Adventures anständig auf Konsolen spielbar zu machen war nie einfach. Das klassische Point-and-Click-Konzept funktioniert mit einer Maus schlichtweg am besten. Dennoch fanden sich in letzter Zeit – mitunter auch durch die Etablierung von Touch-Eingabemöglichkeiten – immer mehr Genre-Vertreter, die den Konsolen-Spagat bewältigen konnten. Nelly Cootalot: The Fowl Fleet gehört leider nicht zu diesen Glanzleistungen. Und das ist gerade deswegen schade, weil es ohne den Handkrampf mit den Joy-Cons eigentlich ein ganz nettes, wenngleich nicht unbedingt überragendes Piraten-Adventure für jüngere Zocker wäre.
Das schöne Piratenleben
##bild82135links##Dreh- und Angelpunkt des Abenteuers ist der verborgene Schatz des verstorbenen Piraten Bloodbeard, auf den es dessen schurkischer Bruder Breitbart abgesehen hat. Auf Bitten von Bloodbeards Geist macht sich die tapfere Nelly auf, den üblen Seefahrer in die Schranken zu weisen – und nebenbei auch noch der Vogelwelt abermals einen großen Gefallen zu tun, denn die wird ebenfalls in diese Geschichte eingespannt. Bis dahin macht man sich jedoch zunächst mit dem allgemeinen Spielablauf vertraut, der traditioneller kaum sein könnte. Ihr untersucht alle interessanten Objekte und Menschen in der Umgebung, sackt jegliche halbwegs brauchbar aussehenden Gegenstände ein und holt euch in kurzen Gesprächen wichtige Informationen. In jedem Spielabschnitt werdet ihr dabei schnell mit einer Hauptaufgabe vertraut gemacht, der ihr dann in aller Seelenruhe nachgehen könnt. So soll Nelly zu Beginn etwa herausfinden, wohin Breitbart überhaupt gesegelt ist, nur um danach auf einem Schiff anzuheuern und die Verfolgung aufzunehmen.
Doch keine Bange, allzu komplex werden die Aufträge nie und sonderlich lang ist das Piraten-Abenteuer ebenfalls nicht. Je nach Knobelgeschick ist man bereits nach fünf bis sechs Stunden durch, wobei die Kopfnüsse allesamt überschaubar und eingängig aufgebaut sind. Selbst große Inventarkombinationspuzzles glänzen durch Abwesenheit, in der Regel könnt ihr jeden eingesammelten Gegenstand direkt so, wie er in eure Tasche gewandert ist, verwenden. Da man jedoch gerade ab dem zweiten Großareal gerne an mehreren Zielen gleichzeitig arbeiten kann, fühlt man sich zumindest nie so, als würde man ständig auf der Stelle treten oder sinnlos von einem Punkt zum nächsten rennen. Gelegentliche geistige Wachmacher wie ein Logikpuzzle, bei dem man anhand von Notizen Schiffe ihrer Reiseroute zuordnen muss, oder eine kleine Coderad-Knobelei sorgen zudem für Abwechslung. Leider erweisen sich die Gespräche mit den zahlreichen Charakteren der Inseln als nicht sonderlich interessant. Nur wenige Figuren wirken auf irgendeiner Art denkwürdig, wodurch sich ein Großteil der Besetzung mehr wie uninteressante Statisten anfühlt. Die an sich löblich deutsch übersetzten und vertonten Texte retten hier leider auch wenig. Dadurch geht Nelly Cootalot ein wenig Charme verloren.
##bild82137rechts##Deutlich schwerer wiegt jedoch die Steuerung von The Fowl Fleet. Auf dem Papier klingt das Konzept vernünftig: Mit dem linken Stick wird Nelly durch die Landschaft bewegt, während ihr mit dem rechten durch alle interagierbaren Objekte schaltet – einen freien Mauszeiger gibt es nicht. Leider versagt dieses Absuchen von Aktionspunkten dann, wenn eine Vielzahl von ihnen auf dem Bildschirm zu sehen ist. Ich für meinen Teil musste mir am Analogstick regelrecht einen Wolf rütteln, bis ich in einer Kneipe endlich die Bodenluke anpeilen konnte. Will man dann auch noch vor dem Benutzen oder Anquatschen des Zielobjekts einen prüfenden Blick darauf werfen, kommt es manchmal nach Lust und Laune des Spiels vor, dass der Cursor zurückgesetzt wird und man ihn erst wieder mit dem rechten Stick rüberbewegen muss – komfort geht anders! Immerhin unterstützt das Adventure auch den Touchscreen der Switch, bei diesem Steuerschema muss man allerdings auf das normalerweise durch einen Doppelklick ausgelöste schnelle Wechseln des Areals verzichten. Ebenfalls kurios: Statt konsoliger Speicherslots bietet Nelly Cootalot ein PC-mäßiges Speichermenü samt betitelbarer Spielstände. Blöd nur, dass die Namenseingabe aufgrund der sperrigen Bildschirmtastatur der Switch alles andere als schnell von der Hand geht und bereits angelegte Savegames nicht einzeln löschbar sind, sondern widh nur durch Spielstände mit identischem Namen überschreiben lassen. Faule Naturen mit Hang zum häufigen Speichern legen so ganz fix eine massive Anzahl an Einträgen an.