Es gibt Spiele von der Stange, die es schon rein aufgrund des Namens immer wieder schaffen, Millionen von Spielern und Spielerinnen auf der ganzen Welt in ihren Bann zu ziehen. Dann gibt es da aber auch die kleineren Spiele, die eher aufgrund geschickt inszenierter Trailer oder rein aufgrund ihres Charmes neugierig machen. Windbound von den 5 Lives Studios geht dabei ganz klar in die letztere Kategorie ein. Schon im Trailer kamen gewisse Aspekte des legendären Zelda-Titels Wind Waker rüber, aber auch der mysteriöse Touch des genialen Rime (zum Test der mittlerweile besser spielbaren Switch-Version). Umso überraschter war ich dann beim ersten Anspielen, dass es sich quasi um beide Spiele in einem handelt, aber im Kern eigentlich ein Hardcore-Survival-Spiel ist. Beste Voraussetzung für Topwertung, oder? Nicht ganz, aber Windbound ist ziemlich nah dran. Auf was für Schwächen ich gestoßen bin, und was das Spiel einzigartig macht, das erfahrt ihr im folgenden Test.
Wenn ein Twitch-Meme zum Plot wird
##bild83439rechts##“All hail helix!“ Na, wer kennt das noch? Zur Hochzeit von “Twitch plays“ – einem Format, bei dem der Chat mit gewissen Befehlen kollektiv das Spiel steuert – lockten vor allem die alten Pokémon-Ableger reichlich Zuschauer, beziehungsweise Mitspieler an. Irgendwie entwickelte sich dann aus dem Helix-Fossil für Amonitas sogar ein regelrechtes Güte 1-Meme. Tja, und wie es der Zufall so will werden scheinbar genau solche Wesen im Segel-Abenteuer eine große Rolle spielen. Zum Drumherum lässt sich dabei gar nicht mal so viel sagen, denn bis auf eine kurze Einleitungssequenz wird man mehr oder minder einfach so ins Geschehen geschmissen. Gestrandet auf einem kleinen Eiland finden wir uns ohne Wissen warum man sich dort befindet, noch wie man von dort wegkommt. Auch nach einem Tutorial oder zumindest einer kleinen Tastenlegende sucht man vergeblich. Das mag zwar für einige ein Manko sein, und auch mich nervte das kurze Zeit, doch im Grunde macht es auch den gewissen Charme des Spiels aus.
So muss man sich, ohne von den Entwicklern ständig an die Hand genommen zu werden, fortwährend neu ausprobieren um das digitale Überleben zu sichern. Vor Spielstart hat man dabei übrigens die Option, ob man im Hardcore-Survival oder im entspannteren Story-Modus spielen möchte. Empfohlen wird der erste, also wählte ich diesen. Eigentlich sollte man dort direkt beim ersten Bildschirmtod seinen kompletten Fortschritt verlieren, doch bauten das Team zum Glück einige Szenarien ein, bei denen das nicht geschieht. Etwa zwang mich ein, zwei Mal ein Physik- oder Clipping-Bug in den Tod, was aber glücklicherweise nur im sofortigen Respawn endete. Segnet man jedoch regulär, etwa durch Verhungern, das Zeitliche, heißt es aus die Maus. Entscheidet man sich für den Story-Modus, wird man immerhin nur an den Anfang des jeweiligen Kapitels zurückgesetzt.
Erstmal ein Steak craften
##bild83440links##Los geht es mit nichts weiter als einem simplen Messer. Doch was tun? In der Ferne kann man bei genauerem Betrachten ein paar einheimische Wesen erspähen. Schafft man es diese zu erdolchen, winken Knochen, Haut, Federn oder andere Güter als Belohnung. Je mehr Materialien man entdeckt, desto mehr Crafting-Rezepte schaltet man frei. Dies wird jedoch leider nicht sonderlich prägnant signalisiert, weshalb ein regelmäßiger Blick ins recht übersichtliche zweigeteilte Menü ein absolutes Muss ist. Per Schultertaste gelangt man wahlweise in den Crafting-Reiter, oder aber ins Inventar, welches sich freilich anfangs nicht gerade mit reichlich Platz rühmt. Doch ein paar Grasbüschel später nennt man schon einen Beutel sein Eigen und kann neue Gedanken schmieden. Oft genug verfällt man regelrecht in einen Sammel- oder Herstellungsrausch, wird dann aber auch schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Irgendwann knurrt der verlorenen Heldin nämlich gehörig der Magen. Generell kann man sagen, dass der Hunger der größte Feind im Spiel ist. Zu allem Überdruss lassen Wildtiere aber nicht mal garantiert Fleisch fallen, eines am Lagerfeuer zu grillen dauert eine gefühlte Ewigkeit, und ein Verfallsdatum haben die Lebensmittel auch noch.
Hat man aber erstmal seinen Rhythmus gefunden, ist Windbound abseits von der permanenten Todesangst ein ziemlich beruhigendes Spiel. Nachdem man sein erstes Behelfskanu gebastelt hat und das erste Mal zu anderen Inseln des Archipels reist (jedes der fünf Kapitel kommt mit einer eigenen Inselgruppe daher), kommt fast schon zu viel Ruhe auf. Leider fehlt es hier und da auch an musikalischer Untermalung, doch wenn mal ein Stück spielt, kann sich der Soundtrack durchaus hören lassen. Sonderlich viel zu sehen gibt es auf dem weiten Meer zudem auch nicht, der Reiz des Segelns ist dafür aber stark genug, um den Spieler bei Laune zu halten. Ganz wie im echten Leben fährt man das Segel aus und holt es ein, je nach Windstärke, und richtet es zudem passend zur Windrichtung aus. Da man im Gegensatz zu Link nicht mal eben mit dem Taktstock die Windrichtung ändern kann, muss man sich zudem mit dem sogenannten “Kreuzen“ auseinandersetzen, also Segeln gegen den Wind im Zickzackkurz. Das macht eigentlich trotz des gemächlichen Tempos ziemlich Laune, es sei denn, die Spielphysik versucht mal wieder mit einer Kombination aus Gegenwind und Wellengang das Boot zum Ausrasten zu bringen.
Storytelling á la Journey
##bild83441rechts##Neben der ganzen Überleberei erzählt Windbound natürlich auch eine kleine Geschichte, doch sollte man hier keineswegs einen richtigen Brecher erwarten. Hier und da entdeckt man Gegenstände oder Ruinen, woraufhin eine Erzählerstimme stets ein bisschen Lore fallenlässt. Am Ende eines jeden Kapitels, also nachdem man drei Schlüssel auf zufälligen Inseln gefunden hat, kehrt man zudem in eine Art antiken Schrein zurück, wo dann jeweils ein Teil einer Wandmalerei freigelegt wird. Das geht ähnlich zu wie im legendären Journey, also ganz ohne Texte. Dementsprechend kryptisch fällt das Ganze auch aus, soll aber auch die Fantasie der Spielergemeinde anregen.