft die Polizei, das muss ein Dieb sein. Jemand betritt durch das Gartentor ein Grundstück? Alarm! Sinnvoller ist es dann schon, wenn man ein Fenster einschlägt oder mit einem Gemälde zur Vordertür herausspaziert und dafür die Sirene abbekommt. Ihr merkt schon, das Spiel hat Ambitionen, möglichst viel Tiefe in die Sache zu bringen, geht bei dem Versuch in der Umsetzung aber leider kläglich zu Boden.

Vom Kleingauner zum Hightech-Dieb
Immerhin motiviert es zumindest etwas, dass einem im Laufe des Spiels immer mehr coole Gadgets zugänglich gemacht werden. Zerdeppert man zu Beginn noch mit dem Kuhfuß die Glasscheibe, kann man das später schon wesentlich dezenter mit einem Saugnapf samt Glasschneider erledigen. Auch die Werkzeuge zum Schlossknacken werden immer ausgefeilter und kommen sogar mit eigenen, netten Minispielen daher. Bis man sich diese vielversprechenden Helferleine jedoch ergrindet hat, können schon mal ein paar mehr oder minder öde Stunden ins Land gehen. Immer wieder raubt man sterile, mit hölzernd animierten NPCs versehene Vorstadthäuser aus und steckt dabei alles ein was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Wir reden hier aber keineswegs von Schmuck, Geldkassetten oder gar Fahrzeugbriefen, nein, nein! Stattdessen greifen wir zu Beginn lieber zum Toaster, zum Essgeschirr oder der feinen Mikrowelle. Viel zum Leben brauchen die Menschen der Siedlung scheinbar nicht. Dieses „Diebesgut“ verkloppen wir anschließend bei lokalen Pfandleihhaus oder nehmen es bei Bedarf mit Hause, um es dort zu lagern und bei Gelegenheit online an Interessenten für mehr Geld zu verkaufen.

##bild81977rechts##Immerhin wird der sonst so triste Diebesalltag schnell schwerer. Räumt man anfangs noch menschenleere Häuser aus, tummeln sich dort später schon ganze Familien, die ihren Gewohnheiten nachgehen. Hier kommt dann neben dem Planen des Einstiegs, auch noch das Beobachten der Routinen und das Abpassen des richtigen Zeitpunkts. So kann man beispielsweise – entsprechende Werkzeuge vorausgesetzt – ganz einfach nachts einsteigen, sollte dabei aber Lärm möglichst vermeiden. Kurioserweise schlich ich einmal extrem vorsichtig am offenen Schlafzimmerfenster vorbei und wurde aber sofort erwischt, da der Bewohner scheinbar mit offenen Augenschläft und bei jedem Rascheln die Polizei ruft. Kein Problem, denkt man sich als erfahrener Langfinger. Ein Sprung in die Mülltonne und schon läuft die herbeigerufene Polizei ins Leere. Das kann man sogar so weit treiben, dass man direkt vor dem in die Straße einbiegenden Cop-KFZ in die Mülltonne steigen kann. Es kommt sogar teils ein Amtsträger bis vor die Luke gelaufen! Dort bleibt er jedoch in den meisten Fällen nur kurz stehen (genießt den Geruch oder so) und sucht dann wieder das Weite. Selten musste ich beim Test eines Videospiels so lachen, das es nicht auf einen Witz angelegt hat.

Nun könnte ich noch weiter beschreiben, was im weiteren Spielverlauf noch alles auf die Spielerschaft zukommt, doch ändert das am eigentlichen Problem nichts. Es kommt einfach kein Feeling auf. Dazu gesellt sich die oft sehr ruckelige, obwohl sehr simple Darstellung, sowie die ordentlich sperrige Steuerung. Nicht selten muss man in merkwürdigen Winkeln an ein interaktives Objekt herantreten, oder punktgenau darauf zielen, um etwas betätigen zu können. Da kommt mit einem Analogstick nicht unbedingt Freude auf. Auch klanglich hat man hier nichts zu erwarten, klar, der Dieb hört auch nicht Disturbed oder Backstreet Boys während er Häuser leermacht. Dennoch wären ein paar authentische Umgebungsklänge oder eine halbwegs realistisch anmutende Fahrphysik im Auto sicher ein Gewinn gewesen.

Fazit

Thief Simulator nimmt sich eine Nische zur Brust, die eigentlich recht viel Potenzial birgt, aber auch ein sehr ambitioniertes Entwicklerteam und ein großzügiges Budget benötigt. Thief Simulator geht daher schmiert daher leider beim Versuch, einen realistischen Diebesalltag abzubilden, sang- und klanglos ab – klanglos ist dabei wörtlich zu nehmen. Zwar kann man sich dank wachsendem Portfolio an Aufträgen und Gagdets gut und gerne über zwanzig Stunden beschäftigen, jedoch dürfte den meisten dank mieser Qualität und monotonem Gameplay schon (wie in meinem Fall) nach ein paar Stunden die Luft ausgehen. Man bleibt mit der Frage zurück, wie sich wohl ein Thief Simulator 2 aus der Feder eines etablierten AAA-Studios gespielt hätte. Eine nach wie vor sehr vielversprechende und interessante Nische, jedoch sollte man von diesem Versuch dies umzusetzen tunlichst die Finger lassen, zumal der Preis mit seinen 19,99 Euro für die gebotene Qualität (zufällige Crashes inklusive) etwas hoch erscheint. Keine Macht den Langfingern: Sebastian Mauch [Paneka] für PlanetSwitch.de Vielen Dank an Forever Entertainment für die freundliche Bereitstellung des Reviewcodes.

Wertung 2 / 5

Interessante Langfinger-Simulation, die jedoch schnell abstumpft.

Pro

  • Diebes-Alltag kann interessant sein…
  • Großes Portfolio an Einbruchswerkzeugen

Contra

  • …wird aber sehr schnell monoton
  • Miese Performance samt Crashes
  • Hakelige Steuerung

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