Noch bevor Guybrush Threepwood endlich das Geheimnis von Monkey Island lüften darf, segelt bereits ein anderes Piratenabenteuer auf die Switch. Eindeutig inspiriert von eben jenem Adventure-Klassiker sowie einer Hand voll weiterer Titel und doch ein eigenständiges Erlebnis, das ist Cleo: A Pirate’s Tale. Mit einem charmanten Pixellook, reichlich Witz und Charme sowie einer kompletten, deutschen Vertonung will das einstige PC-Adventure nun auch auf der Switch begeistern. Und, so viel kann ich vorwegnehmen, das tut es auch.
Ein Abenteuer wie aus dem Buche
##bild85302links##Denn Titelheldin Cleo bekommt es sehr früh mit einem Geist zu tun! Ha, versteht ihr? BeGEISTern? Okay, der Reihe nach: Als Tochter eines Barmanns sehnt sich die aufgeweckte Heldin nach nichts sehnlicher als selber auf Abenteuer zu gehen, wie es Captain Cabeca aus den „Entwenden und Entwischen“-Büchern tut. Und wer kann es ihr angesichts ihres Alltags verübeln? Sie hilft ihrem Papa dabei aus, Trunkenbolde mit Alkohol zu versorgen, oder muss dem Koch des Etablissements bei der Zubereitung einer besonders fischhaltigen Suppe zur Hand gehen. Doch das Schicksal findet immer einen Weg – hier in Form einer abgetrennten Hand, die mitsamt eines Buches von einem Suppenfisch verschlungen wurde. Als plötzlich aus dem Büchlein ein Geist erscheint und die Küche verwüstet, wird Cleo von ihrem erbosten Vater – der von der Erscheinung natürlich nichts mitbekam – auf den Kahn des Fischers Butthair Pete verdonnert. Und somit beginnt ein Abenteuer auf hoher See, das mit seinen rund drei bis fünf Stunden Spielzeit zwar recht kompakt ausfällt, dafür jedoch spannend und unterhaltsam aufgezogen ist.
Jedes der Kapitel schickt euch an eine Hand voll Schauplätze, die ihr gründlich nach hilfreichen Objekten und Hinweisen zu durchkämmen habt. In der Regel wird euch bei der Ankunft an einer neuen Ortschaft direkt eine Aufgabe gestellt, deren Bewältigung gerne mal das Lösen anderer Rätsel voraussetzt. Was zunächst nach einer Hand voll zusammenhangloser Probleme aussieht, erweist sich schnell als einzelner Aufgabenstrang – das macht Cleo: A Pirate’s Tale bedeutend linearer, störte mich jedoch nicht. Vielmehr begeisterte mich, wie unterhaltsam die Rätsel zu knacken sind, auch wenn sie vom Schwierigkeitsgrad her auf einem eher moderaten bis einfachen Niveau bleiben. Ich möchte an dieser Stelle selbstverständlich nicht zu viel vorwegnehmen, aber auszutüfteln, wie man scheue Pilze einkassiert oder wie man mit Hilfe eines an alte LucasArts-Kopierschutzmethoden angelehnten Coderads den Namen bestimmter Personen ermittelt, machte mir ungemeine Freude.
##bild85303rechts##Zudem hält sich im Umkehrschluss auch der Frust stark in Grenzen. Die Areale von Cleo sind allesamt überschaubar groß, allzu viele Interaktionspunkte gibt es nicht. Daraus zu ermitteln, was wie wichtig sein könnte und wo sich benötigte Objekte befinden, ist also trotz fehlender Hotspot-Funktion moderner Adventures ein Kinderspiel. Auch das Inventarmanagement wurde gut gelöst: Ihr könnt jederzeit sowohl ein Dokument als auch einen regulären Gegenstand ausrüsten und über die Y- bzw. B-Taste verwenden. Verwendungsgegenstände lassen sich dabei leider nur an der richtigen Stelle anwenden, schnippische Kommentare über die ausbleibenden Anwendungsmöglichkeiten dürft ihr hier also keine erwarten. Das bedeutet jedoch nicht, dass es dem Spiel an amüsanten Beschreibungen mangelt – nur finden sich diese eher im Inventar, wo Cleo etwa darüber sinniert, warum sie überhaupt ein von einer anderen Person ausgespucktes Bonbon in ihre Taschen gestopft hat.
Old-School-Kunst mit modernen Tugenden
Überhaupt überzeugt Cleo: A Pirate’s Tale vor allem in puncto Charme. Die im Pixellook gestalteten Umgebungen sind hübsch ausstaffiert und auch die Charaktere mit ihren verspielten Animationen können sich sehen lassen. Nicht zuletzt begeisterte mich die deutsche Vertonung des Spiels. Jede Dialogzeile wird erstklassig vorgetragen und trägt so viel zur unterhaltsamen Atmosphäre des Adventures bei. Mein persönlicher Favorit ist hierbei ein gewisser Paketbote, dessen Sprecher einmalig die Absurdität der Situation herüberbringt. Ach, eigentlich ist besagter Paketbote an sich meine Lieblingsfigur. Aber ich möchte euch nicht zu viel vorwegnehmen!