##bild82675links##Seit 2008 war die virtuelle Olympia-Teilnahme der beiden Videospiel-Ikonen Mario und Sonic so sicher wie das Amen in der Kirche – zumindest bis zur Winter-Olympiade 2018, die Nintendo und Sega aussetzten. Womöglich, um die Zeit für eine grandiose Rückkehr der stagnierenden Crossover-Sportreihe zu nutzen? Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen: Tokyo 2020 sorgte zumindest in den letzten Monaten durch die Inklusion brandneuer Disziplinen im Retro-Look für mächtig Aufsehen. Wie ich jedoch bereits nach recht kurzer Spielzeit feststellen durfte, ist das auch so ziemlich die einzige erwähnenswerte Neuerung der inhaltlich ernüchternden Minispielsammlung, die einfach nicht die Spielspaßhöhen der 2010er- und 2012er-Ausgabe erreichen will.
Die Doppel-Olympiade
Das beginnt bereits bei der Modi-Auswahl, die sich im Prinzip auf drei Kategorien beschränkt: Ihr könnt euch im lokalen Schnellspiel allein oder mit bis zu drei weiteren Sportlern an allen 34 Disziplinen des Titels versuchen, entweder online oder im lokalen Drahtlosmodus mit anderen Switch-Besitzern wetteifern oder den mit um die fünf Stunden recht kompakten Story-Modus angehen. Letzterer ist leider äußerst simpel gestrickt und erzählt nicht einmal eine wirklich interessante Geschichte, obwohl die Prämisse gar nicht mal so unspannend klingt. Mario, Sonic, Bowser und Eggman werden nämlich durch eine Erfindung von letzterem in ein Retro-Videospiel hineingesogen, das die Olympiade des Jahres 1964 behandelt, und wollen nun natürlich wieder raus in die Moderne. Parallel dazu suchen Luigi und Tails in der realen Welt nach Möglichkeiten, den gefangenen Protagonisten (und zwangsweise auch den Erzschurken) zu helfen. Dabei dürft ihr diverse stilisierte Abbilder von Stadtbezirken und Stadien Tokios erkunden und lernt durch Trivia-Fragen auch einiges über diese sowie die Olympischen Spiele allgemein. Praktisch rennt ihr hierbei jedoch von einer belanglosen Unterhaltung zur nächsten und werdet hin und wieder in eine Sportdisziplin oder ein Minispiel geworfen – das ödet leider relativ schnell an. Hinzu kommt, dass ein paar der Texte in den Dialogboxen auch noch unfassbar klein dargestellt werden, was sie auf einer Switch Lite so ziemlich unmöglich zu lesen macht. Die wenigen auf diese Weise freispielbaren Extra-Charaktere, die jeweils nur an einer für sie vorgesehenen Disziplin teilnehmen können, machen dies auch nicht unbedingt wett.
Geselliger Sportabend
##bild82674rechts##Aber bekanntlich blüht die Reihe ja eher im Multiplayer-Modus auf! Doch selbst hier vermisse ich schnell Optionen. So können alle Disziplinen zwar direkt zu Beginn an ohne große Freispielpflicht angegangen werden, doch man wählt sie immer noch separat aus. Vorgegebene Sets oder gar die Möglichkeit, eigene Turniere auf die Beine zu stellen, gibt es nicht. Selbst online wählt ihr für private Runden oder Ranglistenspiele einzeln aus, was ihr angehen möchtet – und speziell bei gewerteten Partien dürften in manchen Kategorien auf lange Sicht schlichtweg die Spieler fehlen. Auf der anderen Seite dürfen abgesehen von den bereits erwähnten Extra-Figuren alle Charaktere auch an allen modernen Disziplinen teilnehmen. Lediglich die zehn Retro-Events sind hier stärker eingeschränkt und bieten lediglich acht Sportler im 8-Bit- beziehungsweise 16-Bit-Look zur Auswahl.
Und die sportlichen Minispielchen selbst? Die variieren mal wieder in Sachen Umfang und Spielspaß. Manche wie das Traum-Sportschießen und Fußball machen gerade mit mehreren Leuten richtig etwas her, andere wie der 100-Meter-Lauf oder der Weitsprung sind so schnell wieder vorbei, dass sich das Laden kaum lohnt. Steuerungsmäßig dürft ihr alle Disziplinen auf Wunsch klassisch mit den Controller-Tasten und dem Analogstick angehen und müsst dies speziell bei den Retro-Sportarten auch, doch in vielen Fällen wirkt die Tastenhämmerei dadurch eher witzlos. So unsinnig das Controller-Gewedel mit der Bewegungssteuerung auch wirken mag, macht die körperliche Verausgabung doch ein Stück weit mehr Spaß. Zumindest sofern die Sensoren auch richtig kalibriert werden, was mangels anständiger Einweisungstexte und Anleitungen nicht immer gegeben ist. Dass zum Beispiel beim Box-Spielchen über zwei Aktionstasten die Schlaghöhe reguliert wird, erläutert das Tutorial nicht. Und warum Manöver wie das Ausweichen im Karate oder die Zieljustage mit dem rechten Analogstick beim Traum-Schießen unter den fortgeschrittenen Steuerungsanweisungen versteckt wurden, erschließt sich mir ebenfalls nicht. Apropos „Traum“: Es ist ungemein schade, dass Sega gerade mal drei dieser Disziplinen integriert hat, die mehr in die Welten von Mario und Sonic eintauchen und etwas fantasievoller als das normale Programm daherkommen. Zwar sind die drei Sportarten – Rennen, Karate und Schießen – recht unterhaltsam umgesetzt, doch gerade deshalb wäre mehr in dieser Hinsicht wirklich wünschenswert gewesen.