Ein alter König begibt sich auf seine wohl letzte Reise. Doch es läuft nicht alles wie geplant und so landet sein Schiff samt Besatzung auf einer fremden Insel. Die Gestrandeten errichten schnell eine neue Bleibe und … was ist das? Würfel bauen Rohstoffe ab, kämpfen in Schlachten und konstruieren Gebäude? Eigentlich wird jede Aktion in Dice Legacy durch geworfene Augen bestimmt, die die möglichen Optionen auswürfeln. Was dieses Konzept noch zu bieten hat, wie sich das Spiel seit der Version vom Juli entwickelt hat (zur Preview) und wie sich die Umsetzung für Nintendo Switch schlägt, erfahrt ihr in diesem Testbericht.
Mit viel Glück in eine neue Welt
##bild84504rechts##Als besagter König führe ich nun die neuen Siedler an, doch der Zufall entscheidet, welche Möglichkeiten sich mir bieten. So kann ich erst ein neues Haus bauen, wenn ich alle Baustoffe vorrätig habe, aber zusätzlich wird noch eine bestimmte Anzahl an Würfeln benötigt, die die Bauen-Seite zeigen und aktiv sind. Werden diese nun für die Aktion eingesetzt, vergeht eine gewisse Zeit und die Würfel werden deaktiviert. Jetzt müssen sie neu gewürfelt werden, um sie wieder einsetzen zu können. Mit jedem Wurf verbrauchen sich aber alle beteiligten Würfel langsam, sodass diese hin und wieder in der Kantine zu neuen Kräften kommen müssen. Werden die Würfel nämlich über ihren Zenit hinaus beansprucht oder in Kämpfen und Erkundungen zu sehr beschädigt, werden sie zerstört. Das senkt die Produktivität und trübt außerdem noch die Stimmung der jeweiligen Klasse. Unterschiedliche Klassen bieten verschiedene Würfelseiten: So können Bauern eigentlich alles, was einfaches Kämpfen, Bauen von Gebäuden, Erkunden und den Abbau von Ressourcen anbelangt. Bürger beschäftigen sich dagegen nicht mehr mit dem Sammeln von Rohstoffen und kümmern sich stattdessen um deren Verarbeitung und auch die Forschung. Händler können zudem noch mit fremden Lagern handeln, Mönche dagegen diese missionieren und Soldaten jene angreifen. Letztere vernichten die Bauten, bei einer friedlichen Lösung können dort Ressourcen erhandelt werden, allerdings belegt das fremde Volk weiterhin wichtigen Platz und muss mit regelmäßigen Geschenken bei Laune gehalten werden.
Die bereits angesprochene Stimmung der Klassen gewährt je nach dem aktuellen Stand verschiedene Vor- und Nachteile. So können gut gelaunte Soldaten rebellierende Bauern in Schach halten oder wütende Bürger einzelne Gebäude bestreiken, die dann für einige Zeit nicht mehr nutzbar sind. Neben dem „Tod“ durch Verhungern oder Verletzungen kann die allgemeine Meinung einer Klasse auch durch neue Würfel, durch Feste und durch neue Verordnungen beeinflusst werden. Komplett neue Würfel lassen sich durch Häuser und einer Kombination aus zwei Bauern-Würfel gewinnen. Diese lassen sich durch weitere Gebäude wie Schulen und Kasernen zu Würfel anderer Klassen weiterbilden, was die Stimmung bei der alten Klasse verschlechtert und bei der neuen verbessert. Feste lassen sich auf Marktplätzen und viel Bier ausrichten, was die Meinung der ausgewählten Gruppe anhebt. Neue Verordnungen können halbjährlich jeweils zum Wechsel von Sommer auf Winter und umgekehrt erlassen werden. Dabei bringen die aktiven Klassen drei Vorschläge ein, aus denen einer gewählt werden kann. Diese umfassen meist Vorteile, die im Umfeld von Bezirken der jeweiligen Klasse aktiv sind. So können dort beispielsweise dann Felder im Winter bebaut werden oder Bauern müssen nicht mehr in der Nähe ihrer Bezirke frieren. Einfrieren ist tatsächlich eine reelle Gefahr in Dice Legacy, denn mit Anbruch der Kälte steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der eingesetzte Würfel nach Abschluss seiner Aufgabe in Eis gehüllt wird. Dieser Zustand hält dann bis zum Ende des Winters an oder wird vorzeitig durch aktives Auftauen beendet. Hier kann ein Bier im Wirtshaus helfen oder die Fähigkeit des Anführers „der gestrandete König“, der bei einer bestimmten Kombinationen von gewürfelten Seiten alle Würfel auf einen Schlag auftaut. Andere Charaktere, die sich vor Spielstart wählen lassen, haben indes andere Fähigkeiten, wie „die Inkarnation“ mit der Fähigkeit alle Bedrohungen und Gefahren bei der richtigen Würfelkombo sofort zu lösen. Bevor ich aber mit einem neuen Charakter starten kann, muss ich zuerst diesen freispielen, wofür es jeweils andere Voraussetzungen zu erfüllen gilt.
Expansionspläne und ein aggressiver Nachbar
##bild84505links##Ist der erste Winter überstanden, kann ich mich ersten Expansionsplänen widmen. Denn im Startgebiet erschöpfen sich schnell die Ressourcen, da jeder Rohstoff nur begrenzt oft abgebaut werden kann. Um den möglichen Baubereich zu vergrößern müssen neue Bezirke errichtet werden, über die das weitere Gebiet, was zuvor in Nebel gehüllt war, mit der Erkunden-Seite der Würfel aufgedeckt werden kann. Anschließend kann die Zugehörigkeit des Bezirks mit einem weiteren Würfel einer entsprechenden Klasse und zwei Goldstücken gewählt werden, wodurch dann die Boni aus den Verordnungen Anwendung finden. Da das komplette Spiel auf einer Ringwelt spielt, gibt es auch nur eine Richtung, in die vorgestoßen werden kann: Vorwärts! Nach einiger Zeit stoße ich auf ein weiteres Volk, das sich nicht mit läppischen Lagern zufrieden gibt, sondern eine ganze Stadt hochgezogen hat und je nach Schwierigkeitsgrad früher oder später Angriffe startet. Je näher ich deren Bebauungen komme, desto kürzer werden die Abstände zwischen den Angriffen und umso schwerer sind sie abzuwehren. Der Gegner rennt nämlich in Form von Fackelträgern, Dieben, Giftträgern oder Nahkämpfern auf meine eigenen Gebäude zu und versucht sie in Brand zu stecken, dort Ressourcen zu stehlen, die Arbeiter dort zu vergiften oder alles einzureißen. Abhilfe schaffen da die Kampf-Seiten der Würfel oder Türme, die automatisch die Angreifer bis zu einer gewissen Stärke und Reichweite abwehren. Für einen Gegenangriff muss ich erst in Reichweite der Stadt kommen, um dort den Hafen – das Ziel der Begierde, das regelmäßig seine Krieger gegen meine Siedlung entsendet – zu zerstören. In meinen ersten Versuchen wandelte ich noch verzweifelt meine auf zwölf Würfel beschränkte Bevölkerung vollständig in Soldaten-Würfel um – was nebenbei meine Wirtschaft vollständig in die Knie zwang – wodurch mich irgendwann die immer besser werdenden Gegner zur Aufgabe zwangen. Das Spiel bietet dabei auch eine relativ einfache Alternative: Katapulte, die die gegnerischen Gebäude ohne einen großen Kampf und das Risiko auf Verwundung dem Boden gleich machen können. Diese Installation muss wie die Türme allerdings erst erforscht werden, wofür Bürger mit der Forschen-Seite in eine Werkstatt gesetzt und die daraus entstandenen Forschungspunkte in die jeweilige Technologie gesteckt werden müssen. Außerdem bietet der Technologiebaum noch verschiedene Stufen, die mit Ressourcen freigeschaltet werden, und dann Verbesserungen für die Erfindungen gegen weitere Punkte anbieten. So wird die Reichweite der Gebäude erhöht, die Kosten für verschiedene Aktionen gesenkt und neue Würfel mit stärkeren Würfelseiten ausgestattet.
Neben den beiden Militärgebäuden lassen sich noch viel mehr Bauten freischalten, darunter auch die Verbesserungskammer. Diese kann nach Eingabe von Kräutern und Gold die aktuelle Seite eines Würfels verstärken, wodurch dann entweder der Ertrag durch die Aktion größer wird, beispielsweise werden zwei Nahrungseinheiten anstelle von nur einer abgebaut, oder es wird ein Würfel weniger für einen Einsatz benötigt, beispielsweise sind dann beim Forschen nur noch zwei Bürgerwürfel mit den Forschungsseiten anstelle von drei vonnöten. Im Bereich der Manipulation ist das aber nicht das einzige Mittel, das hier zur Wahl steht: Eine Schmiede ermöglicht es gleich zwei Würfel zu einem sogenannten Konstruktwürfel zu verschmelzen und ein Labor kann gleich sechs Würfel aufnehmen, deren aktuelle Seite auf einen neuen Würfel gepresst werden, aber alle Beteiligten anschließend ihr Leben lassen. Natürlich ist das Volk über das Opfer nicht gerade glücklich, doch dieser besondere Würfel ist erheblich stärker als die Gewöhnlichen und erhält außerdem eine Eigenschaft, durch die der Würfel beispielsweise deutlich länger durchhalten kann – aber auch hier sind negative Attribute möglich. Ist ein besonders machtvoller Würfel entstanden, bietet es sich an, diesen an einem Obelisken aufsteigen zu lassen. Der Würfel kann nun in einem neuen Spiel gleich zu Beginn als Startwürfel verwendet werden, was besonders auf der letzten Schwierigkeitsstufe empfehlenswert ist. Mit dem verbesserten Katapult ist es dann ein Leichtes die feindliche Stadt aus der Ferne zu beschießen und die Angreifer mit stark aufgerüsteten Türmen aufzuhalten – außer beim letzten Schwierigkeitsgrad, doch dazu später mehr. Sobald der Hafen nun fällt, endet das Spiel und ein neues Schiff legt ab in Richtung Horizont. Der Kreis scheint sich zu schließen …
… doch vorher noch ein Wort zum Port!
##bild84507rechts##Ansich würde ich gerne das Review an dieser Stelle enden lassen. Doch ich muss auch ein paar Worte über die Technik und die Umsetzung für Nintendo Switch verlieren. In meiner Preview zum Spiel fragte ich mich bereits, wie die Entwickler wohl diesen Titel auf den Handheld hieven wollen. Das Spiel macht auf dem PC dank der Unreal Engine einen grafisch sehr hübschen Eindruck und die Steuerung ist auch recht eingängig. Doch die Switchumsetzung hat beim Thema Steuerung deutlich mehr Probleme: Im Menü kann nur per Steuerkreuz navigiert werden, was sich recht altbacken anfühlt. Im Spiel selbst gibt es dann einen Cursor, der mit dem linken Analogstick über die Karte geführt wird. Glücklicherweise kann dessen Tempo noch angepasst werden, wodurch sich halbwegs schnell reagieren lässt. Trotzdem habe ich auf höheren Schwierigkeitsgraden zwangsweise das Nachsehen, da dort Pausieren nicht mehr möglich ist und die ungenaue Steuerung gezielte Eingaben herauszögert. So kam es einige Male vor, dass ich meine Abwehrtruppen nicht rechtzeitig auf die gegnerischen Einheiten ziehen konnte und so hilflos mitansehen musste, wie eines meiner Gebäude zusammenstürzt, obwohl ich die Mittel zur Verteidigung hatte. Während auf dem PC das Mausrad für das Bewegen der Kamera zuständig ist, müssen auf Nintendo Switch die beiden Trigger unter den Schultertasten bemüht werden. Die linke Schultertaste dient zum Würfeln, der Rechte kann einzelne Würfel sperren, um die gewürfelte Seite beim nächsten Wurf nicht zu verändern. Der rechte Analogstick steuert übrigens die aktuelle Auswahl des Würfels im Inventar, was dank der automatischen Platzierungsmöglichkeit nicht sonderlich oft benötigt wird und nur mehr Zeit kosten würde. Denn mit der A-Taste lässt sich der aktuell gewählte Würfel auf dem Feld platzieren, auf dem sich der Cursor bereits befindet, und mit der Taste Y wird automatisch ein geeigneter Würfel ausgesucht. Das funktioniert meist auch ganz gut, einzig beim Auffrischen in der Kantine wird nicht immer der Würfel mit der schlechtesten Konstitution ausgewählt bzw. wird gegenteilig ein halbtoter Würfel einer Aufgabe zugewiesen, welche den sicheren Tod bedeuten würde.
Ein weiterer Knackpunkt ist der spärliche Inhalt. Eigentlich macht der Titel zu Beginn alles richtig: Langsam werde ich an die einzelnen Gameplay-Elemente herangeführt und kann mir eine kleine Wirtschaft aufbauen. Bald stoße ich auf alte Ruinen und neutrale Lager, die mich wissen lassen, dass ich nicht allein bin. Plötzlich werde ich angegriffen und werde unvermittelt in die Kampfmechanik geworfen, dabei begleiten stimmige Texte meine Erlebnisse und so kommt es zum Showdown am Hafen „der Anderen“. Doch sobald dieses Gebäude fällt, ist das Spiel quasi bereits durchgespielt. Es werden anschließend verschiedene Charaktere freigeschaltet, wenn entsprechende Voraussetzung erfüllt wurden, und es gibt weitere Szenarien, die den Ablauf der Karte leicht abwandeln. So gibt es im Sommer plötzlich die Gefahr der Entzündung eines Gebäudes durch Hitze, fehlendes Gold, einem stärker ausgebauten Gegner oder einem ewigen Winter. Die Charaktere bringen lediglich andere Startressourcen und -würfel sowie eine kostenlose Technologie und eine eigene Spezialfähigkeit, die meist mit erheblichen Nachteilen einhergeht. Eine kleine Storykampagne mit verschiedenen Karten, die den gestrandeten König auf seiner Reise begleitet und auch seine Begleiter sowie die gegnerische Fraktion gebührend einführt, wäre ideal gewesen, um für mehr Inhalt zu sorgen und gleichzeitig die Atmosphäre und Hintergrundgeschichte fortzuführen. Doch da dies alles fehlt, kann ich nur von einer verpassten Chancen und ungenutztem Potential sprechen. Zuletzt machte mir auch oft das End-Game ordentlich zu schaffen, da die Angriffsraten mit Erreichen der feindlichen Stadtgrenzen rasant ansteigen und immer stärker werden. Am Ende bin ich damit beschäftigt die letzten Ressourcen in Türme zu investieren, die die endlos spawnenden Gegner in Schach halten sollen und von den eigenen Truppen unterstützt werden. Blöderweise ist es fast nie möglich ohne Verletzung aus der Verteidigung hervorzugehen, sodass ich zusätzlich mit dem Verarzten und Versorgen meiner Truppen beschäftigt bin. Die eigentliche Belagerung und Zerstörung der gegnerischen Gebäude muss jetzt zwischen die Aufgaben gequetscht werden, um nicht die Oberhand zu verlieren. Dieser Abschnitt zieht sich wie Kaugummi und macht durch den ganzen Stress überhaupt keinen Spaß mehr.
Aber um nicht auf einer negativen Note zu enden, hier noch eine erfreuliche Nachricht: Grafisch sowie bei der Performance kann auch die Switchumsetzung punkten! Besonders auf dem kleinen Display zeigt die Unreal Engine 4, was sie kann. Hier sehen die Schatten scharf und die Texturen hochauflösend aus. Am Fernseher werden die Schwächen etwas sichtbarer, da natürlich ein Downgrade von Nöten war, um auch auf dem Hybriden eine gute Framerate zu erreichen. Und tatsächlich spielt sich der Titel sowohl mobil als auch im TV-Modus durchgehend flüssig, wenn man in einem vernünftigen Ausmaß die Gebäude platziert.