Wie würde eine Welt aussehen, in der Superkräfte nicht nur real sind, sondern beinahe die gesamte Weltbevölkerung in irgendeiner Form über sie verfügt? Im Falle des Mangas My Hero Academia führte das zu aufkeimenden Zellen von Superschurken und wagemutigen Helden, die sich ihnen in den Weg stellen – genauer gesagt ist hier das Heldentum sogar ein legitimer Karrierepfad! Für das erste große Videospiel der Lizenz verlässt sich Bandai Namco jedoch lieber auf altbewährte Formeln und zimmert mit My Hero: One’s Justice (der Titel verlor wohl aus von der Basis-Lizenz unabhängigen, namensrechtlichen Gründen sein Academia im Westen) einen klassichen Anime-Fighter zusammen, wie er normaler nicht sein könnte.
Plus Ultra!
##bild80131rechts##Moment, „normal“? Hier geht es doch um zukünftige Superhelden und fiese Schurken! Das mag stimmen, doch beim Kampfsystem, das im Zuge der gamescom-Demo auf dem Messe-Showfloor anspielbar war, werden wahrlich keine Risiken eingegangen. Ihr wählt ein Team bestehend aus einem Kämpfer und zwei für Einweg-Angriffe herbeirufbare Sidekicks aus, die sich frei aus diversen bekannten Figuren zusammensetzen lassen. In der Demo waren beispielsweise Hauptcharakter Izuku Midoriya mit seinen kräftigen Schlägen, die mit Schwerelosigkeits-Power ausgestattete Frohnatur Ochako Uraraka und der von seinen Prinzipien besessene Fake-Helden-Killer Stain spielbar. Alle Recken verfügen immerhin über unterschiedliche Kampfstile, die es beim Verweben der simplen Kombos zu beachten gilt. Die als Macken bekannten Kräfte liegen dabei ganz praktisch auf gleich zwei Aktionstasten, während für Otto-Normal-Attacken nur eine Taste zur Verfügung steht. So rupft Uraraka etwa kleine Brocken aus dem Boden, um die schwebenden Teilchen später mit einem Betonpfosten als improvisierten Baseball-Schläger in Richtung Gegner zu pfeffern. Die unheimliche Schurkin Himiko Toga wiederum muss sich erst beim Blut ihrer Gegner bedienen, bevor sie in Wallung kommt. Dafür kann eine Macken-Taste genutzt werden, um die Schläuche ihres Blutsauger-Apparats auf den Feind zuschießen zu lassen – den Rest erledigen ein paar simple Kombos. Ihre Macke erlaubt natürlich auch ein paar andere Dinge, auf die ich hier aus Spoiler-Gründen jedoch nicht näher eingehen möchte. Die Anime-Adaption läuft schließlich gerade noch.
Primär durch normale Attacken wird Energie für die Spezialleiste eingesammelt. Habt ihr genügend Balken gefüllt, lassen sich so genannte Plus-Ultra-Moves entfesseln – bildgewaltige Spezialmanöver, bei denen die Fähigkeiten der vielfältigen Charaktere so richtig zur Schau gestellt werden und an markante Momente der Vorlage angelehnt sind. Leider füllt ihr die Spezialanzeige in der Regel so langsam, dass kaum mehr als ein Plus-Ultra-Angriff pro Runde zustande kommt. Das nimmt den Gefechten schon ein wenig den Wumms. Aber das wäre eigentlich kein großes Problem, vielmehr macht mir das allgemein eher hakelige Gameplay Sorgen. Selbst nach einem Blick auf die übermäßig simpel aufgezogene Move-Liste wollen Kombos nur widerwillig oder zufällig gelingen, während man sich in einem Wust aus machtvollen Manövern verliert. Bevor man hier Kontrolle erlangt, müssen erst einmal ein paar Runden gespielt werden.
##bild80132links##Interessanterweise ist auf der gamescom tatsächlich weitflächig die Switch-Version vertreten und nicht nur die Umsetzung für die stärkeren Konsolen. Das mag aber womöglich daran liegen, dass das My Hero: One’s Justice allein auf einer rein technischen Ebene eh keine Bäume ausreißt. Die Arenen sind trotz diverser Zerstörungsmechaniken in der Regel simple Würfelkonstrukte und die Charaktermodelle sicherlich auch nicht so glatt, wie man sie hätte gestalten können. Dieses Manko macht der Brawler aber durch schieren Stil gekonnt wett. Liberal auftretende Soundeffekt-Wörter, schraffiert wirkende Schattierungen und kräftige Farben vermitteln ein astreines Comic-Feeling, das der Vorlage in jeder Hinsicht gerecht wird. So bekommt man trotz der eher spartanischen Technik immer noch reichlich was fürs Auge.