Shooter auf der Switch sind immer so eine Sache. Entweder fallen sie richtig gut aus oder sind einfach nur grausam zu spielen. Dabei gibt es mehrere kritische Punkte, die sich auf einem leistungsmäßig eher beschränkten System wie der Switch die Waage halten müssen: Die Bildrate, die Steuerung (vor allem in Hinsicht auf Bewegungssteuerung!), sowie die Grafik. Heute haben wir ausnahmsweise mal einen Kandidaten, der diese drei Kategorien mit Bravour meistert, dafür aber seine ganz eigenen Schwächen mitbringt. Bright Memory: Infinite hat zudem eine recht interessante Entwicklungsgeschichte und gehört zu den Titeln, die ich persönlich nie auf der Nintendo Switch erwartet hätte. Genaueres dazu gibt es im nachfolgenden Kurztest.
Ein Dev (und jetzt ein paar Helfer), sie zu knechten
##bild85273rechts##Unser heutiger Testkandidat fand seinen Ursprung als kleine „extended demo“ auf Steam. Dort stand im Grunde schon das Kernkonzept, allerdings beinhaltete das ursprüngliche Spiel Bright Memory nur wenige Abschnitte, die in unter einer Stunde auch schon wieder vorbei waren. Das erfrischende Gameplay gepaart mit der schicken Optik sorgten aber für dermaßen viel Furore in der Branche, dass der Einzelentwickler (!) hinter FYQD Studio aus China sich dafür entschied, daraus etwas größeres zu machen, jedoch nun mit ein paar unterstützenden Entwicklern. Das führte dann sogar dazu, dass Microsoft kräftig für das Spiel warb, dass Nvidia anhand des Spiels das damals noch bahnbrechende Raytracing demonstrierte, und, und, und. Wenn ihr mich fragt, ein ziemlich wilder Werdegang für ein kleines, aber technisch extrem versiertes Indie-Projekt.
Action at its best
„Schöner Vortrag, doch was ist Bright Memory: Infinite nun überhaupt?“ Nun, bei diesem kleinen, aber feinen Titel handelt es sich im Kern um einen Ego-Shooter. Das Spiel streut aber dazu noch eine ordentliche Prise Nahkampfaction mit ein, was das Erlebnis gehörig aufwertet und so in dieser Form selten zu finden ist. Protagonistin Shelia – ihres Zeichens Geheimagentin – trägt nämlich neben bis zu vier Ballermännern auch ihr treues Schwert mit sich herum. Mit dieser tödlichen Kombo kann man allerlei fiese Sachen anstellen, da sich zu allem Überfluss noch eine Art telekinetisches Gadget dazu gesellt, mit dem Shelia etwa sich selbst oder Gegner in die Luft schleudern, diese zu sich ziehen oder auch wegstoßen kann. Schmeißt man das alles innerhalb der ersten 30 Minuten auf den Spieler, könnte man unter Umständen schon mal etwas überfordert sein. Man wird jedoch Schritt für Schritt an die vielseitigen Mechaniken herangeführt und lernt durchs freie Herumexperimentieren schnell dazu.
##bild85271links##Nun ein paar Worte zur Geschichte: Fertig, reicht dann auch. Die Hintergrundgeschichte ist nämlich sehr kurz – die Betonung liegt auf „sehr“, und auf „kurz“. Je nach Schwierigkeit und Können variiert die Spieldauer natürlich, im Schnitt kann man aber sagen, dass nach zwei Stunden schon Schluss ist. Dementsprechend belanglos fällt die Story aus, in der wir im Prinzip die Welt vor einer Naturkatastrophe gigantischen Ausmaßes und einem wahnsinnigen Antagonisten retten müssen, der außerdem irgendwelche mythischen Kräfte besitzt und wodurch einen plötzlich irgendwelche muskulösen Wesen aus der asiatischen Mythologie angreifen… Stellt besser keine Fragen. Die Geschichte ist aber auch ehrlich gesagt nicht so wichtig und eher Beiwerk. Das große Plus dieses Titels ist der Fakt, dass einem ein kurzweiliges, knackiges Action-Spektakel um die Ohren gepfeffert wird.
Und technisch?
Top, muss man einfach sagen. Wie bereits erwähnt galt die PC-Version als technische Meisterleistung und strotzte daher nur so vor cineastischen Effekten. Ich war daher etwas in Sorge um die Switch-Version, aber auch irgendwie zuversichtlich und neugierig. Enttäuscht wurde ich keineswegs. Klar, die Optik hat schon einstecken müssen, vor allem was die Texturen angeht. In Sachen Auflösung und Geometrie, aber auch beim allgemeinen Stimmungsbild ist dafür aber erstaunlich viel übrig geblieben. Eine verpixelte Katastrophe wie bei der Switch-Portierung von Crysis Remastered (zum Test) muss man hier nicht befürchten, eher das Gegenteil. Lediglich die Vegetation und die Texte sind sehr verpixelt und letztere sogar noch sehr klein und somit grenzwertig unleserlich. Viel zu Lesen gibt es aber ohnehin nicht – geschenkt.
##bild85274rechts##Die Steuerung fällt hier ebenfalls sehr gelungen aus. Standardmäßig ist alles bereits gut eingestellt und sorgt für einen ordentlich Spielfluss. Das Gyro-Aiming aktiviert hier vor allem nur, wenn man über Kimme und Korn zielt und wird einem nicht direkt permanent aufgezwungen. Wer will, kann aber nach Belieben an den Optionen herumjustieren und die Bewegungssteuerung dauerhaft aktivieren. Diese Qualität zieht sich auch durch den Rest der Präsentation. Die Klangkulisse ist stets dicht und antreibend, und hat natürlich auch ein paar asiatische Akzente. Wirklich angetan hat es mir aber das wuchtige Geballere. Hier habe ich bisher nur einmal etwas vergleichbares erlebt, nämlich in Apex Legends. Irgendwie sorgt der Mix aus Soundeffekten, leichtem Motion Blur und Rückstoß für ein seltsam befriedigendes Erlebnis.
Trotz all der Positivpunkte läuft das Gesehene im Handheld-Modus durchweg flüssig, und das bei einer recht stabilen und relativ gesehen hohen Auflösung. Lediglich im Dock zeigte sich die Bildrate hier und da etwas bockig, was aber auch nur bedingt stört. Störender war da schon eine andere Kuriosität, denn ausgerechnet das Aufsammeln von Munition kommt mit einer ordentlichen Verzögerung daher. Ich kann mir vorstellen, dass es sich hierbei noch um einen Bug handelt, der mit einem späteren Update behoben wird. Auch die Ladezeiten beim Ableben der Hauptfigur sind für meinen Geschmack etwas zu lang. Hier wird scheinbar der gesamte Abschnitt jedes Mal neu geladen, obwohl er sich vor dem Blackscreen schon im Speicher befand – merkwürdig.