Es gibt Shooter und es gibt Shooter. Die wohl am häufigsten vertretende Sorte sind die meist extrem actiongeladenen Ego-Shooter. Irgendwie ordnet sich wohl auch unser heutiger Testkandidat Superhot aus dem fast gleichnamigen Studio SUPERHOT Team dort ein. Doch wer schreibt eigentlich vor, dass Action immer in Echtzeit ablaufen muss? Richtig, keiner! Das dachten sich wohl auch die Jungs und Mädels aus Polen. Ursprünglich ein Experiment aus einem Dev-Jam-Event, mauserte sich Superhot über die Jahre zu einem vollwertigen Spiel und macht sich nun auch auf der Nintendo Switch breit. Ob der Sprung auf den Hybrid-Handheld gelungen ist, und was das Spiel eigentlich so besonders macht, das erfahrt ihr im folgenden Kurztest.
Die Zeit liegt in eurer Hand
##bild82471rechts##Ego-Shooter gibt es wie Sand am mehr. Inmitten dieser Vielfalt hagelt es oft auch Kritik seitens der Fans, die Spiele wären zu schlauchig, zu kurz und nach Schema F gefertigt. Welch ein Glück, dass das SUPERHOT Team hier einen etwas anderen Weg eingeschlagen hat. Man steuert zwar auch hier die namenlose Hauptfigur aus der Ich-Perspektive, jedoch ist der Zeitfluss etwas anders als man es sonst gewohnt ist. Das Gameplay läuft nämlich prinzipiell in einer Art Superzeitlupe ab. Erst bei einer Eingabe des Spielers wird der Spielablauf beschleunigt. Das gilt sowohl für Bewegungen, als für jegliche andere Aktionen des Spielers, sei es das Aufhaben einer Waffe oder das Abfeuern eines Schusses. Dieses einmalige Konzept ähnelt sehr dem der „Bullet time“ aus Filmen und anderen Videospielen, nur hat man in Superhot quasi epische Matrix-Momente am laufenden Band.
Das Gute ist, dass das Spiel dadurch nicht vom Skill eines Spielers abhängt, sondern rein von der Kreativität und strategischen Planung. Die Möglichkeiten, eines der Level zu absolvieren, sind wahrlich mannigfaltig. Als Gegner treten übrigens ausschließlich schemenhafte rote Low-Polygon-Figuren auf. Die Spielwelt hingegen besteht aus einer sehr detailarmen weißen Umgebung. Das mag jetzt eher nach Kritik klingen, gerade dieser Kontrast im Zusammenspiel mit dem Drumherum macht aber den einzigartigen Charme des Spiels aus. Überraschenderweise gibt es sogar so etwas wie eine Story, wenngleich diese eher karg ausfällt. Sie hat aber durchaus ihre mysteriösen Momente und thematisiert unter anderem Kontrollverlust und die Sucht nach digitalen Medien.
##bild82469links##Doch zurück zum Gameplay. Jeder der leider etwas zu wenigen Abschnitte stellt den Spieler vor eine spezielle Situation, beispielsweise eine Bar mit haufenweise Schlägertypen und dem üblichen mit einer Shotgun bewaffneten Barkeeper. Man selbst hat zunächst nichts in der Hand, durch geschicktes Ausweichen der nahenden Projektile kann man jedoch auch schnell die Gegner entwaffnen. Dabei kann man wahlweise auf in der Gegend herumliegende Objekte zurückgreifen und diese werfen, oder einfach direkt eine auf den Latz geben. In jedem Fall lässt der Gegner bei einem Treffer sein Schießeisen fallen, was wiederum neue Möglichkeiten für den Spieler eröffnet. Aber Superhot wäre nicht Superhot, wenn es von dort an nur in wildem Herumgeballer ausarten würde. Denn die begrenzte Zahl an Schüssen muss wie alles andere im Spiel wohlgeplant sein. Nicht selten führen die Fieslinge nämlich auch Ausweichmanöver aus, was einen galanten Schuss in dessen Laufbahn voraussetzt. Das mag zwar auch mal daneben gehen, jedoch fühlt es sich immer wieder großartig an, wenn die „Zeitlupen-Trickshots“ voll ins Schwarze treffen.
Das Ende ist längst nicht das Ende
Nach jedem erfolgreichen absolvieren eines Levels wird man von dem charakteristischen „SUPER HOT“-Sample begrüßt und darf sich seine in Zeitlupe ausgeführten Kunstkniffe nochmal in Echtzeit ansehen. Zwar ist das eher Spielerei als sinnvoll, doch ist es auch immer wieder nett anzusehen und gibt einem das Gefühl, man wäre bereit für eSports – oder so. Nach etwa zwei Stunden hat man die Story dann aber auch schon durch, was nun? Beiseitelegen muss man Superhot dadurch keineswegs – im Gegenteil. Nach dem ersten Durchlauf geht der Spaß nämlich erst richtig los! Hier zeigen SUPERHOT Team gekonnt, wie Wiederspielwert auszusehen hat. Jedes Level darf nun nämlich in diversen Herausforderungsmodi wie „Endlos“ oder mit bestimmten Auflagen wie „Katana only“ absolviert werden. Um wiederum Zugriff auf alle Endlosstufen zu bekommen, muss man zunächst gewisse Bedingungen erfüllen. Auch lohnt es sich nochmal einen detektivischen Blick in die Hauptlevels zu werfen, da dort – oft ziemlich fies – versteckte Abschnitte darauf warten, entdeckt zu werden. Vorbildlicherweise wird darüber auch in der Levelauswahl buchgeführt. Auch Speedrunner kommen hier in zwei Bonusmodi auf ihre Kosten, wahlweise mit gestoppter Ingame-Zeit, oder alternativ in Echtzeit.
##bild82468rechts##Darüber hinaus bietet Superhot noch allerlei andere Spielereien in dem als Betriebssystem getarnten Hauptmenü. So kann man sich etwa ein paar programmierte Tools, etwas ASCII-Kunst oder aber einen simulierten Chat ansehen. Selbst ein gewisser Ordner in einem gewissen Verzeichnis für gewisse Filmchen hat seinen Platz gefunden. Das alles in Summe sorgt dafür, dass man schon mal über zehn Stunden mit dem Spiel beschäftigt sein kann. Performancetechnisch kann sich der Port auf die Switch übrigens sehen lassen – großartige Ruckelorgien sind nicht aufgefallen. Einen fetzigen Soundtrack braucht man hier übrigens nicht zu erwarten, was aber der gewollt stilisierten Aufmachung geschuldet ist. Wirklich vermisst habe ich einen echten Soundtrack während des Tests daher nicht wirklich. In Sachen Steuerung hat man der Switch-Version zudem Motion-Controls spendiert, was optional, aber super praktisch beim Zielen und Umsehen ist. Auch lässt sich die Bewegungssteuerung in den Optionen feinjustieren, falls es dem einen oder anderen zu anfällig ist.