Immer wieder, wenn ich über meine bisher intensivsten Videospielerlebnisse nachdenke, sei es privat oder im Rahmen einer Kolumne für unser Magazin, kommt mir in Sachen Atmosphäre und Authentizität jedes Mal die Metro-Reihe von 4A Games in den Sinn. Schon beim Ur-Release damals auf dem PC genoss ich den Ausflug durch die radioaktive und monsterverseuchte Moskauer U-Bahn. Die dann für Besitzer und Besitzerinnen der Erstversion kostenlos nachgereichte Redux-Version, die Verbesserungen der gehörig aufgebohrten 4A Engine mitbrachte, machte das Spielerlebnis nur noch eindrucksvoller. Nun hat es sich ein weiteres Entwicklerteam zum Ziel gesetzt, ein grafisch imposantes Spiel auf mobile Hardware zu bringen. Diese „impossible ports“ sind schon seit Erscheinen der Nintendo Switch in aller Munde, fanden doch schon Titel wie der Reboot von Doom oder zwei Ableger der Wolfenstein-Reihe halbwegs gelungen ihren Weg auf das Spieletablet aus Japan. Dass Bethesda es kann, wissen nun einige, und auch CD Projekt Red hat mit The Witcher 3 (zum Test) das Unmögliche möglich gemacht. Doch schaffen es auch 4A Games mit Metro 2033 Redux? Ein kleiner Hinweis bevor es losgeht: Wer das Spiel bereits kennt, und sich nur über die Einschränkungen und Umsetzung der Switch-Portierung informieren möchte, darf gern direkt zum Abschnitt „Das Gameplay und die Technik“ springen.
Willkommen in der Hölle auf Erden
##bild82988rechts##Alles beginnt 20 Jahre nach einem fiktiven dritten Weltkrieg, bei dem das auch real diskutierte Thema der totalen atomaren Zerstörung der Erde bitterernste Realität geworden ist. Die vermutlich letzten Überlebenden der Menschheit konnten gerade so in der umfangreichen Moskauer U-Bahn Zuflucht suchen. Zum einen ist nahezu die gesamte Oberfläche lebensgefährlich radioaktiv verstrahlt, und zum anderen haben es sich dort neue Lebewesen, die unter anderem aus mutierten uns bekannten Tieren entstanden sind, gemütlich gemacht. Man selbst als Spieler schlüpft in die Haut des jungen Mannes Artjom, der schon nahezu sein gesamtes Leben ohne Sonnenlicht verbracht hat. Gerade an Haltestellen und Knotenpunkten konnten sich die Überbleibsel der Bevölkerung notgedrungen einrichten und sich gegen Gefahren von Oben verteidigen. Die Messestation, Artjoms Heimat, wird jedoch zerstört und er bekommt den Auftrag, eine wichtige Nachricht zur unterirdischen Hauptstadt zu bringen – und der Ritt durch die Hölle beginnt.
Erstes Thema wäre das allgemeine Design und die unvergleichliche Atmosphäre des Spiels. Schon in den ersten Spielminuten bekommt man eindrucksvoll vermittelt, dass die Metro kein schönes Zuhause ist und lebensbedrohlicher nicht sein könnte. An jeder Ecke lauern Mutanten und der unsichtbare Tod in Form von Strahlung, aber auch neue Naturphänomene sind durch den Abwurf der Bomben entstanden. Sowohl die Optik, als auch die Soundkulisse sind dermaßen stimmig, dass man hier nicht umhinkommt, die Spielwelt von Metro 2033 mit dem Paradebeispiel Rapture aus Bioshock zu vergleichen. Manche Bereiche der U-Bahn sind geflutet und können nur mit kleinen Booten befahren werden, manche sind monsterversucht oder verstrahlt, und nur wenige Eckchen sind ernsthaft befestigt und belebt. Doch eines haben alle Zonen gemeinsam: Es ist verdammt dunkel und stinkt. Was auf einem guten Monitor noch ordentlich Eindruck machte, entpuppt sich auf dem günstigen LCD-Screen der Switch jedoch nicht selten als Nachteil. Da man viel durch die Dunkelheit wandert, und nahezu sämtliche Feindkontakte auch gewaltfrei durch Schleichen bewältigen kann, ist es mitunter sehr schwierig, sich zu orientieren. Den schlechten Kontrast und Schwarzwert der Switch kann man aber zum Glück recht früh im Spiel durch den Fund eines Nachtsichtgeräts ausgleichen.
##bild82990links##Zusätzlich zur Atmosphäre und den Umweltgefahren gesellen sich dann auch noch andere Abgründe der Menschheit. So hat sich die übrige Bevölkerung in verschiedene Gruppen aufgeteilt, etwa Faschisten, Kommunisten, und andere kleinere Gruppierungen. Als wäre es nicht hart genug ohnehin schon zu überleben, schlachten sich die letzten Menschen aus idealistischen Gründen auch noch gegenseitig ab. All diese Umstände greifen ziemlich gut ineinander und werden stets glaubhaft durch die Umgebungen und den Ablauf der Geschichte reflektiert. Dabei schafft es 4A Games sogar, einen angenehmen Wechsel aus Action, Horror und Sightseeing darzubieten. Moment mal, Sightseeing in der Hölle? Damit sind vor allem die bereits erwähnten Bastionen der U-Bahn-Siedler gemeint. Metro 2033 war damals wie heute eins der wenigen Spiele, die es schafften, dass ich jede Ecke absuche und mir jedes NPC-Gespräch und jeden Zettel mit seitenweise Text durchlese, auch beim dritten Durchlauf. Wer sich mit der Lore auseinandersetzt und halbwegs empfänglich dystopische Visionen ist, wird hier definitiv mitgerissen werden.
Das Gameplay und die Technik
Bevor meine Ausführung zum Spiel als solches noch ausartet, werde ich lieber noch ein paar Takte zum Spielablauf und den technischen Besonderheiten los. Wie bereits angeschnitten, bekommt man es hier im Groben zwar mit einem Ego-Shooter zu tun, kann aber auch nahezu immer den gewaltfreien Weg beschreiten. Hinzu kommt, dass man gute und schlechte Taten vollbringen kann, was letztlich sogar ausschlaggebend dafür ist, ob man das gute oder das schlechte Ende zu Gesicht bekommt. An diesem Konzept hat sich nichts geändert und es funktioniert nach wie vor tadellos. Auch wie das Gameplay auf die Switch transportiert wurde kann sich durchaus sehen lassen. Schon vom ersten Spielstart an sind Dinge wie die Empfindlichkeit der Analog-Sticks ziemlich gut eingestellt. Wer möchte, darf aber in den Optionen auch noch in Sachen Empfindlichkeit nachjustieren. Das gilt auch für die neue Bewegungssteuerung, die in Kombination mit dem ohnehin recht intuitiven Gameplay das Gesamtbild perfekt abrundet. Sämtliche Aktionen, sei es das Auswählen eines Werkzeugs oder einer Waffe, sind kinderleicht erreichbar und schnell erledigt. Schon nach der ersten Stunde sollte man recht entspannt im Umgang mit Artjom und seinem improvisierten Arsenal aus Ladegerät und Luftpumpengewehr sein.
##bild82989rechts##Der letzte, und wohl auch für viele der interessanteste Punkt, dürfte wohl die Performance sein. In Sachen Sound habe ich ja bereits erwähnt, dasss die Klangkulisse, vor allem in Hinblick auf die russische Mundart toll umgesetzt sind. Auch in Sachen Kompression und Qualität geht hier alles in Ordnung. Lediglich ein leicht bemerkbares Knistern oder Übersteuern konnte ich nicht ignorieren, wirklich störend war es dann aber auch nicht. Die größte Faszination löste die Portierung bei mir aber in puncto Grafik aus. Sieht man mal vom matschigen Schwarz des LCD-Bildschirms ab, bekommt man es hier wohl mit einem der optisch eindrucksvollsten mobilen Umsetzungen überhaupt zu tun, und da ist sich die Presse mehr als einig. Schon in 720p im Handheld-Modus macht das Gesehene Eindruck, doch vor allem auf meinem 4K-Fernseher mit OLED-Technik machte der Ausflug durch die finsteren Schächte enorm Spaß. Dort fiel es mir sogar stellenweise echt schwer zu begreifen, dass ich hier eine optisch kastrierte Version auf der Switch spiele. Lässt man einen Außenstehenden urteilen, wäre ein Tipp auf die PS4- oder Xbox One-Version gar nicht mal so abwegig. Klar, hier und da wurde an der Texturqualität und den Animationen, aber vor allem der Auflösung nach unten justiert, doch wirklich gravierend wie beim Switcher fällt das hier so gut wie nie ins Auge. Lediglich in den Abschnitten an der Oberfläche macht sich stellenweise die dynamische Auflösung bemerkbar, schafft es aber nicht die eindrucksvolle Umgebung zu verschandeln. Als wäre das alles nicht schon umwerfend genug, gesellt sich die vorbildliche Framerate noch dazu. Klar sollte sein, dass hier aus Leistungsgründen, vor allem auch um die optische Pracht zu gewährleisten, keine 60FPS drin waren. Doch dafür schafft es Metro 2033 als eines der wenigen „großen“ Spiele, die 30FPS in sagen wir mal 99 Prozent der Fälle perfekt zu halten. Allein dafür sollte es eine Eins mit Sternchen geben, oder nicht?