Persona 5 Strikers

##bild83993rechts##Guten Tag, mein Name ist Tjark und ich habe Persona 5 nur durchgespielt, um ganz ohne unvernünftige Spoiler-Furcht Persona 5 Strikers spielen zu können. Von Atlus‘ großem Rollenspielhit war ich nämlich aufgrund der Länge (und Langatmigkeit) nicht so recht angetan, doch für den actionreichen Nachfolger aus der Feder von Dynasty Warriors-Schöpfer Omega-Force wollte ich zumindest auf dem Stand der Dinge sein. Und lasst euch trotz des zuständigen Entwicklerteams nicht täuschen: Statt durchgescripteten Großschlachten mit Tausenden von Gegnern erwartet euch hier tatsächlich ein dickes Rollenspiel mit großem Fokus auf die Hintergrundgeschichte und massig Elementen, die man aus Persona kennt. Warum die Mischung leider nicht ganz aufgehen möchte und dennoch Laune macht, das verrate ich euch in meinem Testbericht.

Phantomdiebe on Tour
Strikers setzt ein halbes Jahr nach den Ereignissen von Persona 5 ein. Es ist Sommer und der frei benennbare Protagonist mit dem Codenamen Joker kehrt wieder nach Tokio zurück, um seine neugewonnenen Freunde über die schulfreie Zeit zu besuchen. Statt Grillfesten und Sommerlaune stehen jedoch neue Abenteuer auf dem Programm: Mit Hilfe einer neuen, KI-gesteuerten App landet der Trupp unvermittelt wieder in der kognitiven Welt – einer Art Parallelwelt, die von als Schatten bekannten Monstern und verzerrten Ebenbildern der Menschen bewohnt wird. Regiert wird die als Gefängnis bezeichnete Ebene von Monarchen, die als Juwelen materialisierte Begierden der Menschen stehlen und sie so zu blinden gefolgsleuten machen. Und als wäre das noch nicht genug, erfahren Joker und seine Gefährten über den alles andere als vertrauenswürdig wirkenden Public Security-Kommissar Zenkichi Hasegawa, dass derartige Ereignisse auch in anderen Ecken Japans auftreten. Dass der Trupp nicht zuletzt auch noch eine mysteriöse KI namens Sophia im kognitiven Ebenbild Shibuyas aufgelesen hat und diese mehr über ihre Vergangenheit herausfinden möchte, wirkt bei alldem beinahe nebensächlich.

##bild83987links##Es warten also allerhand Aufgaben auf die berühmten Phantomdiebe! Die rund 30 bis 40 Stunden lange Geschichte schreitet dabei in umfassenden Dialogsequenzen voran, die auch locker aus dem Vorgänger hätten stammen können. Leider erinnern auch einige Plotpunkte dezent an besagtes rundenbasiertes Rollenspiel, werden dafür aber zumindest interessant abgewandelt. Erorm vermisst habe ich hingegen bedeutende Entwicklungen seitens der Hauptcharaktere. Lediglich die neu eingeführten Figuren werden genauer beleuchtet – schade, aber auf gewisse Weise natürlich auch verständlich. Die Phantomdiebe selbst dürfen dabei in gelegentlichen Ruhemomenten zumindest einige Freizeitaktivitäten wie etwa Festivals nachholen, die ihnen im Persona 5 verwehrt blieben. Für spoilersensitive Naturen interessant zu wissen: Strikers macht kein Geheimnis um die Ereignisse seines Vorgängers und spricht diese gelegentlich auch an. Tatsächlich knüpft das Spiel sogar an die erweiterte Neuauflage Persona 5 Royal an. Da dieser Umstand jedoch lediglich in wenigen Dialogzeilen angedeutet wird, habt ihr in dieser Hinsicht zumindest keine Spoiler zu befürchten, wenn ihr nur die Standard-Ausgabe kennen solltet.

Gehe direkt ins Gefängnis
Um die Monarchen in die Schranken zu weisen, müssen Joker und seine Gang die verwinkelten Gefängnisse auf den Kopf stellen. So bieder, wie der Name es anmutet, geben sich die Areale dabei übrigens nicht: Das kognitive Shibuya tritt beispielsweise als Neonlichter-Wunderland auf, während eine andere Haltestelle allerlei imposante Eisstrukturen bestaunt werden dürfen. Die Wege durch die Dungeons sind dabei nichtsdestotrotz linear strukturiert und fest vorgegeben. So wollen etwa in Shibuya erst Suchscheinwerfer ausgeschaltet werden, die ihre Energie aus verstreuten Türmen beziehen. Im Prinzip läuft also alles so, wie man es von einem klassischen Rollenspiel japanischer Bauart her kennt. Leider erwarten euch gerade zu Beginn gefühlt alle paar Schritte Unterbrechungen in Form kurzer Dialogszenen, die den Erkundungsfluss deutlich stören. In der zweiten Hälfte legt sich das dankenswerterweise, bis dahin müsst ihr jedoch einiges an Geduld mitbringen, wenn ihr hier ein Action-Erlebnis nach Rezept von Omega-Force erwartet.

##bild83995rechts##Doch früher oder später weichen die Plaudereien dem gepflegten Scharmützel. Wann immer ihr einen als Wachpersonal getarnten Schatten attackiert oder umgekehrt von ihm erwischt werdet, wechselt Strikers in den Kampfmodus. Dann gilt es, innerhalb eines kompakten, abgesteckten Gebiets alle hereinregnenden Feinde von der Bildfläche zu fegen. Jeder der Phantomdiebe bringt dabei typische, simple Kombos mit, die sich mit Finishern ihrer jeweiligen magieverleihenden Personas abschließen lassen. Das ist nicht unwichtig, denn jeder Gegner weist Stärken und Schwächen gegenüber bestimmten Elementen auf. So solltet ihr Eis-Attacken blockende Kontrahenten nicht unbedingt mit dem Frost nutzenden Künstler Fox in die Mangel nehmen, auf Strom anfällige Monster dafür aber auf jeden Fall mit den Elektro-Attacken des lautstarken Sportlers Skull drangsalieren. Ferner bringt jeder Charakter gewisse Eigenschaften mit sich, die sich auf den Spielstil auswirken. Die axtschwingende diebische Schönheit Noir setzt etwa bei gedrückt gehaltener X-Taste zu lang anhaltenden Manövern an, während Cartoon-Kater Mona sich auf Knopfdruck in einen Transportwagen verwandeln kann und so seine Gegner plättet. Nicht alle diese Kampfstile mögen gleichermaßen unterhaltsam zu spielen sein, verleihen den Figuren jedoch zweifelsfrei eine persönliche Note.

Geistige Erschöpfung
Leider schwächeln die Kämpfe in zwei Kernpunkten. So sind die normalen Gefechte zunächst einmal in der Regel enorm unübersichtlich. Klar sind riesige Gegnermengen nichts Neues für die Spiele aus dem Hause Omega-Force, doch dank der vielen engen Schauplätze sowie der Tatsache, dass gleich vier Charaktere in gesunder Regelmäßigkeit ihre riesigen Personas heraufbeschwören, versinkt alles sehr schnell im absoluten Chaos. Die Zielerfassung per Klick mit dem rechten Stick hilft dabei nur bedingt – genauer gesagt dann, wenn ein Mini-Boss zu besiegen ist. Doch diese Begegnungen sowie die jeweiligen Endbosse an sich bringen das zweite Problem ins Spiel: Sie halten generell zu viel aus. Wer lediglich mit den normalen Kombos in die Schlacht zieht, verbringt gut und gerne mal mehrere Minuten damit, den rotfarbenen Energiebalken herunterzuhauen. Nun lässt sich der Vorgang auf zweierlei Arten beschleunigen: Bosse sind mit einer Schildanzeige ausgestattet, die nach Leerung den Phantomdieben einen mächtigen Gruppenangriff ermöglicht. Und um dies möglichst effektiv zu bewerkstelligen, kann das Team durch Druck auf die R-Taste jederzeit schnelle Zauber und Spezialattacken aus dem Ärmel schütteln, die sich wunderbar zur Schildleerung und allgemeinen Schadensverursachung eignen. Unschönerweise sind die dafür notwendigen SP gerade zu Beginn extrem limitiert und selbst wenn ihr dann die Schutzanzeige mühsam heruntergearbeitet habt, verursacht der „mächtige“ Angriff häufig kaum bemerkbaren Schaden. Mir erschließt sich durchaus die Logik dahinter: Wäre der SP-Vorrat weniger beschränkt, könnte man nämlich jeden noch so starken Gegner mit einem Zauber-Dauerfeuer in die Mangel nehmen, ohne dass dieser sich überhaupt wehren kann. Doch die regulären Kombos fühlen sich schlichtweg zu schwach an, als dass man mit ihnen effektiv die Lebensenergie oder gar die Schildanzeige der Bosse knacken könnte – selbst mit Elementvorteil. Dies wurde bei der vergleichbaren Schwachpunktanzeige von Hyrule Warriors schlichtweg angenehmer gelöst.

##bild83991links##Die daraus resultierenden Marathonkämpfe werden schlussendlich noch dadurch frustrierend, dass die eigenen Kämpfer über eine ziemlich schwache Verteidigung verfügen und auf normaler Schwierigkeitsstufe – wieder einmal primär in der ersten Hälfte des Spiels – nach nur wenigen Treffern das Zeitliche segnen. Wer sich bei den letzten Warriors-Spielen dezent unterfordert fühlte oder wer eine Weichspülung des Persona-Schwierigkeitsgrads befürchtete, kann also aufatmen. Anfänger sollten sich jedoch nicht schämen, bei Bedarf auf die einfache Stufe herunterzuschalten.

Das Workout für Meisterdiebe
Nun gibt es natürlich Mittel und Wege, auch die härtesten Herausforderungen zu bewältigen und die Gefechte mit den Schattenhorden irgendwann mal auch tatsächlich unterhaltsamer zu machen. Die Ressourcen dafür sammelt man maßgeblich in der zweiten Spielhälfte an, wenn das Geld etwas lockerer sitzt und man über mehr Optionen verfügt. So kann Joker als einziger Persona-Nutzer seinen spirituellen Begleiter gegen im Kampf aufgelesene Monster auswechseln und sie sogar zu neuen Wesen verschmelzen – ein absolutes Muss, da die Personas selbst nur vergleichsweise langsam im Level aufsteigen und nur sehr wenige zusätzliche Fähigkeiten erlernen können. Zudem sammelt der Trupp durch bestimmte Story-Ereignisse und nach jedem gewonnenen Gefecht Bindungserfahrung, die bei entsprechenden Stufenaufstiegen in frei verwendbaren Skillpunkten resultiert. Von einfachen Werteschüben über Manöver-Booster bis hin zur Freilegung und Verstärkung neuer Moves ist in der Skill-Liste alles dabei. Und wenn das nicht reicht, gibt es immer noch Items.

##bild83988rechts##Anders als beim Vorgänger gibt es hier übrigens auch kein Zeitmanagement. Die Tage schreiten nur dann voran, wenn die Story es so möchte, und ihr könnt nach Belieben zwischen der kognitiven und der realen Ebene wechseln – in Dungeons aufgespürte Speicher-Checkpoints vorausgesetzt. Warum man dann überhaupt umständlich in die reale Welt wechseln muss, um seinen Trupp vollständig zu Kräften kommen zu lassen oder zu shoppen, erschließt sich mir nicht ganz. Abseits der Erkundungstouren durch die Gefängnisse gibt es nämlich auch praktisch nichts zu tun. Klar eröffnet sich nach einigen Stunden ein stetig wachsender Katalog an Sidequests, diese fordern aber häufig eher einfache Dinge wie das Erledigen bestimmter Gegner oder das Aufspüren verborgener Gegenstände von euch. Sie sind daher häufig schnell erledigt. Ignorieren solltet ihr sie dennoch nicht, denn nicht wenige von ihnen erweitern etwa das Shop-Inventar mit lebensnotwendigen Ausrüstungsupgrades oder erhöhen die Obergrenzen der Skill-Level.

Eine stilistische Klasse für sich
Wäre es nicht für einige fehlende Details bei den Charaktermodellen, könnte man an vielerlei Punkten glauben, man hätte es mit dem klassischen Persona 5 zu tun – dermaßen gut fing Omega-Force den Look des Vorgängers ein. Selbst die Menüs präsentieren sich allesamt stilsicher und verspielt! Auch wissen die vielfältigen Kreaturen in den Gefängnissen durch ihr ausgefallenes Design und die simplen, jedoch effektiven Animationsphasen zu überzeugen. Ob Freund oder Feind: Jeder Angriff weist eine effektreiche Wucht auf, die für ein wohliges Kampfgefühl (und dezente Übersichtsprobleme) sorgt. Die Performance der Switch-Version speziell fällt aber leider eher gemischt aus. Während das Action-RPG im TV-Betrieb in meinen gelegentlichen Testphasen weitestgehend rund lief, sieht das Bild im von mir hauptsächlich gespielten Handheld-Modus teils ganz anders aus. Bei größerem Effektaufkommen sind Ruckler keine Seltenheit und manche Gefechte – darunter auch einige Bossfights – verkommen zu regelrechten Ruckelpartien. Schön ist das jedenfalls nicht! Da ist es beinahe vernachlässigbar, dass die Charakterporträts in den Dialogsequenzen leider nur die Posen der Originalausgabe von Persona 5 aufweisen und nicht die zahlreichen neuen Variationen der Royal-Version. Wo sich Strikers hingegen zu Punkten weiß, ist die musikalische Ebene. Eingängige neue Musikstücke sowie Warriors-typische Rock-Remixes bekannter Tracks sorgen in jeder Situation für die richtige Begleitung und nahmen mir persönlich auch zumindest leicht den Schmerz an den langwierigen Bosskämpfen. Gleichermaßen weiß die englische Tonspur zu überzeugen, auch wenn es hier und da dezente Abmischungsfehler gibt, wegen derer beispielsweise eine Figur stellenweise etwas zu leise klingt. Und ja, die japanische Sprachausgabe ist für alle Liebhaber der Originaltonspur natürlich ebenfalls mit dabei.

Fazit

Was habe ich mich auf Persona 5 Strikers gefreut! Ein actionreicher Exkurs unter der Federführung von Omega-Force, gepaart mit einer Story-Fortsetzung, die präsentationsmäßig direkt aus dem Rollenspiel-Vorgänger stammen könnte. Leider will mir der Cocktail schlussendlich nicht so ganz munden. Dafür sorgen maßgeblich die sehr schnell unübersichtlich werdenden normalen Kämpfe sowie die mit einem gefühlt zu großen Trefferpunktepolster ausgestatteten Bosse. Nichts nagte mehr an meiner Motivation als die Aussicht darauf, erst einmal mehrere Minuten lang mit den immer selben Kombos auf einen Gegner einprügeln zu dürfen, der einfach nicht klein beigeben möchte und das eigene Team mit einem Fingerschnippen wegpusten kann. Dennoch kann und will ich nicht bestreiten, dass ich durchaus mit Freuden bis zum Abspann gespielt habe. Denn wenn man die Ressourcenknappheit der ersten Spielhälfte überstanden hat und auf ein größeres Arsenal an Manövern zurückgreifen kann, gewinnt man auch bei hitzigeren Gefechten leichter die Kontrolle. Die Story mag zudem in vielen Punkten nichts besonderes sein und erinnert gerade in der ersten Hälfte stark an die Muster des Vorgängers, unterhält jedoch und bietet mit KI Sophia und Inspektor Zenkichi zudem gleich zwei interessante neue Charaktere im Rampenlicht. Wer mehr Abenteuer mit den Phantomdieben möchte, für Echtzeitkämpfe gegen kleinere und größere Gegnerscharen zu haben ist und mit Switch-bedingte Performance-Einbußen leben kann, macht mit Persona 5 Strikers auf jeden Fall nichts verkehrt. Denn auch wenn die Genreneuausrichtung nicht ganz gelungen ist, unterhält sie dank reichlich Herz und fetzig animierter Action. Mehr Maske als Mann: Tjark Michael Wewetzer [Alanar] für PlanetSwitch.de Vielen Dank an Koch Media für die freundliche Bereitstellung des Reviewcodes.

Wertung 70 / 100

Stilistisch einmalige, fetzige Fortsetzung mit actionreichen, aber leider auch unübersichtlichen Fights und anderen Ärgernissen.

Pro

  • Locker-flockiger Story-Fortschritt
  • Eingängiges Kampfsystem
  • Visuell abwechslungsreiche Dungeons
  • Vielfältige Monsterschar
  • Stilistisch dem Vorgänger treu
  • Mitreißender Soundtrack

Contra

  • Langatmige Bosskämpfe
  • Teils extrem unübersichtliche Schlachten
  • Stellenweise deutliche Performance-Einbrüche
  • Wenig in der Echtwelt zu tun

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