##bild81964rechts##Früher war nicht unbedingt alles besser, jedoch zumindest spürbar anders. Das wird einem vor allem dann bewusst, wenn man etwas aus der Vergangenheit in die Gegenwart holt. Zum Beispiel einen selbsternannten Frauenhelden mit markanter Polyester-Montur. Richtig, Larry Laffer ist zurück und versucht sich nach den zwei mäßig-bis-katastrophalen Zwischenspielen mit seinem Neffen nun wieder an einem klassischen Adventure – eines, das kürzlich auch auf der Switch gelandet ist. Und tatsächlich ist Leisure Suit Larry: Wet Dreams Don’t Dry deutlich besser geworden, als man es von dem 80er-Jahre-Protagonisten erwarten würde, selbst wenn deutliche Schwächen bestehen bleiben.
Bitte welches Jahr haben wir?!
Das eingangs beschriebene Szenario ist übrigens tatsächlich die Ausgangslage des Spiels: Aus unerfindlichen Gründen befindet sich Larry statt in seinen liebgewonnnen 80er Jahren nun im modernen, 2010er Umfeld und muss sich dementsprechend an den gesellschaftlichen Wandel gewöhnen. Technische Errungenschaften sind weiter verbreitet, jeder schleppt ein Smartphone mit zig Programmen mit sich herum und selbst Dating läuft nun über Apps. Das erste „leuchtende Rechteck“, wie Larry das Mobiltelefon identifiziert, ist sogar ein wertvoller Prototyp der Apple-Persiflage Prune mitsamt einer hochentwickelten KI an Bord. Das elektronische Wunderwerk interessiert ihn jedoch herzlich wenig, weswegen er es – wie vom Gerät gewünscht – direkt im Firmenhauptquartier abgibt und dort stattdessen Faith, die rechte Hand des Oberhaupts Bill Jobs, anbaggert. Nun möchte die jedoch nichts von Larry hören, bis er 90 Punkte auf der verbreitetsten Dating-App errungen hat. Und somit haben wir nun die Hauptaufgabe des Polyester-Cowboys: Über die simulierte Tinder Timber-App mit diversen Frauen ausgehen und punkten, bis unser Hauptakteur seine neue Traumfrau erobern kann! Oh, und nebenher scheinen Faith und Mr. Jobs größere Pläne zu schmieden, die hin und wieder in kurzen Szenen angedeutet werden. Sicherlich nichts von größerer Bedeutung!
##bild81966links##Was folgt ist ein um die acht bis zehn Stunden in Anspruch nehmendes Adventure alter Schule, bei dem ihr auf alles klickt, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, und mal mehr, mal weniger logische Kopfnüsse knackt. Ist der Einstieg noch recht linear gehalten, lässt euch Wet Dreams Don’t Dry ab der ersten Runde Timber-Bekanntschaften etwas freiere Hand. Dann macht ihr euch nach und nach an drei Kontakte heran, die ihr beinahe in beliebiger Reihenfolge angehen könnt. „Beinahe“ deswegen, weil gerne viele Objekte aus anderen Knobel-Routen für die jeweiligen Objekte der Begierde vorausgesetzt werden. Wirklich voneinander abgekapselt läuft keine der Rätsel-Ketten. Auf der anderen Seite kommt so auch recht selten Frust auf, weil man immer wieder eine andere Aufgabe hat, der man sich im Falle einer Denkblockade widmen kann. Nervig bleibt hierbei jedoch, dass man in vielen Fällen gerne mal zwischen zwei Punkten hin und her rennt, nur um dort jeweils eine Kleinigkeit zu erledigen. Da das Reisesystem unter den mehrere Abschnitte umfassenden Schauplätzen zudem nur an festgelegten Punkten funktioniert – man kann die als „Unter“ titulierten Pseudo-Taxen nun mal nur an eine Straße beordern – wird man häufig zu ausgiebigen Fußmärschen verdammt.
Dass dabei trotzdem noch ein guter Spielfluss bestehen bleibt, verdankt Wet Dreams Don’t Dry seinen guten Aufgaben. In der Regel gilt: Wer sich ausgiebig umhört und jedes Objekt untersucht, findet recht schnell den richtigen Lösungsweg. Auf Knopfdruck lassen sich, ganz dem modernen Genre-Standard üblich, auch alle interagierbaren Hotspots anzeigen. Dadurch kommt zumindest kein Frust durch übersehbare Objekte auf. Oder zumindest beinahe kein Frust, denn durch Spielfortschritt erreichte, gelegentliche Änderungen in gewissen Gegenden sind nicht immer intuitiv erkennbar. Da wirkt es beinahe so, als hätten die Entwickler darauf gesetzt, dass der Spieler irgendwann planlos durch die Landschaft marschiert und einfach alles noch einmal abklappert – denn genau so bin ich über einige dieser Ergänzungen gestolpert. Immerhin bleiben die meisten Puzzles dafür in sich logisch, selbst wenn die Logik an sich in der echten Welt hinterfragt werden würde. Das hier ist schließlich immer noch ein Comedy-Adventure.
Sauberer Auftritt für den Herren mit den schmutzigen Gedanken
##bild81967rechts##Und was hilft immens bei einer guten Komödie? Klar, die passende Darbietung! Glücklicherweise wird die in der deutschen Vertonung auch geboten, denn sowohl Larry als auch den restlichen Bewohner von New Lost Wages wurde einmalig Leben eingehaucht – auch wenn Larrys Sprecher aus den vorherigen Spielen nicht mehr an Bord ist. Auch in optischer Hinsicht braucht sich das Adventure nicht zu verstecken und bietet detaillierte Comic-Schauplätze mit einem augenzwinkernd-versauten Touch. Zudem habe ich in technischer Hinsicht bei der Switch-Umsetzung keine bedeutenden Beschwerden einzureichen: Das Spiel lädt angenehm flott, sieht gut aus und steuert sich trotz Analogstick-Mauszeiger gut. Lediglich die Tatsache, dass die Shortcut-Eingaben für die Schnellreise, Timber und die Videogalerie die Menünavigation mit dem Steuerkreuz verhindern, stieß mir etwas sauer auf, doch dafür ist immer noch der linke Stick nutzbar.