Wer kennt sie nicht, die charmanten und teils urkomischen, aber auch manchmal bierernsten Point and Click-Adventures aus der deutschen Spieleschmiede Daedalic. Nicht nur durch den deutschen Ur-Youtuber Gronkh wurden Spielereihen wie Deponia oder die Klassiker Edna bricht aus und das ähnliche Harveys neue Augen beliebt, sondern auch, weil sie einfach nur herausragend und einzigartig waren und noch sind. Allerdings zeigten die liebevoll gestalteten Titel irgendwann auch gewisse Abnutzungserscheinung, weshalb man sich scheinbar bei Daedalic mal an etwas Neuem versuchen wollte. Wobei, so neu ist der heutige Testkandidat State of Mind vom Konzept her gar nicht. Es handelt sich nämlich immer noch um ein storybasiertes Adventure, allerdings spielt man dieses Mal in einer vollen dreidimensionalen Welt aus der Third-Person-Sicht. Um was es dabei aber genau geht und wie sich der „Neustart“ des Hamburger Entwicklers und Publishers im Test schlägt, das erfahrt ihr im Folgenden!
Wenn die Technik zu sehr ins Leben eingreift
##bild80034rechts##Viele von uns, vor allem aus der ganz jungen Generation, kennen das sicher: Smartphones, überall Smartphones. Nachdem quasi jeder normale Mensch ein solches Gerät sein Eigen nennt, wurden sogar Begriffe wie „Smombie“, einer Mischung aus „Smartphone“ und „Zombie“ kreiert, um subtile Kritik am Fortschreiten der Technik zu üben. Einen ähnlichen Ansatz greift der heutige Testkandidat auch auf, nur ist in dem fiktiven Plot das Ganze schon mehr oder weniger eskaliert. Unglaubliche Durchbrüche in der modernen Technik sorgten nicht nur für hilfreiche Technologien, sondern auch für endende Ressourcen, einen kaputten Planeten und jede Menge Krieg. Das „Drumherum“ wird dabei in State of Mind allerdings nur beiläufig erwähnt. Viel eher geht es darum, dass vielerorts menschliche Roboter, oder Androiden, eingesetzt werden. Die Folgen: Arbeitslosigkeit, Armut und noch viel mehr Unmut in der Erdenbevölkerung.
Das zeigt sich vor allem im Hauptschauplatz des Spiels, nämlich unsere Hauptstadt Berlin im Jahre 2048. Dort schlüpft man in die Rolle des Journalisten, Ehemanns und Vaters Richard Nolan, der vor allem für seine „Bot-feindlichen“ Publikationen bekannt ist. Dieser wacht wie aus dem nichts nach einem Autounfall auf und kann sich an so gut wie nichts mehr erinnern. Wieder zuhause angekommen, ist auch keine Spur von seiner Frau oder seinem Sohn James, stattdessen wird der Bot-kritische Richard von einem neuen, hauseigenen Bot begrüßt… Die beiden Liebsten aufzuspüren, stellt von dort an das Ziel dar. Dabei stößt man unter anderem auf eine anarchisch geprägte Gruppierung, macht Bekanntschaft mit der virtuellen Realität und löst hier und da mal ein Rätsel. Allzu viel kann und will ich an der Stelle zur Geschichte nicht sagen, da quasi alles ein potenzieller Spoiler ist. Ich kann aber mit Gewissheit sagen, dass auch hier die Geschichte den Spieler fesselt und in eine Art Sog zieht. Zwar kommt der Plot etwas schwer in Gang und fühlt sich dann teils immer noch zäh und konfus an, doch im Grunde passt das Durcheinander ja auch irgendwie zur mysteriösen Grundstimmung von State of Mind.
Die Optik muss man mögen
##bild80037links##Soviel zum groben Inhalt des Spiels. Da hier vor allem eine dichte und packende Geschichte erzählt werden soll, liegt der Fokus natürlich eher auf der Erzählung als auf Gameplay und Rätseleinlagen. Die wenigen Aufgaben, die einem das Spiel stellt, verlangen letztlich nur wenig kombinatorisches Geschick, sind aber zuweilen eine ganz nette Abwechslung. Das Gameplay an sich geht auch in Ordnung, fühlte sich aber leider immer etwas zäh und unpräzise an. Da man hier mit den Hauptfiguren eigentlich nur von A nach B rennt, habe ich im Test auch nicht selten aufgrund der störrischen Steuerung die Wand geküsst. Aber hey, immerhin kann man Sprinten, das kann ein Rollenspiel mit dem Titel I am Setsuna nicht von sich behaupten.
Der auffälligste, und damit nicht ganz unwichtige Punkt ist die eigenwillige Optik von State of Mind. Die Umgebung an sich ist relativ normal und detailliert gestaltet, doch die Charaktere und Statisten sind zwar realistisch, aber im „Low-Poly-Look“ dargestellt. Anfangs wirkt das noch etwas befremdlich, jedoch gewöhnt man sich da recht schnell dran. Immer funktioniert das aber nicht. So sieht Richards Frau Tracy Nolan ein wenig so aus wie eine 80-jährige Dame, anstatt wie eine Frau von circa 30 Jahren. Auch wenn der Artstyle nicht jedem gefallen mag, abheben tut sich Daedalic damit auf jeden Fall – und frischer Wind ist ja bekanntlich nicht zu verachten. Besonderes Lob muss man den Designern der Spielwelt zusprechen. Zwar hat die futuristische Großstadt bis auf die U-Bahn und den Fernsehturm nichts mit dem heutigen Berlin gemeinsam, doch steht man nicht selten einfach nur kurz da, und schaut sich die Umgebung an. Gerade im späteren Spielverlauf findet man doch den einen oder anderen genial gestalteten Schauplatz. Irgendwo im Spiel wurde sogar ein gewisser blauer Hase versteckt. Das Sounddesign reiht sich übrigens ganz gut ein. Zu keinem Zeitpunkt wirkte ein Stück zu aufdringlich oder zu lasch, stattdessen fügt sich die Soundkulisse perfekt in das futuristisch-utopische (oder dystopische?) Setting ein.