Snack World: Die Schatzjagd – Gold

##bild82932links##Immer wieder gibt es Spiele, die irgendwie unter den Tisch fallen und praktisch in Vergessenheit geraten. Das ist umso merkwürdiger, wenn die leitenden Kräfte eigentlich einen Megahit mit massig Merchandise und multimedialer Triebkraft geplant hatten. Doch auch die Spieleschmiede Level-5 konnte nach dem – maßgeblich auf Japan beschränkten – Riesenerfolg Yo-Kai Watch nicht so recht mit Snack World, der nächsten Cross-Media-Marke, punkten. Entsprechend überraschend war die Ankündigung, dass Nintendo und Level-5 die Switch-Umsetzung des 3DS-Titels aus dem Jahre 2017 tatsächlich für den hiesigen Markt lokalisieren. Zwar gänzlich ohne Spielzeug-Unterstützung und TV-Serie im Rücken, dafür aber mit einer gewaltigen Schippe Humor, Charme und fetter Beute. Ob dieses Rezept aber auch mundet, kläre ich im folgenden Test von Snack World: Die Schatzjagd – Gold.

Auf Beutezug im Land der Leckereien
Nach der kompakten Charaktererstellung beginnt eure Reise mit dem Abenteurer-Klischee schlechthin: Dem Gedächtnisschwund. Ihr wacht lediglich mit eurem Namen im Kopf und einfachen Kleidern am Leib im Gasthaus des Königreichs Croquetta auf und werdet vom hiesigen Regenten direkt mit einer Abenteurer-Lizenz ausgestattet. Statt jedoch die große Suche nach eurer Vergangenheit zu beginnen, dürft ihr stattdessen den Laufburschen für Prinzessin Melonia spielen, die stets aktuellen Trends hinterherjagt und entsprechend unbedingt die angesagtesten Hautcremes oder andere seltene Dinge haben muss. Bloß gut, dass es für alles praktischerweise irgendwo auch ein geeignetes Monster gibt, das man dafür vertrimmen kann! Keine Bange: Im Laufe der Handlung wird es spätestens mit dem großen Auftritt des bösen Sultans Balsamico auch etwas ernster, insgesamt versteht sich Snack World jedoch mehr als leichtherziges Erlebnis, bei dem weniger tiefgreifende Wendungen als allgemeiner Abenteuerspaß auf dem Programm stehen. Ferner bekommt ihr es über die insgesamt leider recht kurzen Kapiteln des Spiels – die jeweils drei Quests pro Spielabschnitt sind vergleichsweise schnell abgehakt – auch mit diversen Nebenmissionen zu tun, bei denen die normale Bevölkerung des Königreichs und sogar einige Monster im Rampenlicht stehen. Diese Zusatzaufgaben haben zwar eher Sketch-Charakter, wissen unterm Strich jedoch trotzdem zu unterhalten. Es gibt insgesamt also reichlich für angehende Schatzjäger zu tun!

##bild82938rechts##Vorausgesetzt natürlich, man kommt mit dem Abenteuer-Rhythmus klar. Eine große, zusammenhängende Welt gibt es bei Snack World nämlich nicht. In der Regel werdet ihr bei den Quests direkt in ein überschaubares Teilgebiet oder einen prozedural generierten Dungeon mit mehreren Ebenen geschickt. Dann gilt es, entweder die gewünschten Monster auszuschalten, Questobjekte einzustecken oder einfach bis zum Boss zu gelangen und diesen zu filetieren. Wirklich abwechslungsreich sind die Aufgaben eher weniger, humoristische Wachmacher wie eine Aufgabe, bei der man verirrte Yetis mit mächtigen Schlägen wieder nach Hause katapultiert – inklusive passender Sound- und Flugeffekte – machen sich leider rar. Das ist vor allem deswegen schade, weil Snack World eindeutig auf das mehrfache Beackern der Aufgaben setzt. Schließlich kommt man nur so an die von Monstern oder aus Truhen erbeuteten Materialien oder gar vollständigen Waffen heran, die man zum Aufmotzen seiner Ausrüstung benötigt.

Immerhin ist das Kampfgeschehen schnell erlernt und beherrscht: Bis zu sechs Waffenhand-Objekte – Schwerter, Schilde, Speere und so weiter – könnt ihr gleichzeitig auf eine Mission mitnehmen, dazu noch je ein Heiltrank und ein Unterstützungs-Spray. Eure Bewaffnung könnt ihr dann entweder umständlich manuell mit einem Druck auf die rechte Steuerkreuztaste und Herumsuchen im Auswahlmenü herauspicken oder simpel und einfach mit der ZR-Taste durchschalten. Bei letzterer Methode praktisch: Solltet ihr ein Werkzeug haben, das gegen den aktiv in die Mangel genommenen Gegner sehr effektiv ist, schaltet die Schultertaste automatisch zur entsprechenden Waffe. Aber auch allgemein ist ein häufiger fliegender Wechsel der Ausrüstung ratsam. Jede Waffe verfügt nämlich nur über eine begrenzte Haltbarkeit, die sich relativ langsam wieder auflädt. Im „zerbrochenen“ Zustand lassen sich die sogenannten Jaras nur noch behäbig schwingen und verwehren euch zudem die Nutzung der zwei Spezialmanöver pro Item. Durch die ständige Waffenjongliererei werden die Kämpfe zumindest selten absolut einschläfernd, dennoch fehlt es den insgesamt eher simplen Intermezzos über weite Strecken des Spiels an Tiefgang.

Mit der Lizenz zum Multiplayer
##bild82933links##Der darf eher im Endgame beziehungsweise im Multiplayer erwartet werden. Wenn dann nämlich die Bosse aus ihrem vollen Repertoire schöpfen, sind flinke Finger und viel Ausdauer gefragt. Allein ist das nicht immer einfach zu bewerkstelligen, weswegen es glücklicherweise zwei Arten der Gruppenbildung gibt. Auf der einen Seite rekrutiert ihr im Spielverlauf entweder über Quests oder durch Zufall in freier Wildbahn diverse Monster und andere NPC-Gefährten, die ihr als sogenannte Snacks zu eurer Gruppe hinzufügen könnt. Variante Nummer 2 lässt euch menschliche Mitspieler an Bord holen, die entweder per lokalem Drahtlosspiel oder online in eure Stadt geholt werden. Dann setzt ihr euch nach bester Monster Hunter-Manier (oder nach Vorbild Phantasy Star, für die alten Hasen) für Quests zusammen, bereitet euch in der als Shop-Hub dienenden Stadt vor und geht die Missionen kooperativ an. Dummerweise steht das gemeinsame Spiel mit echten Spielern jedoch nur für die explizit als Nebenaufgaben bezeichneten Zusatzquests zur Verfügung – die Story und kleinen NPC-Randhandlungen müssen allein mit Snacks angegangen werden. Doch selbst unter diesen Auflagen ist es nicht immer sinnvoll, sich direkt in den Multiplayer zu stürzen, denn sogar diverse Queststufen sind erst dann verfügbar, wenn alle Mitspieler auch den entsprechenden Einzelspieler-Rang erreicht haben. Wollt ihr also kooperativ zocken, sollten alle Teilnehmer idealerweise auf der selben Fortschrittsebene sein. Nur wird dann das ganze Unterfangen aufgrund der ständigen Solo-Unterbrechungen irgendwie witzlos.

Das Ausrüstungssystem, wegen dem man die ganze Beutespirale überhaupt mitmachen möchte, wirkt leider auch alles andere als prickelnd. Zunächst einmal ist Snack World gerade zu Beginn eher geizig, wenn es um Geldmittel oder schmiedbare Ausrüstung geht. Erst auf halber Strecke durch den Story-Modus ist ein einigermaßen guter Fluss an Ressourcen gewährt, dass man sich auch mal der Zusammenstellung von Outfits und dem Verbessern von Jaras hingeben kann. Nur gewöhnt man sich leider eher schlecht an irgendwelche Waffen, wenn man ständig aufgrund der zahlreichen Monstergattungen unterschiedliche auf Quests mitnimmt. Das Spiel bietet sogar eine Funktion dafür an, automatisch ein optimales Set aus dem Inventar zusammenzustellen. Statt also groß an seinen Waffen zu feilen, für die man ohnehin im Regelfall Duplikate zur Aufrüstung benötigt, läuft man hauptsächlich eher mit einem ständig wechselnden, vielfältigen Arsenal umher. Auch das Craften und Aufmotzen der Rüstungen ist eher langwierig. Jede von ihnen erfordert nämlich gewisse seltene Kernkomponenten, die sowohl zur erstmaligen Erstellung als auch der Aufrüstung notwendig sind. Die Werteschübe beim Upgrade sind jedoch über weite Strecken dermaßen gering, dass man mit dem Kauf oder Bau einer neuen Rüstung schlichtweg besser fährt. Immerhin wird, anders als bei den Waffen, kein Rüstungsteil wirklich obsolet, denn sie lassen sich auch als rein dekorative Zierteile einstellen. Besser noch: Ist eure Zierrüstung an die täglich wechselnden Modetrends ausgerichtet, winken bei euren Dungeon-Touren höhere Chancen auf seltene Gegenstände.

Ohrstöpsel, bitte…
##bild82934rechts##Dass Snack World: Die Schatzjagd ursprünglich auf dem 3DS daheim war, merkt man dem Titel in einigen Bereichen gar nicht an. So fallen die Charaktere äußerst detailliert aus und erinnern zum Teil beinahe an Knetmodelle, während beispielsweise das Königreich Croquette nicht mit vielerlei Dekoration geizt – wenn auch im von mir ausschließlich gespielten Handheld-Modus leider zu Lasten der Framerate. Wenn es jedoch um die kompakten Questareale oder zum Teil ziemlich kantigen Objekte geht, wird doch deutlich, dass dieses Rollenspiel von einem bedeutend schwächeren System stammt. Immerhin glänzt der Soundtrack dafür mit peppigen Melodien, die euch den Abenteurer-Alltag versüßen. Vorausgesetzt natürlich, ihr bekommt ihn auch zu hören, denn gerade in den Kämpfen sorgen die sich stetig wiederholenden Phrasen von Freund und ganz besonders Feind dafür, dass alle anderen Töne sang- und klanglos untergehen. Die Sprüche der Marke „Bissss dann, ihr Ssssäcke!“ von einer Giftschlange oder „Hände weg von meinem Schinken!“ vom Ritter-Schwein mögen zudem im Einzelfall noch ganz witzig sein, wenn ihr jedoch eine ganze Horde besagter Monster in schneller Abfolge erlegt, werden sie schlichtweg nervtötend. Vollständige deutsche Sprachausgabe für die Story-Dialoge oder gar das Anweisungs-Geschnatter im linken oberen Bildrand gibt es übrigens keine, stattdessen bekommt ihr auch hier nur kurze – und teilweise leider auch nicht ganz so kurze – Phrasen immer wieder aufs Neue serviert.

Fazit

Für schräge Szenarien bin ich persönlich immer zu haben und eine gute Prise selbstironischer Humor ist genau mein Ding. Leider hat mich Snack World: Die Schatzjagd – Gold trotz besagter Qualitäten nicht so recht abholen können. Klar ist die gewollt klischeebeladene Story nett erzählt und speziell die witzigen Nebenquests haben es mir angetan, doch wenn es ums Dungeon Crawling geht, will der Funke schlichtweg nicht bei mir überspringen. Zu kompakt sind die oberweltlichen Questgebiete, zu repetitiv die prozedural generierten Labyrinthe und zu sinnlos wirkt all die schöne Beute, die ich ansammle. Jeglicher Aufwand, den ich in meine Ausrüstung stecke, wirkt wie vergeudete Liebesmüh, wenn ich eh jede Quest aufs Neue das Waffenarsenal auswechsle oder Rüstungsupgrades gering spürbare Verbesserungen mitbringen. Der Multiplayer könnte da einiges rausreißen und speziell das Sammeln von selteneren Gegenständen kurzweiliger gestalten, nur ist dessen vollständige Freischaltung auch an den Fortschritt in der Story gebunden. Bis ich ihn also vollends auskosten kann, habe ich einen Großteil der Aufgaben bereits erledigt – das kann doch auch nicht im Sinne des Erfinders sein. Wer sich für den Humor begeistern kann und für unterwegs kompaktes RPG-Futter sucht, bei dem man in wenigen Minuten mal eben so ein paar kurze Quests erledigen kann, wird hier bei einem guten Angebot womöglich noch satt. Insgesamt ist mir jedoch klar geworden, warum das Spiel in Japan keine allzu großen Wellen schlug. Geht diese Nacht hungrig zu Bett: Tjark Michael Wewetzer [Alanar] für PlanetSwitch.de Vielen Dank an Nintendo für die freundliche Bereitstellung des Reviewcodes.

Wertung 55 / 100

Trotz humorvoller Packung und Aussicht auf reichlich Beute ein eher mittelprächtiger Dungeon Crawler, der schnell eintönig wird.

Pro

  • Einsteigerfreundliches Kampfsystem
  • Reichlich Waffen und Outfits zum Sammeln
  • Ideal für kurzes Questen zwischendurch
  • Humorvolle Handlung
  • Farbenfrohe Optik

Contra

  • Nervige Sprüche von sterbenden Monstern
  • Extrem kompakte Questgebiete
  • Recht anspruchsloses Dungeon Crawling
  • Langwierige Materialsuche…
  • …für Upgrades, die sich nicht wie solche anfühlen
  • Multiplayer-Umfang an Story-Fortschritt gebunden

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