Im Mai des letzten Jahres haben sie es geschafft: Nach einer langen Pause haben die Saints die Nintendo Switch erobert. Mit dem Überspringen der ersten beiden Teile begann die Saga der Straßengang auf dem Hybriden mit dem Spiel, bei dem sich ein eigener Charakter der Reihe eingespielt hat: Saints Row: The Third. Weg vom recht offensichtlichen GTA-Klon, hin zu einer Parodie von sich selbst – was durchaus auch Anklang fand. Jedoch leidete die mobile Variante an diversen technischen Problemen, darunter auch diversen Abstürzen. Mit Saints Row IV: Re-Elected kommt der bisher letzte nummerierte Teil auch auf die Switch und verspricht, ähnlich dem Vorgänger, ein Komplettpaket mit sämtlichen DLCs. Bleibt zu hoffen, dass die Pannen von The Third in der Zwischenzeit ausgemerzt worden sind…
Vom Gangster zum Präsidenten
##bild83091rechts##Der Boss der Third Street Saints, den oder die man sich selbst erstellen kann, hat einen wilden Ritt hinter sich: Direkt nach den Abenteuern aus The Third gilt es sofort, die Welt zu retten. Und nachdem sich das eher als Kinderspiel herausgestellt hat, wird man glatt zum Präsidenten von Amerika ernannt – nur um kurze Zeit später von Aliens angegriffen und entführt zu werden. Das Zin-Imperium, geführt vom skrupellosen Zinyak, sammelt die vielversprechendsten Exemplare einer jeden Spezies und sperrt sie in Simulationen ein, um seinen Spaß mit ihnen zu haben. Badass, der der Boss jedoch ist, schafft er es mit Hilfe der Hackerin Kinzie Kensington diese zum eigenen Vorteil zu manipulieren und plant Rache gegen die Invasoren. Was jetzt relativ ernst klingt, wird jedoch an jeder Ecke komplett ins lächerliche gezogen und mit diversen charmanten Dialogen der Charaktere unterlegt. Dabei sind genau diese die große Stärke des Spiels, denn die Story an sich ist doch übersichtlich gehalten und trotz Open-World-Szenario unfassbar kurz, wenn man sich auf diese konzentriert. Glücklicherweise handelt es sich aber um eine sehr offene Welt, denn…
Ich kann mein Haus von hier oben sehen!
##bild83094links##…man befindet sich schließlich in einer Simulation! Und wie bereits angemerkt, wird diese ein wenig zu Gunsten der oder des Präsidenten gehackt. So bekommt man sehr schnell Superkräfte in die Hand gelegt, mit denen man sein Chaos-Repertoire des Vorgängers noch erweitern kann. Jeder fängt dabei mal klein an, sodass einem anfangs lediglich Supergeschwindigkeit und Supersprünge zur Verfügung stehen – zwei Fähigkeiten, die sich zum Erkunden des virtuellen Steelports allerdings als unerlässlich herausstellen. Mit den Möglichkeiten, schneller als jedes Fahrzeug zu laufen und gleichzeitig über Gebäude hüpfen zu können, erweist es sich sehr schnell als leichtes, die Umgebung auf den Kopf zu stellen und man seufzt nicht mehr laut auf, sobald man sieht, dass sich der Missionsmarker auf der anderen Seite der Karte befindet. Gleichzeitig wird einem aber auch recht schnell auffallen, dass einem die Welt plötzlich um Einiges kleiner vorkommt, obwohl es sich um genau die gleiche Welt handelt, die der dritte Teil bereits zu bieten hatte – mit ein paar kleineren, extraterrestrischen Veränderungen.
Bis zum Absturz
##bild83092rechts##Um Zinyak aus der Reserve zu locken – und ihm nebenbei den Spaß zu vermiesen – versuchen die Saints, die Simulation mehr und mehr zum Absturz zu bringen. Und was eignet sich wohl besser dazu, als ein wenig Chaos zu stiften? Neben den Waffen, die man bereits im Vorgänger zur Verfügung hatte, also tatsächliche Waffen wie MPs, Pistolen und einen Tentakelarm, bekommt man im vierten Teil noch ein paar Superkräfte dazu, die das eigenen Repertoire ein wenig erweitern. Hierzu zählen sich ein Blast, Telekinese, ein Superstampfer sowie eine elemantare Aura. Zwischen den Fähigkeiten kann man zu jeder Zeit ohne weiteres wechseln und jede hat, wie man es sich denken kann, in unterschiedlichen Situationen ihre Vor- und Nachteile. Zudem weist jede Superkraft allerdings auch noch verschiedenen Elemente vor, die sich ebenfalls auf Knopfdruck auswählen lassen. Dabei kann es sich um recht einfache, elementare Verschiebungen handelt, wie die Aura die in den Ausführungen Feuer, Eis und Blitz daherkommt, oder aber eher abgefahrene Varianten, wie bei dem Stampfer. So schleuderte der einfache Stampfer alles im Umfeld nur ein wenig umher. Die eine Variante lässt jede betroffene Lebensform jedoch schrumpfen, sodass man einfach auf diese treten kann oder plötzlich hilflos in der Luft schweben, wodurch sie ein einfaches Ziel für jede grausame Art der Massenvernichtung darstellen.
Neben der klassischen Variante des Chaosstiftens, also dem einfachen Umherballern in den Straßen, bietet einem die Welt auch noch unterschiedliche andere Aktivitäten an, mit denen man die Simulation nach und nach zum Zusammenbruch bringt. Darunter befinden sich Klassiker der Reihe, wie etwa der Betrug, in dem man im Ragdoll-Flug durch die Straßen fegt um von möglichst vielen Fahrzeugen getroffen zu werden. Oder dem Vandalismus, bei dem man mit den entsprechend vorgegebenen Waffen möglichst viel Sachschaden anrichten soll. Wo Superkräfte im Spiel sind, braucht es natürlich auch Möglichkeiten, diese sinnvoll einzusetzen, daher gibt es auch diverse Aufgaben, die sich genau damit befassen. Unter Anderem die Supersprint-Rennen oder der Telekinese-Wettkampf. Jede Aktivität gibt es in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen und sollte man eine mal nicht schaffen braucht man nicht verzagen, denn alles im Spiel lässt sich ganz einfach auch upgraden. Ihr habt richtig gelesen – alles. Also nicht nur die Superkräfte, sondern auch das eigene Waffenarsenal, die Gesundheit, Ausdauer, die Crew-Mitglieder, alles was das vernichtungswütige Herz begehrt.
Ich bin zum Tod geworden
##bild83090links##Upgrades geschehen dabei auf unterschiedliche Arten: Die einfachste ist das Kaufen im Waffenladen – dabei handelt es sich logischerweise um Verbesserungen für das eigentliche Waffenarsenal. Nebst einfachen Schadenssteigerungen oder schnelleren Nachladezeiten haben einige Schießeisen aber noch speziellere Boni – etwa Säuremunition oder explosive Schüsse. Für andere Upgrades muss man zunächst den eigenen Level steigern, was durch jedwede Art des Chaos geschieht. Anschließend lassen sich diese ebenfalls einfach mit Geld kaufen, was dann die Verbesserungen für die eigene Gesundheit, mehr Munitionskapazität oder eine stärkere Crew bedeutet. Für bessere Superkräfte muss man sich auf andere Art anstrengen: Nämlich beim Erkunden. Überall auf der Karte sind Datenfragmente verteilt und diese wollen eingesammelt werden. Mit diesen lassen sich die Kräfte verbessern, sodass man schneller laufen, höher springen oder Sachen einfach besser in die Luft jagen kann. Die Datenfragmente stellen außerdem fast den einzigen Sammelgegenstand dar, sind dafür mit über 1200 Stück aber auch gut vertreten. Neben diesen gibt es noch Audio-Logs, durch die man mehr von der eigenen Crew erfährt, sowie Text-Adventure-Abschnitte, durch die mehr über Zinyak in Erfahrung gebracht werden kann.
Chaos will gelernt sein
Neben des Zusatzes der Superkräfte hat sich insgesamt also nicht viel im Vergleich zum Vorgänger geändert und da kann man eigentlich auch schon einen Punkt setzen. Das Zielen mit den Sticks ist immernoch recht unpräzise und man merkt, dass da etwas Feinabstimmung fehlt. Zumindest kann man auf die Gyroskop-Steuerung zurückgreifen, die sich hier als äußerst verlässlich darstellt. Mir persönlich hat es allerdings ungemein viel Spaß bereitet, blitzschnell durch die Umgebungen zu flitzen, regelrecht durch die Lüfte zu fliegen (okay, gleiten, aber ist nah dran) und mit dem Schwarzes-Loch-Gewehr alles in die unendliche Leere zu ziehen. Die verschiedenen Herausforderungen und Aktivitäten stellen vielleicht nicht die größte Abwechslung dar, wenn man bedenkt, dass sie bestimmte Konzepte einfach nur auf die Spitze treiben, können aber teilweise ganz schön knackig vom Schwierigkeitsgrad sein. Ein sehr spaßiges Feature ist der Koop-Modus, in dem man die gesamte Kampagne mit einem Freund oder aber einem Unbekannten spielen kann – dies geschieht unfassbar einfach durch drop-in/drop-out. Außerdem bietet der Multiplayer noch ein paar zusätzliche Herausforderungen, an denen man sich zu zweit versuchen kann.
Ein Glitch im System?
##bild83092rechts##Mit der Tatsache, dass sich ein Großteil von Saints Row IV in einer Simulation abspielt, haben die Entwickler auch bei der Präsentation gespielt. So gibt es einige Orte, an denen NPC-Modelle komplett verunstaltet werden und plötzlich riesige Augäpfel, komische Proportionen oder Ähnliches haben. Gleichzeitig wurde ein Feature eingebaut, dass in The Third durch einen späteren Patch dazukam: Die adaptive Auflösung. So schraubt das Spiel diese automatisch runter, wenn zu viel gleichzeitig in die Luft fliegt – was in diesem Titel verdammt häufig passiert. Dementsprechend muss man einen Großteil der Spielzeit allerdings auch mit einer niedrigeren Auflösung leben – dafür bleibt das Spielerlebnis immerhin flüssig. Alternativ lässt sich dies jedoch auch abschalten, aus persönlicher Erfahrung würde ich allerdings davon abraten. Bei der Musik verlässt sich das Spiel wieder zumeist auf lizenzierte Tracks und kann abseits davon nicht sonderlich glänzen – jedoch sind im mir gerade im Zusammenhang mit Tonspuren diverse Bugs aufgefallen. So wird mir zum Beispiel jedes Mal, wenn ich meinen Spielstand neu lade, ein Audio-Log erneut abgespielt. Zeitgleich verzögern sich Sound-Effekte an einigen Stellen, was das Ganze ziemlich unrund erscheinen lässt.
Haben wir noch was vergessen?
Wie vorher angemerkt, ist das Spiel recht kurz. Selbst mit dem perfekten Abschließen jeder Herausforderung und Aktivität habe ich gerade einmal 16 Stunden für das Hauptspiel gebraucht. Wenigstens befinden sich in Re-Elected noch die DLC-Pakete mit denen man… Moment. Wo sind sie denn? Trotz Ankündigung im Spiel selbst und auch Werbung dafür verhindert ein Bug im Spiel das Freischalten des DLCs, sodass dieser zum Zeitpunkt des Reviews nicht zur Verfügung stand. Und damit ist sämtlicher DLC gemeint, sowohl der kosmetische, als auch die zwei Zusatz-Episoden.