Über den kreativen Kopf Suda51 und die No More Heroes-Serie habe ich vor dem Testmuster eigentlich nur Positives gehört, weshalb ich mir unbedingt mal mit dem Erscheinen des dritten Teils ein eigenes Bild machen wollte. Nun hat sich mein Test leider aufgrund persönlicher Gegebenheiten arg verzögert. Aber hey, gerade jetzt ist sogar wieder ein halbwegs guter Zeitpunkt, das Thema nochmal aufzuwärmen – so ein Glück aber auch! Im Oktober wird das technisch nicht ganz einwandfreie Produkt nämlich auch für den PC und aktuelle Konsolen veröffentlicht. Ob Travis’ Ranglistenmetzelei sich dennoch auf der Switch noch lohnt, und was er und seine Freunde dieses Mal im Schilde führen, das erzähle ich euch im Test.
Fuck you, FU!
##bild85284rechts##Bitte steinigt mich nicht, sollte ich mal einen Querverweis auf die Vorgänger verpasst haben, aber die Geschichte von No More Heroes 3 beginnt damit, wie ein junger Tüftler namens Damon im Wald ein abgestürztes Alienwesen aufsammelt und vor der Regierung sowie der Polizei beschützt. Daraufhin werden die beiden die besten Freunde, und bauen zusammen an einer experimentellen Rakete, um das kleine Wollknäuel „FU“ wieder nach Hause schicken zu können. Dieser verspricht jedoch irgendwann wieder zurückzukommen, und meine Herren, er hat Wort gehalten – und wie. Der kleine FU ist nämlich Jahre später nicht nur ausgewachsen und hört nun auf „Jess Baptiste VI“, sondern ist auch noch das mächtigste Wesen im Weltraum, arrogant und ein Bilderbuchsadist, der die Erde wie viele Planeten davor unterjochen will. Damon hingegen ist mittlerweile CEO einer mächtigen Firma und fortan der Schoßhund unseres unliebsamen Eroberers.
Wild, oder? So und nicht anders kennt man es von Grasshopper Manufacture und NMH. Ich habe mir von meinem lieben Chefredakteur Tjark sagen lassen, dass die Vorgänger zwar auch schon verrückt, aber doch etwas gediegener waren. Was im dritten Teil so abgeht ist also eine konsequente Steigerung auf der Skala des Wahnsinns. Übrigens wird das Intro in einer Art Anime-Stil dargestellt und macht direkt neugierig auf mehr. Aber auch die Szenen zwischendurch wissen dennoch zu überzeugen. Generell kann man sagen, dass No More Heroes 3 alles, was auch nur halbwegs kreativ wertvoll ist, in einen Topf wirft und kräftig umrührt. An jeder Ecke wird man mit neuen Elementen der Präsentation konfrontiert, dass es teilweise schon fast an eigener Identität fehlt. Versteht mich aber bitte nicht falsch, der abgefahrene Stil hat schon was und ist durchaus eine Erfahrung die man mal gemacht haben sollte.
Boss-Rush Deluxe
##bild85285links##Gameplaytechnisch orientiert sich NMH3 wieder mehr am Ursprung der Reihe. Mit seinem treuen Strahlenschwert ist es nun am unsterblichen Travis, sich in einer Art Kampfturnier von einem Alienboss zum nächsten zu prügeln, bis man bei der Nummer Eins, FU, angekommen ist. Dabei stehen ihm neben schnellen und schweren Standardangriffen auch allerlei Spezialmoves zur Verfügung, die zwar mächtig reinhauen, aber auch erstmal freigespielt und aufgelevelt werden wollen. Ist das Standardschwert mal leer, muss man sich wieder in Sicherheit bringen und mit einer herrlich obszönen Geste die Schneide aufladen. Die Bosse sind dabei allesamt originell und jeder auf seine Art bekloppt und/oder übermächtig, dementsprechend erinnerungswürdig sind auch die Begegnungen.
Wo das Spiel aber schwächelt, und womit ich als alter Open-World-Fan trotzdem kein Stück warm geworden bin, ist das, was dazwischen passiert. Für jeden Kampf muss man nämlich erstmal eine immer höher werdende Gebühr locker machen, die man sich anfangs noch entspannt leisten kann, später aber in einen nicht mal ansatzweise spannenden Grind ausartet. Die Kohle verdient man in verschieden „open-world-artigen“ Zonen der zerstörten Hauptstadt von UtopiLand, wovon auch noch die Hälfte abgesperrt ist und sich dem Spieler nie richtig eröffnet. Dort erledigt man allerlei Kämpfe gegen kleinere Gegner, die aber immerhin fast genauso viel Spaß machen wie die Bosskämpfe, da jede Art ihre speziellen Stärken mitbringt und so zum kreativen Kämpfen zwingt.
##bild85287rechts##Auch andere Beschäftigungen wie den Rasen mähen, Sammelkarten ausfindig machen, Skorpione sammeln oder Missionen für ein modebewusstes T-Shirt-Alien erledigen machen Laune und sind an kreativer Energie nicht zu überbieten. Spätestens nach dem fünfzigsten reparierten Klo wird es allerdings auch dezent nervig. Ihr müsst nämlich, um den Fortschritt speichern zu können, mit Travis ein stilles Örtchen aufsuchen, die, wie es der Zufall so will, aber in der gesamten Stadt verstopft sind. So kommt es also vor, dass man teils mehr den Pömpel als das Schwert schwingt. Auch der Rest der offenen Areale lässt stark zu wünschen übrig. Was No More Heroes 3 an manchen Stellen optisch auf die Bühne bringt, wird hier mit einer höllischen Framerate, extrem vermanschten Texturen und einer komischen Motorradsteuerung wieder zunichte gemacht. Dafür haut der Soundtrack an jeder Ecke rein und sorgt somit zumindest klanglich für gute Unterhaltung.