##bild77928rechts##Wer sagt eigentlich, dass 2D-Jump-’n’-Runs immer nach den Regeln der realen Schwerkraft spielen müssen? Einer der unzähligen Vorzüge der Videospiele ist doch schließlich, dass die Grenzen des Machbaren lediglich in den Köpfen der Entwickler und Entwicklerinnen vorhanden ist. Wieso gibt es also so wenig Spiele die das menschliche Denken auf die Probe stellen? Das dachten sich wohl auch die Kreativen hinter dem Studionamen Long Hat House. Deren Schöpfung ist zwar schon ein ganzes Weilchen erhältlich, erhielt aber „jüngst“ noch ein kostenloses Update spendiert, das in Sachen Umfang nochmal eine Schippe drauflegt. Das Gesamtwerk nennt sich dann Dandara: Trials of Fear Edition und soll unser heutiges Testsubjekt sein. Was sich hinter dem Update – oder eher Upgrade? – versteckt, und ob sich das zugrundeliegende Spiel überhaupt lohnt, das erfahrt im folgenden Kurztest, also rasch die Augen nochmal anfeuchten und ab dafür!
Salz ist wichtig, aber zu viel oder zu wenig Salz ist auch nicht gut
NniS neniek neseleg tkerrok hcua tbigre ztas reseid, hcsnuwkcülg nehcilzreh. Kein Wort verstanden? Nichts wofür man sich schämen müsste! Zwar ergibt der obige Satz rückwärts gelesen etwas mehr Sinn (oder nicht?!), doch ähnlich kryptisch geht es auch in der Handlung von Dandara zu. Man schlüpft in die Haut der namensgebenden Heldin, die ohne viel Kontext mehr oder minder aus dem „Nichts“ erschaffen wird. Kaum die Augen geöffnet, muss sie sich auch schon der harten Realität stellen. In der sogenannten „Salzwelt“ ist nicht kein Stein mehr so positioniert wie er es vorher war. Irgendetwas ist dort geschehen und sollte schleunigst untersucht und gerade gebogen werden.
##bild77923links##Glücklicherweise kommt unsere Heldin mit Kugelfrisur mit einigen Talenten daher, oder anderes betrachtet scheinen die physikalischen Gesetze in der Salzwelt etwas anders zu sein. Dandara kann nämlich an sämtlichen Oberflächen an denen noch Salz übrig ist Halt suchen, egal ob diese dabei vertikal, schräg oder gar kopfüber positioniert sind. Innerhalb ihrer doch eher begrenzten Sprungreichweite springt man also wie ein Flummi im Zickzack durch die zerstörte Welt und versucht aufzuklären, was zum Henker eigentlich vor sich ging. Mehr als Brotkrumen bekommt man dabei aber leider nicht serviert. Hier und da bekommt man mal ein paar philosophische Einlagen spendiert, oder ein paar NPC stellen sich vor, doch den roten Faden suchte ich im Test vergeblich.
Auch die Natur der Spielwelt trägt ihr Übriges zur Verwirrung bei. Da die Salzwelt nun mal so ist wie sie ist, steht nicht nur Dandara öfter mal auf dem Kopf, sondern dreht das Spiel selbst auch hier und da die Ansicht des Ganzen. Warum erschließt sich nur bedingt, denn man es hat es ohnehin schon schwer genug sich zu orientieren. Dreht sich der aktuelle Raum dann noch um 90 Grad, hilft letztlich nur noch eine Neuorientierung via Minimap. Diese ist immerhin aber sehr detailliert, intuitiv bedienbar und allgemein die einzige Möglichkeit, sich zurechtzufinden.
Von Backtracking und Todesfallen
##bild77922rechts##Die Salzwelt kommt mit einem Ausmaß daher, das man sich stellenweise als Spieler schon fast überwältigt fühlen kann. Schreitet man durch einen Raum mit drei Ausgängen und hat sich endlich für einen Weg entschieden, wartet auch schon der nächste Raum mit vier Ausgängen. Trotzdem ergibt nach ausreichender Erkundung das große Ganze immer wieder Sinn und sorgt nicht selten für diese einzigartigen „Ahhh!“-Momente. Wie es sich für das Metroidvania-Subgenre gehört, stößt man standesgemäß unterwegs auch auf allerlei Objekte und Hindernisse, die erst nach dem Erwerb der entsprechenden Item oder Fähigkeiten Sinn ergeben oder passiert werden dürfen. Ein gewisses Maß an Backtracking ist also auch hier vorhanden. Zwar bewegt man sich recht flott durch die Welt, doch wäre ein Schnellreisesystem zwischen den wenigen Checkpoint-Zeltlagern ein wahrer Segen – vor allem aufgrund der vielen (wenn auch kurzen) Ladezeiten zwischen den Räumen.
Immerhin wird man aber mit allerlei Gesundheits- und Ausdauerupgrades, sowie allerlei anderen Kuriositäten bei Laune gehalten. All das hilft dann aber auch nicht, wenn man vor lauter Erkundungswut in ein unerforschtes Gebiet rennt, in dem man noch nicht sein sollte, nur um dann jämmerlich wie ein aufgescheuchtes Rehlein in den Tod zu hüpfen. Hier kommen dann übrigens auch Mechaniken zum Einsatz, die man vor allem aus Souls-Spielen kennt. Tritt man ab, schwebt die Seele nämlich mitsamt aller gesammelten Erfahrung noch eine zeitlang am Todesort herum. Stellt man sich geschickt an, darf man dies jedoch wieder einsammeln und kann ohne Verluste weitermachen. Segnet man auf dem Weg dorthin allerdings erneut das Zeitliche, wars das mit den überlebenswichtigen Punkten.
##bild77925links##Diese darf man nämlich an den doch recht spärlich gesäten Speicherorten in Upgrades für Dandaras Fähigkeiten investieren. So kommt man beispielsweise an mehr Leben oder Ausdauer für Spezialfähigkeiten. Verteidigen darf sich unsere Heldin übrigens auch. Allerdings muss man den Standardangriff aus einigen gefächerten Projektilen stets für einen kleinen Moment aufladen und auch das Zielen will gelernt sein. Im Gegensatz zur allgemeinen Bewegung geht die „Ziellinie“ nämlich beim Aufladen des Projektilangriffs flöten.
Ein zweischneidiges Schwert
Ihr merkt schon, das Spiel klingt an und für sich extrem gekonnt und aufregend. Dennoch sind es die etlichen kleinen Makel, die es mir extrem schwer machten, das Spiel zu mögen oder länger am Stück zu spielen. Spieler mit hoher Schmerztoleranz oder dem gewissen Quäntchen Dark Souls-Expertise dürften hier sehr zufrieden in den Abspann reiten. Ist man jedoch was Plattformer angeht weniger talentiert, ist Frust quasi vorprogrammiert. Hier offenbaren sich dann gewisse Stellschrauben, die das Spiel für mehr Spielertypen zugänglich, und damit auch spaßiger gemacht hätten. Zum Beispiel eine Option für mehr Checkpoints, oder einfach nur ein einstellbarer Schwierigkeit, in dem man nicht mit zwei Angriffen zermatscht wird, würden das Ruder komplett herumreißen.
##bild77927rechts##Dann wiederum gibt es die harten, aber fairen Bossgegner, die noch dazu bombastisch stimmungsvoll inszeniert sind, das fein integrierte HD-Rumble und den grandios stimmungsvollen Soundtrack. Alles Aspekte die Lust auf mehr machen, dennoch reichte es zumindest für mich persönlich nicht, den hohen Zeitaufwand und den Frust für das Bewältigen des hohen Schwierigkeitsgrades zu rechtfertigen. Ziehen wir also ein Fazit!