Eine Visual Novel mag ja, so seicht das Endergebnis leider auch war (zum Test), noch für die Senran Kagura-Reihe nachvollziehbar sein. Aber ein Flipper-Spiel? Na, das kann ja was werden! Zur allgemeinen Überraschung blieb Senran Kagura: Peach Ball zudem nicht bloß in Japan, sondern wagt dank XSEED und Marvelous Europe auch den Sprung in hiesige Gefilde. Ob es als virtueller Pinball-Spaß auch etwas taugt oder sich allein mit den offensichtlichen Reizen durchzumogeln versucht, das kläre ich in diesem Test.
Zähme das Tier in ihr
##bild82114rechts##Immerhin einer Senran Kagura-Spinoff-Tradition bleibt Peach Ball treu: Es gibt wieder eine wunderschön bescheuerte Prämisse. Während eines Videospielturniers kommen fünf der Damen aus dem Shinobi-Kader mit einer mysteriösen Substanz in Kontakt, durch die sie sich nun wie Tiere verhalten und komischerweise sogar direkt passend – sowie selbstverständlich extrem luftig – gekleidet sind. Haruka von der Crimson Squad, die für den Schlamassel verantwortlich ist, will dies natürlich umgehend rückgängig machen und hat auch schon das passende Gegenmittel parat: Der Peach Ball, eine aromatische Flipperkugel, die erst hinreichend mit der Zielperson in Kontakt gebracht werden muss, bevor sie ihre Wirkung entfaltet. Und hier kommt ihr ins Spiel, denn niemand geringeres als die Person an den Joy-Cons soll die auf unterschiedliche Art auf die Flipper-Automaten gelockten Ninja-Schülerinnen durch geschickte Ballkunst wieder zurückverwandeln. Na dann… Die Geschichte entfaltet sich übrigens in fünf alternativen Handlungssträngen – einer pro Charakter – die allesamt je fünf Missionen umfassen. Damit seid ihr je nach Flipper-Geschick zumindest gute fünf Stunden beschäftigt, wirklich tiefgründig oder gar hochgradig komisch ist die Story jedoch insgesamt nicht. Dafür kommen die Charaktere in den schnellen, englisch untertitelten Sequenzen schlichtweg zu kurz. Und selbst die Bonus-Missionen, die es pro Stage gibt, reißen hier nicht wirklich viel mehr Wiederspielwert raus.
Dadurch wird auch schnell eine der Kernschwächen von Peach Ball klar: Der extrem überschaubare Umfang. Über die 25 Story-Level hinweg werdet ihr mehr als hinreichend mit den zwei Tischen des Spiels vertraut gemacht – mehr Flipper-Flächen gibt es tatsächlich nicht. Klar könnt ihr diverse Hintergrundbilder für das Mittelfeld freischalten und im freien Spiel andere Jahres- oder Tageszeiten wählen, doch diese Anpassungen sind rein kosmetischer Natur. Das wäre jedoch kein tiefgreifendes Problem, wenn die Tische denn wenigstens gut wären. Bei „Peach Land“, das im Stile eines Vergnügungsparks gestaltet wurde, gibt es noch die meiste offensichtliche Abwechslung. Ihr könnt eure Kugel über eine große Rampe zu den Teetassen-Bumpern schicken, sie im Riesenrad unterbringen oder im Freefall-Tower für einen späteren Multiball parken. Deutlich spartanischer sieht hingegen „Spooky Shinobi Park“ aus, wo es exakt zwei Bahnen und sonst nur leere Fläche gibt. Der Sinn dahinter: Im Zentrum ist ein Minispielfeld verbaut, welches sich durch das Sammeln von Goldmünzen aktivieren lässt. Nur dauert dies in der Regel so lange, dass ihr diese anspruchslosen, kurzen Zeitvertreibe im Story-Modus ohnehin nie zu sehen bekommt und sie selbst im freien Spiel etwas mühselig zu aktivieren sind.
Immer dieselbe Leier
##bild82116links##Aber Peach Ball wäre kein Senran Kagura-Spiel, wenn es nicht ein passendes Alleinstellungsmerkmal hätte. Mittig in der oberen Hälfte des Spielfeldes ist nämlich eine der fünf Tier-Shinobi platziert, die ihr wieder in Menschen zurückverwandeln sollt. Zu diesem Zweck müsst ihr die am rechten Bildrand stets hereinregnenden Peach-Missionen erfüllen – kleine Aufgaben der Marke „stupse das Mädchen 15 mal an“, „triff die Bumper 30 mal“ oder „lasse deine Kugel einmal von Ninto retten“. Habt ihr auf diese Weise genügen der separat vom normalen Score gezählten Peach-Punkte gesammelt, wird beim Treffer der prominent platzierten Dame ein Minigame gestartet. In der Regel habt ihr dann ein bestimmtes Zielobjekt so oft wie möglich zu treffen, bevor es zurück zum regulären Spielfeld geht. Ist das zwei mal überstanden geht es in Runde 3 zum großen Abschluss-Minispiel, nach dem sich die Dame zurückverwandelt. Im Story-Modus endet hier dann die Stage, im freien Spiel wird der Tisch-Stand zurückgesetzt und ihr macht mit eurem bis dahin erzielten Score weiter. An sich ein simples Konzept, leider aber auch eben viel zu simpel. Man schießt sich somit schnell auf einen gewissen Rhythmus ein und spielt ohne groß nachzudenken einfach vor sich hin. Ja, man muss eigentlich sogar nicht großartig gut spielen, da man für praktisch jede Aktion Peach-Punkte erhält und so stetig weiter vorankommt – solange man die Kugel im Spiel behält, versteht sich.
Wie auf Schienen
Womit ich zur Physik komme, die sich leider extrem nach Videospiel anfühlt. Realistisches Pinball-Feeling kommt hier absolut nicht auf, da die Kugel manchmal an Hindernissen wie erwartet abprallt, an den Flipper-Armen hingegen geradezu magnetisch klebt. Manche Bahnen wirken zudem so, als würden sie den Ball praktisch entlangschleifen. Auch beim siebten Anschauen wirkt es irgendwie falsch, dass sich die Kugel sehr langsam die Achterbahn-Rampe im „Peach Land“ hochzieht. Immerhin gibt es diverse freischaltbare Sphären mit teils spürbaren Unterschieden im Rollverhalten, doch wirklich vollkommen rund fühlt sich keine davon an.
##bild82115rechts##Dafür haben die Macher auf technischer Ebene nicht gepatzt. Klar könnten die Ladezeiten ein klein wenig kürzer ausfallen, sie sind aber trotzdem noch im erträglichen Rahmen und optisch braucht sich der Titel nicht zu verstecken. Die Tische erstrahlen in knalligen Farben, das Spiel läuft sowohl am TV als auch auf dem Switch-Screen selbst flüssig und die Ninja-Mädchen sind gewohnt lebhaft animiert – vielleicht sogar etwas zu sehr, denn manche Animationsphasen bekommt ihr aufgrund der überschaubaren Anzahl an Flipper-Aktivitäten praktisch am laufenden Band zu sehen. Was hingegen richtig schmerzt, ist das Fehlen von Online-Ranglisten. Die erzielten Bestleistungen werden leider nur lokal gesichert. Außerdem wäre eine Möglichkeit zur temporären Zwischenspeicherung des Partiefortschritts ganz nett gewesen, da eine durchschnittliche Runde im freien Modus bei mir gut und gerne eine Stunde in Anspruch nahm.